Mehrheit der Deutschen möchte nachhaltiger reisen – tut es aber nicht

Neue UBA-Studie zeigt Widerspruch zwischen Wunsch und Wirklichkeit auf

Nachhaltigkeit beim Reisen ist bei der Reiseentscheidung nur einer unter vielen Wünschen.zum Vergrößern anklicken
Nachhaltigkeit ist bei der Reiseentscheidung nur einer unter vielen Wünschen.
Quelle: Eray Haciosmanoglu

Viele Deutsche wünschen sich nachhaltiges Reisen, doch im tatsächlichen Reiseverhalten spiegelt sich dieser Wunsch bislang kaum wider. Das zeigt der neue Bericht zum Nachfragemonitor „Nachhaltigkeit bei Urlaubsreisen“ der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) gemeinsam mit dem Umweltbundesamts (UBA). Besonders beim Fliegen zeigt sich ein deutlicher Widerspruch.

⁠Zentrale Ergebnisse der Studie sind:

  • Gut zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) gaben 2024 an, dass ihnen ökologische oder soziale ⁠Nachhaltigkeit⁠ beim Reisen wichtig ist – ein Wert, der seit 2012 kontinuierlich gestiegen ist.
  • Der Anteil der Buchungen von Reiseangeboten mit Nachhaltigkeitskennzeichnung verdoppelte sich gegenüber 2019 (sechs Prozent) auf nahezu elf Prozent im Jahr 2023.
  • Nachhaltigkeit eines Reiseangebotes war bei der konkreten Reiseentscheidung am Ende aber trotzdem nur selten ausschlaggebend (bei bis fünf Prozent der Reisen).
  • Noch nie sind die Deutschen im Durchschnitt über alle Urlaubreisen (ab fünf Tage Dauer) für einen Urlaubstag so weit gefahren. Mit 143 Kilometer liegt der Wert 2023 höher als der bisherige Spitzenwert von 2019 (140 Kilometer je Tag).
  • Ein Zuwachs vor allem bei Fern- und Auslandsreisen führte im Jahr 2024 zu einem neuen Rekordwert bei touristischen Verkehrsleistungen mit dem Flugzeug. Das umwelt- und klimaschädliche Flugzeug ist bei Urlaubsreisen das beliebteste Verkehrsmittel vor dem PKW.

UBA⁠-Präsident Dirk Messner sagt: „Wir sehen hier einen deutlichen Widerspruch: Viele Menschen wünschen sich mehr Nachhaltigkeit beim Reisen, tatsächlich aber steigt der Anteil klimaschädlicher Flugreisen weiter an. Diese Diskrepanz zwischen Haltung und Verhalten ist ein zentrales Problem, das wir stärker in den Blick nehmen müssen.“

Den Grund für diesen Widerspruch sieht die UBA-Studie in den verschiedenen Ansprüchen, die Reisende an ihren Urlaub stellen: Nachhaltigkeit ist bei der Reiseentscheidung nur einer unter vielen Wünschen. „Die allermeisten Deutschen reisen einfach nicht in erster Linie, um sich für Nachhaltigkeit zu engagieren oder um den Menschen in den Zielgebieten etwas Gutes zu tun, sondern um Abstand vom Alltag zu gewinnen, sich zu erholen und Freude zu haben“, erklärt Wolfgang Günther, Tourismusexperte und Mitautor der Studie.

So kann Reisen nachhaltiger werden: Die Reisebranche habe in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass sie in der Lage ist, durch geeignete Kommunikation neue Sehnsüchte zu wecken und alternative Reiseideen am Markt zu platzieren, so die Autoren des Abschlussberichts. Die Studie zeigt: Die Nachfrage lässt Spielraum für solche Veränderungen – gerade in Richtung Nachhaltigkeit. Die weit überwiegend positive Einstellung zum umwelt- und sozialverträglichen Reisen unterstreicht, dass Nachhaltigkeit beim Reisen von den Kundinnen und Kunden grundsätzlich begrüßt wird. Für die Reisebranche bedeutet das: Wer jetzt auf nachhaltige Angebote setzt, geht kein Risiko ein – im Gegenteil. Sie kann neue Wünsche wecken und alternative Reiseideen erfolgreich am Markt platzieren.

Fazit des Berichts: Eine grundlegende Veränderung des Reiseverhaltens hin zu mehr Nachhaltigkeit ist nicht allein Aufgabe der Kundinnen und Kunden. Die Tourismusbranche hat die Chance, mit attraktiven Angeboten und klarer Kommunikation die Weichen zu stellen – hin zu einem Reisen, das unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützt.

Weitere Informationen:

Der Nachfragemonitor (Nachhaltigkeit bei Urlaubsreisen) ist eine Untersuchung der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. (FUR), die über drei Jahre mit finanzieller Unterstützung der Umweltbundesamts aus Mitteln des Bundesumweltministeriums durchführt wurde. Als Datenbasis dient die Reiseanalyse der FUR, eine jährliche bevölkerungsrepräsentative Befragung von über 7.000 Personen ab 14 Jahren zu ihrem Reiseverhalten.

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06844 Dessau-Roßlau
Deutschland

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