EU-Kommission schlägt umfassende Reform des Emissionshandels vor

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Die Novellierung der ETS-Richtlinie ist Teil des „fit-for-55“-Gesetzespakets vom 14. Juli 2021.
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Um das Klimaschutzziel der EU für 2030 zu erreichen, ist eine Reform des EU-Emissionshandels (EU-ETS) notwendig. Unter anderem soll die Menge der ausgegebenen Zertifikate gesenkt und die finanzielle Förderung von Klimaschutzmaßnahmen ausgeweitet werden. Außerdem sollen künftig der Seeverkehr in das EU-ETS einbezogen und ein neuer Emissionshandel für Gebäude und Straßenverkehr geschaffen werden.

Die EU-Kommission hat am 14. Juli 2021 im Rahmen des sogenannten „Fit-for-55-Pakets“ eine Reihe von Vorschlägen veröffentlicht, die dazu beitragen sollen, die Emissionen der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Öko-Institut, adelphi und das FÖS haben gemeinsam mit dem Umweltbundesamt zusammengestellt, welche Anpassungen für den Europäischen Emissionshandel vorgesehen sind:

  1. Anpassung von Cap und Marktstabilitätsreserve

    Die Emissionen im EU-ETS sollen bis 2030 um 61 Prozent gegenüber 2005 gesenkt werden. Der lineare Reduktionsfaktor (LRF) soll dafür von derzeit 2,2 Prozent auf 4,2 Prozent angehoben werden. Außerdem soll das Cap im Jahr nach Inkrafttreten einmalig so abgesenkt werden, dass eine lineare Minderung zwischen 2021 und 2030 erreicht wird.

    Die Marktstabilitätsreserve (MSR) soll gestärkt und angepasst werden: Die verdoppelte Kürzungsrate von 12 auf 24 Prozent der Umlaufmenge (TNAC) wird bis 2030 beibehalten. Es wird außerdem ein Glättungsmechanismus eingeführt, um Schwelleneffekte zu vermeiden. Luft- und Seeverkehr werden in die Berechnung der TNAC einbezogen. Die Menge der in der MSR gehaltenen Emissionsberechtigungen wird auf 400 Millionen Emissionsberechtigungen beschränkt.
  2. Ausweitung der finanziellen Förderung von Klimaschutzmaßnahmen

    Die Mitgliedstaaten sollen künftig 100 Prozent ihrer Einnahmen aus der Versteigerung von Emissionsberechtigungen für Klimaschutzmaßnahmen oder Maßnahmen zum sozialen Ausgleich verwenden statt wie bisher 50 Prozent. Die europäischen Fonds, Modernisierungs- und Innovationsfonds, werden aufgestockt und erweitert. Außerdem wird ein neuer „Sozialer Klimafonds“ geschaffen, um die sozialen Auswirkungen der CO2-Bepreisung abzufedern.
  3. Einführung eines Grenzausgleichsmechanismus

    Zum Schutz vor Carbon Leakage, das heißt der Verlagerung von industrieller Produktion, Investitionen und damit verbundene Emissionen ins Ausland, soll schrittweise ein Grenzausgleichsmechanismus für den CO2-Preis des EU-ETS eingeführt werden. Damit sollen bestimmte aus dem Ausland in die EU eingeführte energieintensive Grundstoffe und Produkte mit demselben CO2-Preis belegt werden wie in der EU. Im Gegenzug sollen die bisherigen Maßnahmen zum Carbon-Leakage-Schutz, insbesondere die kostenlose Zuteilung, für diese Produkte schrittweise zurückgeführt und beendet werden.
  4. Anpassungen bei der kostenlosen Zuteilung

    Die kostenlose Zuteilung für die energieintensive Industrie soll zwar grundsätzlich bestehen bleiben, aber weiter reduziert werden. Die kostenlose Zuteilung für den Luftverkehr soll ab 2027 auslaufen.
  5. Einbeziehung des Seeverkehrs

    Der Anwendungsbereich des EU-ETS wird schrittweise um den Seeverkehr erweitert. Die Emissionen aus Fahrten innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) – das heißt EU, Norwegen, Island und Liechtenstein – und Emissionen am Liegeplatz sollen vollständig erfasst werden. Emissionen aus Fahrten, die vom Ausland in der EU ankommen beziehungsweise von der EU abgehen, sollten zu 50 Prozent abgedeckt werden.
  6. Reform der Regeln für den Luftverkehr

    Im Bereich Luftverkehr soll das Ambitionsniveau über Anpassungen am Cap sowie an der kostenfreien Zuteilung gesteigert werden. Zudem wird ⁠CORSIA⁠ im Rahmen der EU-Emissionshandelsrichtlinie implementiert.
  7. Schaffung eines neuen Emissionshandels für Gebäude und Landverkehr

    Für die Emissionen im Straßenverkehr und den Gebäuden soll ein neuer, zunächst vom EU-ETS getrennter Emissionshandel eingeführt werden. Die Bepreisung erfolgt über einen Upstream-Ansatz, das heißt, die Inverkehrbringer von Brennstoffen müssen für die in den Brennstoffen enthaltenen Emissionen Emissionsberechtigungen abgeben.

Diese wesentlichen Reformelemente wurden in insgesamt fünf kompakten Factsheets zusammengefasst.

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 EU-ETS  Europäischer Emissionshandel  Marktstabilitätsreserve  Klimaziele  Brennstoffe  Seeverkehr  Luftverkehr