Forum Umweltrechtsschutz 2023

Außenansicht des Bundesverwaltungsgerichts vor blauem Himmel
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Inhaltsverzeichnis

 

Auswirkungen aktueller europäischer und nationaler Gesetzesnovellen auf den Rechtsschutz

Das „Forum Umweltrechtsschutz“ fand am 2. März 2023 als virtuelle Konferenz mit mehr als 350 Teilnehmenden statt (Programm).
Nationale und europäische Beschleunigungsbestrebungen haben sich mit Blick auf die Dringlichkeit der Energiewende und nicht zuletzt durch den Krieg in der Ukraine erheblich verschärft. Die Vielzahl von Regelungspaketen, welche durch den deutschen und europäischen Gesetzgeber im Jahr 2022 beschlossen wurden oder noch bevorstehen, wurden in der Fachwelt kontrovers aufgenommen und bergen großes Diskussionspotential.
Der Umweltrechtsschutz steht dabei nach wie vor im besonderen Fokus. Einschränkungen und Veränderungen können nicht nur national betrachtet werden, sondern müssen den Europäischen und völkerrechtlichen Vorgaben und Entwicklungen standhalten.
Das Forum Umweltrechtsschutz bot daher auch in 2023 einen Raum für die Bestandsaufnahme aktueller Entwicklungen der umweltrechtlichen Verbandsklage. Im besonderen Fokus standen diesmal

  • die aktuelle Beschleunigungsgesetzgebung im Allgemeinen,
  • die VwGO Novelle und einzelne Beschleunigungsinstrumente im Speziellen,
  • die Entwicklungen auf EU Ebene sowie
  • die neuesten rechtsempirischen Auswertungen des Klagegeschehens in Deutschland.
 

1. Begrüßung

In seiner Begrüßung, sprach MinDirig Matthias Sauer (UAL Grundsatzfragen der Umweltpolitik sowie des Umweltrechts, BMUV) die vielfältigen Herausforderungen und Prüfaufträge des BMUV an. Dies beträfe vor allem die anstehende Novelle des UmwRG. Hier gebe es u. a. Überlegungen, den Anwendungsbereich in § 1 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) zukünftig als Generalklausel zu formulieren, um den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) sowie der Aarhus-Konvention gerecht zu werden.

Generell stünden Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltrechtschutz unter öffentlichem und politischem Druck. Wissenschaftliche Daten leisteten dabei einen wichtigen Dienst, um auf ihrer Grundlage politische Entscheidungen zu treffen.

 

2. Die aktuelle Beschleunigungsgesetzgebung und ihre Auswirkungen auf den Umweltrechtsschutz

Der Vortrag von Rechtsanwältin Dr. Julia Wulff (Taylor Wessing München) - „Die aktuelle Beschleunigungsgesetzgebung und ihre Auswirkungen auf den Umweltrechtsschutz“ - vermittelte den Teilnehmenden einen Überblick über die Chronologie der Beschleunigung und der zahlreichen, teils undurchsichtigen Gesetzesnovellen der letzten Jahre und Monate.

Im Publikum gab es Skepsis bezüglich der Vollzugstauglichkeit der gesetzlichen Beschleunigungsregelungen. Nach Einschätzung der Vortragenden seien die Gesetze zwar grundsätzlich umsetzbar, jedoch ließe sich in ihnen Beschleunigungspotenzial nur erkennen, soweit die Beschleunigung – wie im Rahmen des Osterpakets oder der Umsetzung der EU-Notfall-Verordnung – mit Modifikationen des materiellen Rechts verbunden sei. Die tatsächlichen Auswirkungen auf die Effektivität des Rechtsschutzes seien derzeit allerdings nur schwer absehbar.

Vortrag Dr. Julia Wulff (PDF)

 

3. Potentiale der Beschleunigung aus verwaltungsgerichtlicher Praxis

Die Vorsitzende Richterin des Bundesverwaltungsgerichts, Prof. Dr. Ulrike Bick, sprach über „Potentiale der Beschleunigung aus verwaltungsgerichtlicher Praxis“. Zur offenen Frage von MinDirig Sauer (BMUV), ob eine Generalklausel im UmwRG sinnvoll sei, merkte Prof. Bick an, dass die bisherige Katalogaufzählung zu großen Abgrenzungsproblemen bei der Einordnung der Streitfälle unter die jeweiligen Katalognummern seitens des Gerichts führen würde und eine Generalklausel daher sehr begrüßt werde.

