BVT-Merkblätter

Die Umsetzung der europäischen Richtlinie über Industrieemissionen in Deutschland

Merkblätter über beste verfügbare Techniken sind das Produkt eines Informationsaustauschs geregelt nach der ⁠IE-Richtlinie⁠. In BVT-Merkblättern werden Brancheninformationen und Emissionsminderungstechniken für die besonders umweltrelevanten Industriebranchen zusammengefasst. Die Schlussfolgerungen dieser Dokumente stellen verbindliche Anforderungen an die nationale Umsetzung.

 

Ein zentrales Steuerungselement des Genehmigungsrechts ist das bewährte Konzept der besten verfügbaren Techniken (BVT). Diese entsprechen dem in der Bundesrepublik Deutschland traditionell verwendeten Begriff des Standes der Technik. Technik bedeutet dabei sowohl die angewandte Technologie als auch die Art und Weise, wie die Anlage geplant, gebaut, gewartet, betrieben und stillgelegt wird. Die besten verfügbaren Techniken werden für jede betroffene Branche in einem Informationsaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten, den betreffenden Industriezweigen, den Umweltorganisationen, der Europäischen Chemikalienagentur und der Kommission erarbeitet und in BVT-Merkblättern festgelegt. Die Arbeit an den BVT-Merkblättern erfolgt auf Englisch, sodass sich auch in Deutschland die englischen Bezeichnungen für die BVT-Merkblätter - ⁠BREF⁠ (Best Available Techniques Reference Document) und für BVT-Schlussfolgerungen – BAT Conclusion (Best Available Techniques Conclusion) etabliert haben. Die englischen und deutschen Bezeichnungen können synonym verwendet werden.

Es wird zwischen vertikalen und horizontalen BVT-Merkblättern unterschieden. Die vertikalen BVT-Merkblätter bezeichnen jene, die alle Informationen zu einer bestimmten Branche abbilden. Die horizontalen BVT-Merkblätter sind sehr viel allgemeingültiger. In ihnen werden Themen aufgegriffen, die mehrere vertikalen BVT-Merkblätter betreffen. Aktuell gibt es drei horizontale BVT-Merkblätter: Lagerung gefährlicher Substanzen und staubender Güter, industrielle Kühlsysteme und Energieeffizienz. Diese wurden allerdings noch nicht unter der IE-Richtlinie (2010/75/EU) revidiert und enthalten somit noch keine verbindlichen BVT-Schlussfolgerungen. Für die chemische Industrie wurden zusätzlich BVT-Merkblätter für die Abgasbehandlung und für die Abwasserbehandlung unter der IE-Richtlinie (2010/75/EU) verabschiedet. Die vertikalen BVT-Merkblätter können bei betreffenden Themen auf die horizontalen BVT-Merkblätter verweisen, was zu einer Verschlankung der Merkblätter führen soll.

Da sich Emissionsminderungstechniken und die Branchen ständig weiterentwickeln, ist eine regelmäßige Überarbeitung der BVT-Merkblätter notwendig. Das seitens der EU-Kommission zuständige Büro EU-BRITE (European Bureau for Research on Industrial Transformation and Emissions vormals EIPPC-Büro - European Integrated Pollution Prevention and Control Bureau) organisiert die Überarbeitung und legt die Reihenfolge der Novellierungen in einem mehrjährigen Arbeitsprogramm fest.

In einem Informationsaustausch, auch Sevilla-Prozess genannt, werden die BVT-Merkblätter nach einem durch den Durchführungsbeschluss 2012/119/EU  festgelegtem Verfahren novelliert. Gemäß der Definition in Artikel 3 Absatz 11 der IE-Richtlinie beschreibt ein BVT-Merkblatt insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitig für die Anlagen der betrachteten Branche üblichen Emissions- und Verbrauchswerte, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigten Techniken sowie alle Zukunftstechniken.

 

Gliederung der BVT-Merkblätter

Die BVT-Merkblätter ähneln sich in ihrem Aufbau. Jedes BVT-Merkblatt unter der IE-Richtlinie enthält in der Regel folgende Elemente:

  • Vorwort
  • Geltungsbereich
  • Kapitel: Allgemeine Informationen über die betreffende Branche
  • Kapitel: Angewandte Prozesse und Techniken
  • Kapitel: Aktuelle Emissions- und Verbrauchswerte
  • Kapitel: Bei der Festlegung der BVT zu berücksichtigende Techniken
  • Kapitel: Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT)
  • Kapitel: Zukunftstechniken
  • Abschließende Bemerkungen und Empfehlungen für zukünftige Arbeiten
  • Referenzen
  • Glossar der Begriffe und Abkürzungen
  • Anhänge (je nach Bedeutung für den Sektor und Verfügbarkeit der Informationen)

Die tatsächliche Gliederung kann sich zwischen den verschiedenen BVT-Merkblättern stark unterscheiden. Sind in einem BVT-Merkblatt beispielsweise viele Unterbranchen vereint (dies ist zum Beispiel bei dem BVT-Merkblatt der Nahrungsmittelindustrie der Fall), kann es sinnvoll sein jede Unterbranche einzeln mit den aufgelisteten Elementen zu betrachten. Auch die sogenannten „horizontalen“ BVT-Merkblätter können von dieser Gliederung deutlich abweichen, wobei einige Kapitel in diesem Fall auch wegfallen können.

 

BVT-Schlussfolgerungen

Die BVT-Schlussfolgerungen beschreiben den europäischen Stand der Technik und werden als eigenständige Rechtsdokumente im Amtsblatt der Europäischen Union (EU) veröffentlicht. Die BVT-Schlussfolgerungen enthalten unter anderem Emissionsminderungstechniken mit denen Emissionsbandbreiten für Luft und Wasser verbunden sind. Diese Bandbreiten der Emissionswerte dürfen von den Anlagen in der EU im Normalzustand in der Regel nicht überschritten werden. Auch im Deutschen ist die englische Abkürzung BAT AELs von Best Available Technique Associated Emission Levels üblich und kann synonym mit dem Begriff Emissionsbandbreiten verwendet werden.

Die Emissionsbandbreiten sind eine Grundlage für die Ableitung von Grenzwerten in der deutschen Gesetzgebung. In der Industrieemissionsrichtlinie sind die Emissionsbandbreiten und die Umsetzung in das deutsche Recht in Artikel 15 Absatz 3 beschrieben.

Da bestimmte Anforderungen aus den BVT-Merkblättern in den Mitgliedsstaaten durch die Sonderstellung der BVT-Schlussfolgerungen verbindlich umzusetzen sind, wird de facto nationales Anlagengenehmigungsrecht für bestimmte Sektoren direkt im Sevilla-Prozess diskutiert und festeschrieben.

 

Die BVT-Schlussfolgerungen durchlaufen bei der nationalen Umsetzung viele Instanzen.
Nationale Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen
Quelle: Umweltbundesamt