Antifoulingschutz in Binnengewässern

Reinigungsbürste für den Bootsrumpfzum Vergrößern anklicken
Reinigungsbürste für den Bootsrumpf
Quelle: Watermann / Limnomar

Beschreibung

Derzeit werden noch viele Sportboote in Binnengewässern mit biozidhaltigen Antifouling-Produkten ausgerüstet, um den Bootsrumpf gegen den Aufwuchs, bzw. Bewuchs, von Bakterien, Pilzen, Algen und Muscheln (Fouling) zu schützen. Damit sie wirken, setzen biozidhaltige Antifouling-Produkte kontinuierlich Biozide frei, die auch Nichtzielorganismen schädigen können. Aus Gründen des Umwelt- und Gesundheitsschutzes sollte deshalb, soweit möglich, auf ihre Nutzung verzichtet werden. Zahlreiche Initiativen und Forschungsprojekte der vergangenen Jahre beschäftigten sich mit praxiserprobten biozidfreien Alternativen, die nun eine verlässliche Alternative zum Biozideinsatz darstellen.

sonstige Informationen

Bewuchsdruck

Generell ist festzustellen, dass der Bewuchsdruck in Binnengewässern deutlich geringer ist als im Brackwasser oder Meer. Neben dem Nährstoffgehalt und den vorkommenden Arten im Gewässer spielen aber auch die Nutzungshäufigkeit und die Fahrgeschwindigkeiten der Boote eine wichtige Rolle für den Aufwuchs: In Stillstandszeiten am Liegeplatz ist der Bewuchsdruck deutlich höher als im Fahrbetrieb, wenn Scherkräfte wirken. Wenn das Schiff überwiegend auf dem Trailer oder Slipwagen aufbewahrt und nur kurzfristig genutzt wird, ist eine Antifouling-Beschichtung generell nicht erforderlich. Ein leichter Bewuchsfilm lässt sich einfach abwaschen.

Antihaftbeschichtungen

Bei den neu entwickelten Antihaftbeschichtungen wird die Oberflächenstruktur durch spezielle Beschichtungen mit Silikonen so verändert, dass sich die Aufwuchsorganismen nicht gut anheften können. Somit wird der Bewuchs bei der Fahrt abgetragen oder lässt sich mit einem Schwamm einfach abwaschen. Das Aufbringen dieser Beschichtungen ist jedoch aufwändig und daher kann es sinnvoll sein, die Beschichtung von einem Fachbetrieb durchführen zu lassen.

Hartbeschichtung

Biozidfreie Hartlackbeschichtungen verhindern zwar nicht Bewuchs, lassen sich aber aufgrund einer gewissen Antihaft-Eigenschaft und aufgrund ihrer Härte gut mit Reinigungsverfahren kombinieren. Ebenso kann eine Kombination mit Unterwasserfolien sinnvoll sein.

Reinigungsverfahren

Für die Reinigung des Unterwasserschiffs gibt es in einigen skandinavischen Ländern stationäre Bootswaschanlagen mit Auffangbecken für die Entsorgung des abgereinigten Bewuchses. Zudem gibt es manuelle mechanische Hilfsmittel wie Schwämme, Bürsten und Schaber, um den Rumpf zu reinigen. Mittlerweile bietet der Markt auch ferngesteuerte Reinigungsroboter, die am Rumpf entlangfahren und den Aufwuchs entfernen können. Aufgrund der Anschaffungskosten sind solche Systeme aber eher für Vereine oder Marinabetreiber geeignet. Voraussetzung für die effektive Reinigung ist immer das Vorhandensein einer geeigneten, biozidfreien Beschichtung, im Idealfall einer Hartbeschichtung.

Wichtig: Boote, die mit biozidhaltigen Antifouling-Produkten ausgerüstet sind, sollten grundsätzlich nicht in Schiffswaschanlagen oder im freien Wasser gereinigt werden, da es zu hohen Einträgen an Bioziden in die Gewässer kommen kann. Dies gilt auch für die Reinigung an Land mittels Hochdruckreiniger, denn die entstehenden ⁠Aerosole⁠ mit den gelösten Biozidwirkstoffen können weit verwirbelt und von Personen eingeatmet werden. Die Reinigung von Booten mit biozidhaltigen Rumpfbeschichtungen sollte deshalb nur bei entsprechenden Schutzmaßnahmen mit weichen Reinigungsmitteln (Schwamm oder Tuch) auf dafür ausgewiesenen, abgedichteten Waschplätzen mit entsprechenden Abscheidevorrichtungen vorgenommen werden. Das vorsichtige Reinigen mit dem Schwamm schont auch die Beschichtung.