In ihrem Vortrag befasste sie sich anschließend mit der Ausweitung der erstinstanzlichen Zuständigkeit des BVerwG. Das Bundesverwaltungsgericht ist grundsätzlich ein Revisionsgericht, doch seine Erstzuständigkeit wurde stetig erweitert und ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO. Bick schätzt den Anteil von erstinstanzlichen Verfahren am BVerwG auf derzeit rund 13%. Neu hinzu kamen jüngst Verfahren des LNGG und des Energiesicherungsgesetzes. In diversen Fachgesetzen finden sich zudem weitere Zuweisungen, teilweise jedoch nicht katalogartig, was selbst für Richterinnen und Richter des BVerwG schwierig zu überblicken sei. Bei insgesamt überschlägig 300 Vorhaben, bei denen die Erstzuständigkeit des BVerwG besteht, zweifelt Prof. Bick daran, dass der Gesetzgeber dies noch überschauen kann. Doch grundsätzlich sieht Bick keine Bedenken, dem BVerwG (weitere) erstinstanzliche Zuständigkeiten zuzuweisen. Mit Blick auf Beschleunigung, sprächen die Verfahrenslaufzeiten beim BVerwG für sich. Aktuell beliefen sie sich auf ca. ein Jahr in Hauptsacheverfahren und 3-4 Monate in Eilverfahren. Im Vergleich dazu seien die Laufzeiten am OVG/VGH z.T. erheblich länger, hier bedürfe es insbesondere einer besseren personellen Ausstattung.

Prof. Bick sprach sich gegen eine vielfach und insbesondere im Koalitionsvertrag der Ampelregierung geforderte Wiedereinführung einer materiellen Präklusion aus. Unabhängig davon, dass eine Konformität mit der Aarhus-Konvention und der EU-Aarhus-Verordnung nicht zu erwarten sei, hält Bick ein solches Instrument auch nicht für notwendig. Die derzeit bestehende Klagebegründungsfrist von 10 Wochen (s. § 6 UmwRG und Fachgesetze) sei bei konsequenter Anwendung für Beschleunigungszwecke ausreichend. Insbesondere durch ihre sehr strenge Auslegung durch die Rechtsprechung (z.B. keine Verlängerung durch Akteneinsicht) und in Kombination mit Substantiierungspflicht und Anwaltszwang (vgl. § 67 Abs. 4 VwGO) berge die Klagebegründungsfrist enormes Beschleunigungspotential. Der Prozessstoff werde hierbei frühzeitig fixiert und ein späterer Vortrag nur zur Vertiefung zulässig, was eine Präklusion hinfällig mache.

Dass entgegen des Erstentwurfes der VwGO-Novelle des BMJ nun kein obligatorischer früher Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes eingeführt worden ist, begrüßte sie (vgl. § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO). Eine verpflichtende frühe Erörterung führe nur selten zum Abschluss eines Vergleichs, trage daher kaum zur Beschleunigung bei und sollte dadurch nur in geeigneten Fällen eingesetzt werden.

Auch die Neuregelungen zur flexiblen Spruchkörperbesetzung in § 9 VwGO (für OVG/VGH) sowie in § 10 Abs. 4 VwGO (für BVerwG) hält Prof. Bick für sinnvoll, da es essentiell ist, die Einschätzung der Wichtigkeit eines konkreten Vorhabens abweichend von der Wichtigkeit, die einem Vorhaben nach „Katalog“ zugeteilt wird, beurteilen zu können.

Vortrag Prof. Dr. Ulrike Bick (PDF)

 

