Forschung, Entwicklung und Datengewinnung

Aus Forschungs- und Entwicklungsvorhaben fließen ebenso Daten in die POP-Dioxin-Datenbank wie aus regelmäßigen oder anlassbezogenen Messprogrammen von Behörden und Institutionen. In umgekehrter Richtung dient die Datenbank dem Umweltbundesamt wie auch anderen wissenschaftlichen Einrichtungen als Datengrundlage für Forschungsaktivitäten.

Aktuelle Aktivitäten in Forschung und Entwicklung

F&E-Vorhaben „POP-Profiling - Kontaminationen auf der Spur“
Polychlorierte Biphenyle (⁠PCB⁠) sind in Deutschland mit die bedeutendsten persistenten organischen Schadstoffe (⁠POP⁠). Sie liegen als Gemische von Kongeneren (chemische Verbindungen mit gleicher Stammstruktur) vor, wobei deren relative Anteile in einem ⁠Gemisch⁠ eine charakteristische Signatur für z.B. technische Produkte als Quellen von Belastungen darstellen. Wegen der ⁠Persistenz⁠ der PCB bleiben bei ihrem Transfer durch die Umwelt diese Signaturen im Prinzip erhalten und können genutzt werden, um durch Profilvergleiche mögliche Quellen, Senken und Ausbreitungspfade der Stoffe zu ermitteln. Im Vorhaben soll untersucht werden, wie derartige Vergleichsanalysen in umfangreichen mehrdimensionalen Datensätzen mit Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) wie z.B. hierarchisches Clustering oder self-organizing maps (SOM) effizient und zielgenau durchgeführt werden können. Als Datengrundlage für das Projekt dient die POP-Dioxin-Datenbank des Bundes und der Länder, ergänzt durch Daten aus der Fachliteratur und im Vorhaben zu modellierende Trainingsdatensätze. Neben der fachlichen Erarbeitung des Auswerteverfahrens sollen IT-Werkzeuge erstellt werden, mit denen analoge Analysen auch für andere geeignete Datenbestände durchgeführt werden können.
(im Vergabeverfahren, geplanter Beginn April 2021)

F&E-Vorhaben „Gestern PCBs -heute PFCs und bromierte Flammschutzmittel - und morgen?“
Die von persistenten organischen Schadstoffen (POPs) ausgehenden Gefährdungen sind seit langem bekannt. Mittlerweile wurden 30 dieser Substanzen global durch das ⁠Stockholmer Übereinkommen⁠ zu POPs verboten oder massiv beschränkt. Trotz dieses unzweifelhaften Erfolgs internationaler Chemikalienpolitik konnte dennoch nicht verhindert werden, dass nach dem Verbot der ersten 12 POPs wiederum Stoffe mit denselben problematischen Eigenschaften (u.a. bromierte Flammschutzmittel) weiträumig in der Umwelt verteilt gefunden wurden. Ein solches Geschehen wiederholte sich erneut nach dem Verbot der nächsten 16 POPs für die Klasse der perfluorierten Substanzen. Um einen wirksamen Schutz von Mensch und Umwelt vor POPs verwirklichen zu können, soll im Vorhaben untersucht werden, wie das existierende rechtliche und politische Instrumentarium im Sinne des Vorsorgeprinzips weiter entwickelt und ggf. ergänzt werden kann. Dies soll durch eine Untersuchung über verschiedene Ebenen erreicht werden, in der sowohl die wissenschaftlich-fachliche Identifizierung problematischer Stoffe, das regulatorische Chemikalienmanagement und die Chemikalienpolitik betrachtet werden. Durch eine Analyse der Entwicklung zum jetzigen Zustand und darauf aufbauende Empfehlungen soll eine Grundlage erarbeitet werden, aus der perspektivisch ein strategischer Ansatz zur Optimierung der Erkennung und des Managements potenzieller POPs entwickelt werden kann.
(in Bearbeitung seit November 2019)

Modernisierung des Informationssystems der POP-Dioxin-Datenbank
Die Modernisierung des Informationssystems der POP-Dioxin-Datenbank soll das seit langer Zeit im Einsatz befindliche System auf aktuelle fachliche und technische Anforderungen ausrichten. Bei den erforderlichen Arbeiten geht es um eine Anpassung des Datenmodells, die Implementierung neuer Schnittstellen zur Datenübernahme und zum Datenabruf und um die nutzerfreundliche Gestaltung von Bedienoberflächen. Diese Anpassungen und Verbesserungen werden schrittweise in den kommenden Jahren erfolgen.

