Humanarzneimittel

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In mindestens 89 Ländern rund um den Globus wurden bisher Arzneimittelfunde berichtet.
Quelle: djahan / Fotolia.com

In Deutschland sind ca. 2500 verschiedene Wirkstoffe für die Humanmedizin auf dem Markt. Von diesen Wirkstoffen werden ca. die Hälfte vom Umweltbundesamt nach den aktuellen Bewertungskriterien als relevant für eine Umweltprüfung eingestuft. Als nicht umweltrelevant erachtet werden zum Beispiel natürliche Stoffe wie Vitamine, Elektrolyte, Aminosäuren, Proteine und Peptide. Das Besondere an Humanarzneimitteln ist, dass sie mit den menschlichen Ausscheidungen kontinuierlich in die Abwässer gelangen und ein Großteil in den Kläranlagen nicht eliminiert wird. Damit erfolgt ein steter Eintrag von Arzneimittelstoffen in die Umwelt, wenn auch in relativ geringen Mengen.

Ein weltweites Problem

Seit den 80er Jahren wird vermehrt von Arzneimittelfunden in der Umwelt berichtet, was unter anderem durch verbesserte Analysemethoden ermöglicht wird. In der Datenbank „Arzneimittel in der Umwelt“ des Umweltbundesamtes werden Daten zu weltweiten Arzneimittelfunden in der Umwelt gesammelt. In der aktuellen Version mit Stand bis 2020 wurden in 89 Ländern rund um den Globus 992 Wirkstoffe und deren Umwandlungsprodukte nachgewiesen. Davon wurden 37 Stoffe, wie zum Beispiel Diclofenac, in allen untersuchten Ländern im Oberflächengewässer, Grundwasser und Trinkwasser gefunden. In einigen Ländern lag die Konzentration bestimmter Arzneimittelwirkstoffe in Oberflächengewässern in einem Bereich, in dem negative Wirkungen auf z.B. Fische nicht ausgeschlossen werden können.

Wirkungen in der Umwelt

Die gemessenen Konzentrationen der Arzneimittelwirkstoffe in der Umwelt liegen in der Regel unterhalb der therapeutischen Dosen der Arzneimittelprodukte.. Damit ist jedoch für die Umwelt keine Entwarnung gegeben. Denn obwohl Arzneimittel zu den humantoxikologisch am besten untersuchten Stoffen zählen, sind die ökotoxikologischen Folgen der vergleichsweise geringen, dafür jedoch permanenten Belastung der Gewässer und des Bodens mit Arzneimittelresten weitgehend unbekannt.

Ein Beispiel für Auswirkungen von Arzneimitteln in der Umwelt ist das Massensterben mehrerer Geierarten in den 1990er Jahren in Pakistan, Indien und Bangladesch. Innerhalb von 10 Jahren waren die einst sehr großen Geierpopulationen derart reduziert, dass diese Vögel nun vom Aussterben bedroht sind. Nach jahrelanger Suche wurde das entzündungshemmende Arzneimittel Diclofenac als Verursacher identifiziert, welches seit den 1990er Jahren in Indien und Pakistan in der Tiermedizin, insbesondere bei Rindern, eingesetzt wurde. Die Aufnahme von Diclofenac über den Fraß von Rinderkadavern führte bei den Geiern zum tödlichen Nierenversagen.

Ab den 90er Jahren rückten Stoffe mit hormonellen Wirkungen, sogenannte endokrine Disruptoren, verstärkt in den Fokus, und damit auch hormonelle Medikamente zur Schwangerschaftsverhütung und die Umweltauswirkungen von Arzneimittelresten. Zum Beispiel wurde in Flüssen unterhalb von Kläranlagenabläufen die Verweiblichung von männlichen Fischen beobachtet, die in Kontakt mit hormonell wirksamen Arzneistoffen gekommen waren. Diese Verweiblichung kann zur Beinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit führen und damit Auswirkung auf ganze Populationen haben. Auch bei Amphibien und Reptilien wurde das Phänomen der Verweiblichung bereits beschrieben. Ein hochaktuelles Thema ist die zunehmende ⁠Resistenz⁠ von Bakterien gegenüber Antibiotika, die die erfolgreiche Therapie von Infektionskrankheiten stark gefährdet. In welchem AusmaßAntibiotikarückstände in der Umwelt diese Resistenzbildung fördern, ist bisher jedoch nicht eindeutig zu beziffern.

Medikamente richtig entsorgen

Unsachgemäß über den Ausguss oder die Toilette entsorgte Medikamente gelangen zusätzlich in das Abwasser und können so auch zur Belastung für die Umwelt werden. Dieser Anteil ist bislang erheblich: eine Umfrage im Jahr 2013 ergab, dass in Deutschland 47 Prozent der Befragten flüssige Arzneimittel zumindest gelegentlich über das Abwasser entsorgen. Mit richtiger Entsorgung können Sie daher erheblich dazu beitragen, die Umwelt zu schützen.

 

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