4. Fachlicher Blick auf die VwGO-Novelle, Schlaglichter aus der Sicht der Anwaltschaft

In ihrem „Fachlichen Blick auf die VwGO-Novelle, Schlaglichter aus der Sicht der Anwaltschaft“ analysierte Rechtsanwältin Dr. Franziska Heß einzelne, einschlägige Bestimmungen der aktuellen VwGO-Novelle. Im Ergebnis konnte sie aus anwaltlicher Sicht in der Praxis keinen erkennbaren Beschleunigungseffekt feststellen. Insbesondere die Streichung einer Klageerwiderungsfrist in § 6 UmwRG sei bedauerlich. Eine Sollbestimmung zur Fristsetzung für Behörden und Beigeladene, ähnlich wie beim Unionsprozess, hätte sich positiv beschleunigend auswirken können. Einige Regelungen bewertete sie als überflüssig und bestenfalls unschädlich (wie bspw. § 80c Abs. 4 VwGO), bei anderen äußerte sie starke Bedenken in Bezug auf die Vereinbarkeit mit Unions-, Völker und Verfassungsrecht (vgl. 80c Abs. 3 VwGO, § 87b Abs. 4 VwGO). Insbesondere ergäben sich erhebliche Rechtsunsicherheiten aus den neuen Möglichkeiten zur Außerachtlassung von Verfahrensfehlern sowie zur Heilung, welche letztlich dazu führten, dass kaum noch Eilverfahren angestrebt würden. Nur wenige Bestimmungen – welche allesamt auf die Anregungen der Sachverständigen im Gesetzgebungsverfahren zurückgingen - seien sinnvoll (vgl. § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO, §154 Abs. 5 VwGO, § 6 UmwRG).

Vortrag Dr. Franziska Heß (PDF)

 

5. VwGO-Novelle keine Beschleunigungswirkung in Bezug auf das Naturschutzrecht

Beate Beydatsch, Leiterin des Referats Naturschutz, Landschaftspflege der Abteilung Umweltschutz der Landesdirektion Sachsen, sieht in der VwGO-Novelle keine Beschleunigungswirkung in Bezug auf das Naturschutzrecht. Im Gegenteil: gute, beschleunigende Standards im Naturschutzrecht litten, wenn am Ende der Planung kein effektiver Rechtschutz steht. Problematisch sei vor allem die Möglichkeit der Außerachtlassung von bestimmten Mängeln durch § 80 c VwGO. Es sei nicht klar, wie beim Bau des Vorhabens bis Ablauf der Mangelbehebungsfrist verfahren werden kann, daher müsse die aufschiebenden Wirkung auf irreversible Nachteile beschränkt und eine klare Regelung für Sicherheitsleistungen zum Rückbau bereits realisierter Maßnahmen eingeführt werden.

Vortrag Beate Beydatsch (PDF)

 

6. Break-Out-Sessions

In den anschließenden „Break-Out-Sessions“ wurden folgende Themen in parallelen Gruppen diskutiert:

  • Umweltrechtsschutz neu denken – muss der Rechtsschutz zugunsten der Energiesicherheit und des Klimaschutzes (zeitweise) zurückstehen?
    Impuls: RA Prof. Dr. Bernd Dammert, Dr. Dammert & Steinforth, Leipzig (Vortrag als PDF)
  • Spannungsverhältnis zwischen vorzeitigem Maßnahmenbeginn und effektivem Rechtsschutz
    Impuls: RA Dirk Teßmer, Philipp-Gerlach-Teßmer Rechtsanwälte, Frankfurt am Main (Vortrag als PDF)
  • Beschleunigung per Gesetz – über Sinn und Sinnhaftigkeit der Legalplanung
    Impuls: Prof. Dr. Annette Guckelberger, Uni Saarland (Vortrag als PDF)
 