Abgeschlossene Aktivitäten in Forschung und Entwicklung (Auswahl)

Gutachten „Expert Report on the Usability of Data from the POP Database in the Field of Technosphere“
Das Gutachten stellt eine qualitätsgesicherte Datenbasis für das Kompartiment Technosphäre bereit, als Baustein einer Weiterentwicklung der POP-Dioxin-Datenbank hin zu einem wissensbasierten System, welches als flexibles Auswerteinstrument genutzt werden kann. Hierfür wurde der existierende Datenbestand mit Proben aus der Technosphäre nach primären und sekundären Quellen klassifiziert und unterhalb davon eine weitere Klassifizierung in Form einer Baumstruktur vorgenommen. Um insgesamt die Datenqualität in der Datenbank zu heben, wurden neue Daten hinzugefügt und bereits vorhandene Daten ergänzt. Zur einfacheren Erkennung typischer Muster in den Daten und für einen Vergleich von Proben hinsichtlich ihres Kontaminationsprofils wurden R-Programme zur Clusteranalyse entwickelt und erfolgreich eingesetzt.
Abschlussbericht April 2019

F&E-Vorhaben „Evaluierung von Monitoringdaten zu POPs, POP-Kandidaten und Ersatzstoffen zur Aufklärung von Ursachen, Pfaden und Trends der Umweltbelastung“
Im Vorhaben wurde die Wissensgrundlage zu bestimmten POPs und POP-Kandidaten recherchiert und detailliert dargestellt. Der Fokus lag insbesondere auf den dioxin-ähnlichen Polychlorierten Biphenylen (⁠dl-PCB⁠) sowie auf kurzkettigen Chlorparaffinen (⁠SCCP⁠), Polybromierten Diphenylethern (⁠PBDE⁠) und Hexabromcyclododecan (HBCD) als PCB-Ersatzstoffen. Mit dem Ziel, die Ursachen für das ubiquitäre Vorkommen solcher Stoffe in der Umwelt und die Mechanismen und Pfade ihrer Ausbreitung besser zu verstehen, wurden die Zusammenhänge zwischen Quellen, Pfaden und Senken und Verbleib der Stoffe in der Umwelt diskutiert. Die Ergebnisse tragen dazu bei, zukünftig Schadstoffquellen und Kontaminationsursachen besonders der Umwelt aber auch von Lebensmitteln leichter ausfindig machen zu können. Es sollen dadurch eine zügige Ursachenaufklärung ermöglicht und Maßnahmen konzipiert werden, um das Risiko für Belastungen durch POPs und deren Ersatzstoffe in der Umwelt zu verringern.
Abschlussbericht August 2017

