Deutschland gehört zu den größten Tierproduzenten Europas und zu den größten Abnehmern von Antibiotika, die in der Tierproduktion eingesetzt werden. Die Abgabe von Antibiotika nimmt gegenwärtig ab. Seit 2011 hat sich der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung mehr als halbiert. Am höchsten ist die Abgabe in Regionen im Nordwesten, wo auch die höchsten Tierdichten zu finden sind.
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Keine zentrale Erfassung des Verbrauchs aller Tierarzneimittel
Bisher gibt es keine zentrale Erfassung der Abgabe- und Verbrauchsmengen aller Tierarzneimittel in Deutschland (Stand 2020). Für die Gruppe der Antibiotika sowie bestimmte hormonelle Stoffe sind Großhändler und pharmazeutische Unternehmen seit 2011 verpflichtet, dem Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) Abgabemengen an die tierärztlichen Hausapotheken zu melden. Ab einer bestimmten Bestandsgröße müssen antibiotische Behandlungen in der Mast von Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten seit 2014 in der staatlichen Antibiotikadatenbank durch die Tierhaltung erfasst werden. Die Bestandsgröße je Tierart sowie das Meldeverfahren legt die Tierarzneimittel-Mitteilungendurchführungsverordnung fest.
Auch wenn es außer für Antibiotika keine Abgabe- und Verbrauchsmengen gibt, liefern die Marktanteile der Arzneimittel eine grobe Abschätzung der Bedeutung anderer Tierarzneimittel. Der Bundesverband für Tiergesundheit, welcher die führenden deutschen Tierarzneimittel- und Futterzusatzstoffhersteller vertritt, veröffentlicht jährlich eine Abschätzung des deutschen Tierarzneimittelmarktes auf Basis seiner Mitglieder. Der Markt wird hierbei in vier Arzneimittelgruppen gegliedert. Der größte Anteil entfällt auf sogenannte pharmazeutische Spezialitäten, welche z. B. entzündungshemmende Mittel, Herz-Kreislaufpräparate, Vitamine und Hormone umfasst. Auf Biologika – Impfstoffe und andere Produkte zur Steigerung der Immunabwehr des Körpers – entfällt der nächstgrößere Marktanteil. Der Umsatz durch den Verkauf von Antiparasitika und Antiinfektiva war in 2019 annähernd gleich hoch. Antiinfektiva umfassen neben Antibiotika auch Arzneimittel zur Bekämpfung viraler und mykotischer Infektionskrankheiten. Da in jeder Klasse unterschiedliche Faktoren den Preis bestimmen, wie z.B. auch die abgenommene Menge, können aus dem Marktanteil keine Rückschlüsse auf die eingesetzten Mengen gezogen werden. Die Abbildung erlaubt lediglich eine Übersicht über die Art der eingesetzten Tierarzneimittel.
Die Abgabe von Antibiotika in der Tierhaltung nimmt ab
Spätestens seit 2014 die 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes in Kraft trat, ist ein Rückgang des Antibiotikaeinsatzes zu beobachten. Schon 2015 hat sich der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung seit 2011 mehr als halbiert. Ein Grund für diese Verringerung ist die zunehmende Sensibilisierung von Tiermedizin, Landwirtschaft und Gesellschaft für die Antibiotikaresistenzproblematik. Die Gesellschaft fordert zunehmend Maßnahmen, um diesem Problem zu begegnen. Daher werden statt Gruppenbehandlungen verstärkt antibiotische Einzeltierbehandlungen auch in Kombination mit entzündungshemmenden Arzneimitteln durchgeführt. Diese Entwicklung wurde maßgeblich durch die Arzneimittelgesetznovelle unterstützt. Seit 2014 müssen Landwirte/-wirtinnen die Therapiehäufigkeit für Antibiotika ermitteln und melden (siehe BVL „Betriebliche Therapiehäufigkeit“ und BMEL „Tierarzneimittel“). Liegt die Therapiehäufigkeit über dem Median aller Betriebe, ist der/die Landwirt/-wirtin verpflichtet, Maßnahmen zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes mit Unterstützung des/der Tierarztes/-ärztin zu ergreifen (siehe: Reduktion des Keimdrucks).
Die Wirkstoffe, die in 2019 am häufigsten eingesetzt wurden, gehören zur Klasse der Penicilline (39 %) und Tetrazykline (21 %). Danach folgen die Wirkstoffklassen Polypeptid-Antibiotika (9,8 %), Sulfonamide (8,8 %) und Makrolide (8,5 %). Auch wenn sich seit 2011 die Gesamtabgabemengen der Antibiotika verringert haben, ist zwischenzeitlich ein kritischer Trend der Abgabe bestimmter Antibiotika zu verzeichnen, die Wirkstoffe mit besonderer Bedeutung für die Humanmedizin sind. Die Abgabe von Antibiotika wie Fluorchinolone und Cephalosporine der 3. Generation hatte zwischen 2011 und 2014 zugenommen. Durch verschiedene Maßnahmen (z.B. das separate Monitoring dieser Wirkstoffe durch QS) konnte diesem Trend bei den Fluorchinolonen zügig entgegengewirkt werden, was in den Abgabezahlen seit 2015 deutlich wurde.
Regional betrachtet zeigen die Abgabemengen von Antibiotika in Deutschland einen deutlichen Schwerpunkt in der südlichen Weser-Ems-Region, wo die höchsten Tierdichten Deutschlands und auch viele tierärztliche Praxen zu finden sind. Die Verteilung ist in den meisten Regionen deckungsgleich mit den Viehdichten.
Im Rahmen der VetCab Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) wurden Indikationen für den Antibiotikaverbrauch erfasst. Daraus wurde ein unterschiedliches Verschreibungsverhalten von Tierärzten und Tierärztinnen identifiziert. Aktuelle Auswertungen von Maßnahmenplänen, sowie das unterschiedliche Verschreibungsverhalten von Tierärzten und Tierärztinnen deuten auf Wissenslücken im Hinblick auf präventive Gesundheitsmanagementmaßnahmen hin (siehe: Erweitertes Gesundheitsmonitoring in der Tierproduktion), woraus sich ein weiteres Einsparpotenzial von Tierarzneimitteln ergibt.
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