EU-Taxonomie: Atomkraft und Erdgas sind nicht nachhaltig

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EU Taxonomie: Erdgas und Kernkraft sind nicht nachhaltig.
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Der Entwurf der Europäischen Kommission für einen delegierten Rechtsakt zur Aufnahme von fossilem Gas und Atomkraft in die EU-Taxonomie würde verhindern, dass die Taxonomie ein wirksames Transparenzinstrument für die Finanzmärkte ist, so das Umweltbundesamt.

Atomkraft

Die Europäische Kommission schlägt vor, Atomkraft in die Taxonomie aufzunehmen. Im Wesentlichen müssen die entsprechenden Anlagen dafür den Euratom-Vertrag erfüllen, und der betreffende Mitgliedsstaat muss einen Plan für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle bis 2050 vorlegen können. Dieser Vorschlag steht nicht im Einklang mit dem in der Taxonomie verankerten Grundsatz des "Do no significant harm" (DNSH), denn die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle bleibt ungelöst. Es gibt in der EU kein Endlager, das tatsächlich in Betrieb ist und empirische Belege oder wissenschaftliche Analysen zu den langfristigen Auswirkungen der Entsorgung hochradioaktiver Abfälle liefern könnte. Eine Technologie, die künftigen Generationen erhebliche Mengen hochproblematischer Abfälle hinterlässt, kann nicht als mit dem Do-no-significant-harm-Prinzip vereinbar angesehen werden. Außerdem kann keine der derzeit verfügbaren Reaktor-Technologien das Auftreten schwerer Unfälle ausschließen. Auch wenn das Risiko sehr gering sein mag, stellt es in Verbindung mit den potenziell immensen Schäden, die solche Unfälle verursachen können, einen Verstoß gegen das DNSH-Prinzip dar. Zudem werden keine Kriterien für den Abbau und die Verarbeitung von Uran definiert, das für den Betrieb der Anlagen erforderlich sind.

Erdgas

Die Europäische Kommission schlägt vor, Erdgas-betriebene Kraftwerke in die Taxonomie aufzunehmen, wenn sie die Grenze von 270 g/kWh direkten Emissionen oder 550 kg/kW durchschnittlichen direkten Emissionen über 20 Jahre nicht überschreiten. Letzteres ist ein Kapazitätskriterium, das bis zu 1,4 Milliarden Tonnen CO2e als nachhaltig deklariert, wenn alle bestehenden Kohlekraftwerke durch Gaskraftwerke ersetzt werden. Es führt auch dazu, dass es praktisch keinen Schwellenwert für die Emissionen pro kWh in den nächsten zehn Jahren gibt, und dass positive ⁠Treibhausgas⁠-Emissionen sogar über das Jahr 2050 hinaus als nachhaltig gelten. Diese Kriterien setzen Anreize für den Bau einer großen Zahl von Gaskraftwerken, anstatt erneuerbare Energien auszubauen und Technologien zur direkten Stromnutzung voranzubringen. Sie verstoßen gegen den Grundsatz der Technologieneutralität, da sie deutlich höhere Emissionen festlegen als das Kriterium von 100 g CO2e/kWh Lebenszyklusemissionen, das in der Taxonomie für andere Energieträger gilt. Darüber hinaus machen es diesen Kriterien fast unmöglich, die Taxonomie-Konformität von Investitionen zu überprüfen, was zu einer erheblichen ⁠Unsicherheit⁠ für berichtspflichtige Unternehmen, Prüfer und Investoren führt.

Empfehlungen

Wenn die Europäische Kommission Atomkraft und Erdgas als notwendig erachtet, um "den Energiebedarf kontinuierlich und zuverlässig zu decken" (Erwägungsgrund 6) oder sie als Stabilitätsreserve während des Übergangs zu einem vollständig erneuerbaren und ökologisch nachhaltigen Energiesystem sieht, sollte sie die beiden Technologien separat regulieren, bspw. als Teil des Fit-for-55-Pakets oder einer „Transformationstaxonomie“, statt sie in die grüne Taxonomie aufzunehmen. 

In einer solchen separaten Verordnung sollten Fragen der Lagerung atomarer Abfälle und die Risiken atomarer Unfälle strenger reguliert werden als im derzeitigen Entwurf, und es sollten engere Fristen für die Berücksichtigung bestehender und den Bau neuer Kraftwerke festgelegt werden. In Bezug auf Erdgas müssten in einer solchen Verordnung jährliche Obergrenzen auf der Grundlage von Grenzwerten mit einem klaren, abnehmenden Verlauf festgelegt werden. Außerdem müssten Kriterien für erneuerbare und kohlenstoffarme Gase, die Erdgas ersetzen sollen, spezifiziert werden. Die Verordnung müsste zudem Fristen festlegen, die mit den Pariser Klimazielen vereinbar sind und die Entwicklung und den Einsatz von Technologien zur vollständigen Dekarbonisierung der Wirtschaft (Energieeffizienz, Elektrifizierung von Industrieprozessen usw.) nicht behindern.  Schließlich müsste die Verordnung die offenen Umsetzungsfragen regeln, die im aktuellen Entwurf offen bleiben.

 

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