F&E-Vorhaben „Analyse und Trendabschätzung der Belastung der Umwelt und von Lebensmitteln mit ausgewählten POPs und Erweiterung des Datenbestandes der POP-Dioxin-Datenbank des Bundes und der Länder mit dem Ziel pfadbezogener Ursachenaufklärung“
Im Bericht sind Informationen zur Belastung der Umwelt und von Nutztieren/Lebensmitteln durch polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (PCDD/F) und polychlorierte Biphenyle (PCB) zusammengestellt. Die wichtigsten PCDD/F und PCB-Expositionsquellen in der Umwelt einschließlich Senken und Reservoire werden benannt.
Lebensmittel tierischen Ursprungs, bei denen die EU-Höchstgehalte für PCDD/F oder für die Summe aus PCDD/F und PCB häufiger überschritten sind, wurden genauer betrachtet. Nutztiere, die bei der Nahrungsaufnahme intensiven Kontakt mit dem Boden haben, z.B. Rinder, Schafe und Hühner, nehmen mit der Nahrung Boden und damit die darin enthaltenen PCDD/F und PCB auf. Rinder und Schafe nehmen zusätzlich über Grasaufwuchs PCB aus atmosphärischer ⁠Deposition⁠ auf. Weiterhin können auch PCB-haltige Materialien in landwirtschaftlichen Betrieben vorhanden sein und dort als Punktquellen für Belastungen wirken.
Im Rahmen des Projektes wurde auch der Datenbestand der POP-Dioxin-Datenbank für PCDD/F- und für PCB-Quellen aus der Technosphäre um mehr als 800 Datensätze erweitert. Diese Daten sollen es ermöglichen, bei zukünftigen Belastungsfällen die Quelle der Kontamination besser zuzuordnen und den Eintragspfad schneller aufzuklären.
Abschlussbericht Februar 2015

Erfassung von Daten für die POP-Dioxin-Datenbank (Auswahl)

Übernahme von Daten aus der amtlichen Lebensmittelüberwachung
(Mai 2020)
Gehalte von Dioxinen/Furanen und PCBs in Lebensmitteln werden regelmäßig im Rahmen von koordinierten Überwachungsprogrammen der amtlichen Lebensmittelüberwachung erhoben (z.B. Bundesweiter Überwachungsplan, Nationaler Rückstandskontrollplan für Lebensmittel tierischer Herkunft, Lebensmittel-Monitoring). Zentrale Stelle für die Zusammenstellung und Auswertung der Informationen ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), von dem die Messergebnisse auch an die POP-Dioxin-Datenbank übermittelt werden.
Mit der letzten Übertragung wurden die Daten aus den Überwachungsuntersuchungen im Jahr 2018 in die Datenbank übernommen. Sie umfassen 105.903 einzelne Messwerte zu Dioxinen/Furanen (17 ⁠Kongenere⁠) und PCB (6 ⁠Indikator⁠-PCB, 12 dioxinähnliche PCB), die in 4.632 Lebensmittelproben analysiert wurden. Insgesamt enthält die Datenbank derzeit 1.066.702 einzelne Messwerte zu diesen Substanzen und weiteren POPs im Kompartiment Lebensmittel. Abgesehen vom Monitoring erfolgt die Probenahme in der amtlichen Lebensmittelüberwachung überwiegend risikoorientiert und ist daher nicht repräsentativ für die im Handel befindlichen oder verzehrten Lebensmittel. In ihrer Gesamtheit ermöglichen die vorliegenden Daten insofern einen risikoorientierten Einblick in die Belastungssituation bei Lebensmittel in Deutschland bis zurück in das Jahr 1989.

PCDD/F und PCB in Sedimenten von Flüssen in Rheinland-Pfalz
(März 2020)
Das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz untersucht seit vielen Jahren Fließgewässer auf ihre Gehalte an polychlorierten Biphenylen (PCB) und polychlorierten Dibenzodioxinen und -furanen (PCDD/F). Ein großer Datensatz mit über 20.000 Messwerten für diese Stoffe wurde in die POP-Dioxin-Datenbank übertragen und steht damit für Recherchen und Datenanalysen zur Verfügung. Der Datensatz enthält zum einen Analysenergebnisse für 6 Indikator-PCB und das dioxinähnliche PCB 118, die zwischen 1994 und 2018 jährlich an 145 Messstellen bestimmt wurden. Bei gezielten einzelnen Messungen in 7 Jahren zwischen 2004 und 2018 wurden zum anderen an 35 Messstellen auch die Gehalte von PCDD/F (17 Kongenere) und dioxinähnlichen PCB (12 Kongenere) bestimmt. Die für diese Proben berechneten Toxizitätsäquivalente (⁠TEQ⁠, ⁠WHO⁠ 2005) zeigen auf, dass hier der Grad der Belastung primär durch den Anteil an PCDD/F bestimmt wird.

Publikationen zum Thema

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