Unterwasserfolien

Aus dem marinen Bereich stammt ein Verfahren, bei dem eine Unterwasserfolie am Liegeplatz unter das Schiff gezogen und befestigt wird. Anschließend wird das Wasser zwischen der Folie und dem Rumpf abgepumpt, so dass sich die Folie eng anlegt. Durch den Mangel an Sauerstoff und Licht zersetzen sich die organischen Teile des Aufwuchses. Von Expertenseite wird das Wirkprinzip durchaus anerkannt, wobei eine unabhängige Untersuchung und Bewertung noch aussteht. Aus dem skandinavischen Raum sind auch Schwimmmatten bekannt, bei denen die Matte am Liegeplatz verbleibt und das Fouling beim Auffahren und durch die Wellenbewegungen abgerieben wird. Die Eignung in Verbindung mit einem darauf abgestimmten Hartanstrich wurde im „Change“-Projekt bestätigt. Allerdings ist das Verfahren nur für Motorboote ohne Kiel geeignet.

Liftsysteme

Wer den Aufwand scheut, das Boot nach jedem Gebrauch an den Landliegeplatz zu verlegen, könnte ein Liftsystem einsetzen, mit welchem ein Sportboot im Hafen aus dem Wasser gehoben werden kann. Dadurch lagert das Boot außerhalb des Wassers und Aufwuchs kann vollständig verhindert werden. Dieses Verfahren ist im Handbetrieb  für kleine Boote bis 500 kg praktikabel. Es werden aber auch Bootslifte für Boote bis 10 m Länge und einem Gewicht bis zu 1000 kg installiert (z.b. Marina Kressbronn).

Elektrische Felder und Ultraschall

Zudem gibt es Systeme, die mittels elektrischer Felder oder Ultraschall versuchen, Aufwuchs zu verhindern. Ziel des Anlegens elektrischer Felder sind kontinuierliche pH-Änderungen, die das Ansiedeln von Aufwuchsorganismen verhindern sollen. Durch Ultraschallanlagen soll ein beginnender Bewuchs abgelöst werden. Beide Verfahren sind in ihrer Wirkung jedoch noch nicht ausreichend getestet worden. Zudem ist bisher unklar, ob diese Systeme vielleicht auch unerwünschte Effekte auf Gewässerorganismen haben.

Weitere Optimierungsmöglichkeiten

Alle Antifouling-Produkte gelangen über kurz oder lang in die Umwelt oder bestenfalls in den Sonderabfall. So zeigen Untersuchungen aus dem europäischen „Change“-Projekt, dass die Umweltbelastung aus seit 2003 weltweit verbotenen TBT-Anstrichen im Ostseeraum immer noch gravierend ist, da es immer noch zu Einträgen aus Altanstrichen kommt. Generell gilt ein Minimierungsgebot für den Biozideinsatz: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Bei Neuanstrichen sollte immer zuerst die Möglichkeit eines biozidfreien Systems geprüft werden. Falls ein biozidhaltiges Antifouling-Produkt aufgetragen wird, so sollte der Anweisung des Herstellers gefolgt und zu hohe Schichtdicken vermieden werden.

Ausblick

Nachdem in einer Studie des Umweltbundesamtes in 50 Yachthäfen die Grenzwerte für Cybutryn und Kupfer häufig überschritten wurden, werden derzeit Maßnahmen zur Reduktion von Biozideinträgen durch Antifoulings diskutiert. Unter den diskutierten Optionen ist auch eine Ausweitung lokaler Verbote von biozidhaltigen Antifouling-Produkten für Sportboote. Ein solches Verwendungsverbot wurde für die Wakenitz und die Ratzeburger Seen bereits im Jahr 2000 umgesetzt, ohne dass negative Auswirkungen für Bootsbesitzer eintraten.

Teilen:
Artikel:
Drucken
Schlagworte:
 Biozid-Portal