In der Baumkurrenfischerei hauptsächlich auf Nordseegarnelen und Seezungen, werden Schleppnetze über den Meeresboden gezogen. Mittels Scheuerschutzfäden, sogenannten Dolly Ropes, die in großer Zahl in die Unterseite des Netzes eingeflochten werden, soll eine Beschädigung der Netze am Meeresboden vermieden werden. Dolly Ropes bestehen aus vielen Einzelfäden aus Polyethylen, sind maximal zwei Meter lang und in der Regel orange oder blau.
Das Problem: bereits nach wenigen Tagen beginnen die Fäden abzureißen. Insgesamt gehen in der Nutzungsphase bis zu 50 Prozent verloren, allein in der niederländischen Fischerei werden dadurch schätzungsweise 50 bis 100 Tonnen Dolly Ropes pro Jahr in die Nordsee eingetragen. Dolly Ropes gehören weiterhin zu den häufigsten Müllfunden an den Stränden in Nordeuropa. Im Rahmen eines Forschungsvorhabens des UBA wurde ein Pilotmonitoring in der Seevogelbrutkolonie auf Helgoland durchgeführt. In den Untersuchungsjahren enthielten mit 97 Prozent fast alle Nester der dort brütenden Basstölpel Kunststoffe. Besonders häufig: Dolly Ropes, die die Hochseevögel auf der Meeresoberfläche einsammeln und anstelle von Seegräsern und Algen als Nistmaterial verwenden. In den Nestern verfangen sich insbesondere junge, noch nicht geschlechtsreife Tiere in den Kunstfäden und ersticken oder verhungern nach oft tagelangem Todeskampf. In den Untersuchungsjahren verendeten dadurch bis zu fünfmal mehr Jungvögel als im normalen Durchschnitt.
In der Gesamtbetrachtung der Thematik Dolly Ropes ist es notwendig, die Meeresvermüllung und die dadurch entstehenden ökologischen Konsequenzen sowie die jetzt schon geltende Rechtslage zu berücksichtigen. Laut dem Internationalen Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL) ist der Eintrag von Kunststoffen ins Meer grundsätzlich verboten. Da Dolly Ropes einen wissentlichen Eintrag von Kunststoffen in die Meeresumwelt darstellen, bzw. dieser Eintrag billigend in Kauf genommen wird, muss die Verwendung von Dolly Ropes daher als Verstoß gegen diese Vorgabe gewertet werden, die im Annex V des Übereinkommens verankert ist.
Doch es gibt Möglichkeiten, das Problem zu lösen. In mehreren Forschungsprojekten wurden unterschiedliche Ansätze untersucht, durch die die Nutzung von Dolly Ropes überflüssig werden sollte. In einem niederländischen Projekt (DollyRopeFree) wurde geprüft, inwieweit Dolly Ropes aus Polyethylen durch andere Materialien ersetzt werden können. Dabei wurden haltbarere, natürliche oder biologisch abbaubare Alternativmaterialen erprobt. Nicht alle getesteten Materialien eignen sich als alternativer Scheuerschutz, andere waren in der Anschaffung teurer oder etwas aufwendiger in der Handhabung.
Einen weiteren Lösungsansatz verfolgte ein Forschungsprojekt des Thünen-Instituts (DRopS), das den Fokus auf Modifikationen im Netzdesign setzte, um den Kontakt des Netzes mit dem Meeresboden signifikant zu verringern. Berührt das Netz den Meeresboden nicht mehr, sind keine Dolly Ropes mehr notwendig. Die Modifikationen umfassen ein Anheben des Netzes mittels Auftriebskörpern und anders konstruierten Netzen, eine stabilere und schlankere Form des Steerts und eine Verringerung des Gewichts im Steert mittels Veränderungen am Grundgeschirr und Unterblatt.
In Zusammenarbeit mit beteiligten Krabbenfischern (Fischerei auf Nordseegarnelen) wurde z.B. das Anheben des Netzes durch die Anbringung eines Auftriebskörper erfolgreich erprobt und befindet sich bereits im Praxiseinsatz. Die Ergebnisse lassen staunen: mit unter 100 Euro sind die Anschaffungskosten sehr günstig und die Anbringung der verwendeten Auftriebsblase ist extrem einfach in der Handhabung. Zusätzlich entfällt die zeitintensive Anbringung und der spätere Ersatz abgerissener Dolly Ropes.
Das Thema Dolly Ropes, seine Auswirkungen auf die Meeresumwelt und die nun vorliegenden Alternativen wurden im Rahmen des „Runden Tisches Meeresmüll“ intensiv diskutiert. Der „Runde Tisch Meeresmüll“ wird durch das UBA und das Land Niedersachsen koordiniert. Momentan arbeiten circa 130 Experten aus den verschiedensten Fachrichtungen mit, um basierend auf Informationen zu den Quellen, Mengen und Auswirkungen von Meeresmüll weitere Einträge von Abfällen in die deutsche Nord- und Ostsee aus den vielfältigen land- und seebasierten Quellen zu vermeiden und bereits vorhandene Mengen zu reduzieren.
Die Gespräche beim Runden Tisch Meeresmüll haben dazu beigetragen, dass bereits jetzt ein Großteil der deutschen Krabbenfischer freiwillig auf den Einsatz von Dolly Ropes verzichtet. Es ist jedoch eine EU-weite Regelung erforderlich, denn Meeresmüll kennt keine Grenzen. Dolly Ropes werden in mehreren europäischen Ländern weiterhin in verschiedenen Fischereien, z.B. auf Plattfische, Nordseegarnelen und Kaisergranat (Nephrops) eingesetzt. Für die Nordseegarnelenfischerei wurde nun beispielhaft gezeigt, dass es technische Möglichkeiten gibt, um auf Dolly Ropes zu verzichten. Die beschriebenen Lösungsansätze können und sollten nun genutzt werden, auch für die anderen Fischereien maßgeschneiderte operative Lösungen zu entwickeln. Aus fachlicher Sicht sind nun alle Voraussetzungen gegeben, um eine Initiative der Bundesregierung aus dem Koalitionsvertrag auf den Weg zu bringen, nämlich ein EU-weites Verbot von Dolly Ropes.