7. Aktuelles aus dem EU-Aarhus-Kontext und Auswirkungen auf nationales Recht

Der Nachmittag wurde von Rechtsanwalt Dr. Christian Wagner (Kapellmann Rechtsanwälte Brüssel) eingeleitet: „Aktuelles aus dem EU-Aarhus-Kontext und Auswirkungen auf nationales Recht“. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der geplanten Novelle des EU-Beihilferechts, welches gemäß der Entscheidung des Aarhus Convention Compliance Committees aktuell nicht mit den Verpflichtungen aus der Aarhus Konvention im Einklang steht, da keine ausreichenden Rechtsschutzmöglichkeiten zur Anfechtung etwaiger Entscheidungen mit Umweltbezug bestehen (vgl. ACCC/C/2015/128). Derzeit enthält die EU-Aarhus-Verordnung eine Bereichsausnahme für das Wettbewerbsrecht, worunter auch das Beihilferecht fällt. Es gibt drei Möglichkeiten, das EU-Recht entsprechend anzupassen: 1. Änderung der Aarhus-Verordnung (Kompetenz des Europäischen Parlaments und des Rates); 2. Eine reine „Soft-Law“-Anpassung mit Einführung eines internen Überprüfungsverfahrens (Kompetenz der EU-Kommission); 3. Anpassung der EU-Beihilfeverfahrensordnung (Kompetenz des Rates). Zum Zeitpunkt des Vortrages gab es noch keine offizielle Mitteilung der Kommission, welche Option angestrebt wird. Dr. Wagner stuft eine Soft-Law-Regelung als vermutlich unzureichend ein, weil daraus zu viele Fragestellungen resultierten. Für am logischsten hielte er die Streichung der Bereichsausnahme, welche jedoch aufgrund der doppelten Zuständigkeit des Rates und des Parlaments am zeitaufwendigsten wäre. Aktuell sei die Änderung des EU-Beihilferechts bis wenigstens Ende März 2023 zurückgestellt, sie müsse aber spätestens rechtzeitig vor der nächsten Aarhus-Vertragsstaatenkonferenz bis Ende 2024 vorliegen. Problematisch sei generell die Definition des Anwendungsbereiches: Für eine Klagebefugnis muss dargestellt werden, dass ein Verwaltungsakt oder ein Unterlassen möglicherweise gegen EU-Umweltrecht verstößt. Unklar sei jedoch, was darunter zu verstehen ist bzw. wie weit „Umweltrecht“ gefasst wird.
Ein Verstoß könne laut Wagner nur im Rahmen der Prüfungskompetenz der Kommission festgestellt werden (vgl. EuGH, C-594/18 –HinkleyPoint). Dabei sei jedoch nicht zu überprüfen, ob eine Beihilfe nachteilig für EU-Umweltziele oder -grundsätze ist.

Weiterhin befasste sich Dr. Wagner mit der EuGH-Entscheidung zu Typengenehmigungen vom 8.11.2022, C-873/19 Deutsche Umwelthilfe, aus welcher eine Klagebefugnis für anerkannte Umweltvereinigung bei Produktzulassungsentscheidungen hervorgeht. Nach diesem Urteil stelle sich die Frage, ob eine Klagebefugnis für anerkannte Umweltvereinigungen immer anzunehmen ist, wenn der Staat umweltbezogene EU-Vorschriften anwendet.

Vortrag Dr. Christian Wagner (PDF)

 

8. REPowerEU: Der Kommissionsvorschlag zur Änderung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie im Lichte der Aarhus-Konvention

Prof. Dr. Angela Schwerdtfeger (Universität Göttingen) beleuchtete in ihrem Vortrag „REPowerEU: Der Kommissionsvorschlag zur Änderung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie im Lichte der Aarhus-Konvention“ erstmals die Kompatibilität der geplanten EU-Änderungen mit den völkerrechtlichen Vorgaben der Aarhus-Konvention (AK). Der Vorschlag für eine Änderung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie sieht insbesondere sogenannte „Go-to-Gebiete“ („Beschleunigungsgebiete“) für erneuerbare Energien vor. Für solche Gebiete soll die Strategische Umweltprüfung (SUP) gestärkt werden, um so auf eine – meist umfangreiche und zeitaufwendige – ⁠Umweltverträglichkeitsprüfung⁠ (⁠UVP⁠) auf Projektebene verzichten zu können. Es soll jedoch eine Prüfung der Projektanträge auf unvorhergesehene, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen erfolgen, die im Ausnahmefall nach wie vor zur Durchführung einer UVP führen kann. Prof. Schwerdtfeger wies darauf hin, dass ein neuer Erwägungsgrund der Richtlinie betreffend die Aarhus-Konvention den Fokus weg vom Zugang zu Informationen über die Umwelt (Säule 1) hin zur Beteiligung der Öffentlichkeit an bestimmten umweltbezogenen Entscheidungen und zum Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Säule 2 und 3 der Aarhus-Konvention) verschiebe. Zum Rechtsschutz stellt sich die Frage, ob nach Streichung der UVP-Pflicht Rechtsschutz nach Art. 9 Abs. 2 oder Art. 9 Abs. 3 AK zu gewähren ist. Prof. Schwerdtfeger kommt zu dem Ergebnis, dass Art. 6 und damit Art. 9 Abs. 2 AK nicht mehr anwendbar seien. Es liege auch keine Umgehung vor, da Umweltprüfungen auf Planungsebene erfolgen und im Einzelfall auch weiterhin eine UVP des Einzelvorhabens. Die Anwendbarkeit lediglich des Art. 9 Abs. 3 AK führt zu eingeschränkten Rechtsschutzmöglichkeiten.

Vortrag Prof. Dr. Angela Schwerdtfeger (PDF)

 

9. Aktuelle Daten zum Klagegeschehen der Verbandsklagen seit 2021

Prof. Dr. Alexander Schmidt stellte „Aktuelle Daten zum Klagegeschehen der Verbandsklagen seit 2021“ vor, welche im Rahmen des ⁠UBA⁠-Projekts „Wissenschaftliche Begleitung der Entwicklung des Rechtsschutzes in Umweltangelegenheiten auf europäischer, internationaler und nationaler Ebene in der 20. Legislaturperiode“ erhoben werden. Der Zwischenstand vom 27.02.2023 hält folgende Ergebnisse fest:

  • Für 2022 sind bisher 58 Fälle erfasst worden; die für 2021 ermittelten 37 Fälle stellen sich demnach als „Ausreißer“ dar (Durchschnitt von 2017 bis 2020 = 60 Fälle).
  • Eine Zunahme der Fallzahlen ergibt sich 2022 vor allem bei Klagen gegen Windenergieanlagen und gegen Ausnahmen von artenschutzrechtlichen Verboten.
  • Zugenommen hat 2022 auch der Anteil von Klagen aufgrund der 2017 neu eingefügten Tatbestände in § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 bis 6 UmwRG => 43,1% (deren Anteil nimmt ständig zu: 2020 = 27,5% / 2021 = 35,1%).
  • Bei der Erfolgsbilanz gibt es 2022 keine signifikante Veränderung gegenüber 2021; mit gut 44% ist diese weiter deutlich höher als der allgemeine Durchschnitt (ca. 12%).
    Die finale Studie über den Zeitraum von 2021 bis 2023 wird voraussichtlich im Herbst 2024 veröffentlicht.

Vortrag Prof. Dr. Alexander Schmidt (PDF)

 

10. Schlusswort

In seinem Schlusswort betonte Ministerialrat Dr. Jochen Gebauer (Referatsleitung G I 2, Fachübergreifendes Umweltrecht, Planungsbeschleunigung, BMUV) die Wechselwirkungen von Umweltrechtsschutz und Beschleunigungsdebatte: Alles was Öffentlichkeitsbeteiligung berührt, berühre auch den Rechtsschutz. Die Öffentlichkeitsbeteiligung fungiere hier als Bindeglied. Er identifizierte und begrüßte sich abzeichnende Konsensfindungen im Rahmen der Veranstaltung (bspw.: Beschleunigung sinnvoll, solange Rechtsstaatlichkeit gewahrt bleibt; Erhaltung von Umweltstandards; Stärkung der Praxis). Er nehme zahlreiche Arbeitsaufträge für Gesetzgeber und Ministerien aus der Veranstaltung mit: u.a. Schließen von Gesetzeslücken und -unklarheiten, Prüfung von mehr Standardisierungen, Entwerfen von Leitfäden für die Praxis sowie die Verwaltung.

 

11. Zusammenfassung

Regierungsdirektorin Josefine Betensted (Referatsleitung G I 3 Informationsfreiheitsrecht, Aarhus-Konvention, Umwelthaftungsrecht, Bessere Rechtsetzung, BMUV) fasste den Nachmittag der Veranstaltung zusammen und stellte fest, dass Rechtsschutz und Öffentlichkeitsbeteiligung sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene in bislang unbekanntem Ausmaß hinterfragt würden. Sie plädierte dafür, den Nutzen der Aarhus-Konvention stärker auf die Agenda zu setzen. Generell brauche es eine neue Planungskultur mit wirkungsvollen Beteiligungsmöglichkeiten. Die Entwicklungen im Bereich Umweltrechtsschutz verliefen weiterhin sehr dynamisch. Z.B. erwarte man die Urteilsgründe der Inntal Süd Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 10 CN 1.23 - Urteil vom 26. Januar 2023) mit großer Spannung und verfolge insbesondere den im Februar 2023 von der EU-Kommission vorgelegten „GreenDeal Industrial Plan“, welcher die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren der Industrie anstrebt.

Die Vortragsfolien finden Sie als PDF auf der Webseite des UfU (Unabhängiges Institut für Umweltfragen e.V.)

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