Ein Wärmedämmverbundsystem besteht üblicherweise aus Dämmplatten, die direkt auf die Außenwände geklebt oder montiert sind, einem Armierungsgewebe aus Kunststoff, verschiedenen Putzschichten und einem Schutzanstrich. Bundesweit sind nach aktuellen Schätzungen bereits über 800 Millionen Quadratmeter WDVS an Hauswänden installiert. Dazu kommen jährlich etwa 40 Millionen Quadratmeter Neumontage.
In einer im Auftrag des UBA durchgeführten Online-Umfrage zeigte sich, dass die überwiegende Mehrheit der Umfrage-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer (ca. 90 %) mit ihrem WDVS hinsichtlich der Dämmeigenschaften „sehr zufrieden“ bzw. „zufrieden“ sind. Jedoch können den Vorteilen der WDVS – Einsparung von CO2-Emissionen und Energiekosten − einige ökologische Nachteile gegenüber stehen. Denn bei manchen marktüblichen WDVS kommen Stoffe zum Einsatz, die aus Umweltsicht problematisch sind: Flammschutzmittel, die bei brennbaren Dämmstoffen aus Brandschutzgründen oft notwendig sind, und Biozide, um dem Wachstum von Algen und Pilzen an der Fassade vorzubeugen. Durch eine gezielte Produktauswahl ist es möglich, eine umweltverträgliche Lösung zu finden, die gleichzeitig einen zuverlässigen Brandschutz und gute optische Eigenschaften sichert.
Biozideinsatz bei WDVS
Die energetische Ertüchtigung eines Gebäudes mit WDVS geht häufig mit einer Senkung der Oberflächentemperatur an der Fassade und mit Tauwasserbildung auf der Fassadenoberfläche einher. Mit Tauwasser entsteht eine Grundlage für mikrobielles Wachstum: Algen und Pilze bilden unschöne grüne oder gräuliche Beläge. Das vom UBA beauftragte und am Fraunhofer Institut für Bauphysik durchgeführte Forschungsprojekt „Verbesserung der Umwelteigenschaften von Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) – Evaluierung der Einsatzmöglichkeiten biozidfreier Komponenten und Beschichtungen“ aus dem Jahr 2015 zeigt: Kunststoffputze und Dispersionsfarben sind heute üblicherweise mit bioziden Wirkstoffen ausgerüstet, um den Bewuchs mit Algen und Pilzen zu verzögern – unabhängig von wesentlichen Randbedingungen wie der Bauweise/Architektur, den klimatischen Voraussetzungen oder der unmittelbarer Umgebung eines Bauwerks. Auch zeigte sich, dass in den ersten vier Jahren der Wirkstoffgehalt in der Deckschicht bis zu 90 % abnehmen kann und dass so ein unkontrollierter Austrag der bioziden Wirkstoffe in die Umwelt entsteht.
Die vorliegende Studie ermittelte, welche Einflussgrößen das Risiko des Befalls durch Algen oder Pilze einer wärmegedämmten Fassade und die Nutzerzufriedenheit mit einem WDVS bestimmen. Im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 (Biozidverordnung) sollte den ökologischen Risiken eines Biozideinsatzes ein ausreichender Nutzen gegenüber stehen. Die Studie zeigt, dass zwischen der Nutzerangabe zur antimikrobiellen Behandlung der Oberflächen und der Nutzerzufriedenheit kein Zusammenhang besteht. Die Nutzerzufriedenheit wird zusätzlich mitbestimmt von weiteren Größen, wie Wissensstand, Erwartungen, bestehenden Ansprüchen und genereller Einstellung zum Umweltschutz. Die Studie legt daher eine Abkehr von der grundsätzlichen Ausrüstung von Fassadenoberflächen zugunsten einer gezielten Ausrüstung im Bedarfsfall nahe.
Weiterentwicklung des Umweltzeichens für WDVS
Beim Umweltzeichen Blauer Engel erlauben die Vergabekriterien DE-UZ 140 für Wärmedämmverbundsysteme sowohl mineralische als auch kunstharzgebundene Putze ohne biozide Ausrüstung auszuzeichnen. Das UBA ließ im Projekt „Blauer Engel für Wärmedämmverbundsysteme – Weiterentwicklung der Kriterien für Dämmstoffe sowie biozidfreie Putze und Beschichtungen“ aus dem Jahr 2017 prüfen, wie widerstandsfähig Putze und ihre Anstriche gegen Veralgen sind. Künftig sollte der Blaue Engel auch die Widerstandsfähigkeit der biozidfreien WDVS gegenüber Aufwuchs von Algen und Pilzen in seinen Kriterien abdecken.
Das Vorhaben „Blauer Engel für Wärmedämmverbundsysteme – Weiterentwicklung der Kriterien für Dämmstoffe sowie biozidfreie Putze und Beschichtungen“ liefert Daten zur Witterungsbeständigkeit der heute am Markt angebotenen biozidfreien WDVS. Die Ergebnisse unterstützen die Gestaltung von Wärmedämmverbundsystemen als innovatives und langfristig nachhaltiges Instrument des Klimaschutzes nach dem aktuellen Stand des Wissens.
Zusätzlich sind Brandschutz- und Ressourcenschonungsaspekte bei der Weiterentwicklung des Blauen Engels für WDVS wichtig. Zu Entwicklungszielen bei der Überarbeitung der Kriterien für den Blauen Engel zählen eine effizientere Ressourcennutzung von Wärmedämmverbundsystemen durch Verbesserung ihrer Dauerhaftigkeit sowie Unterstützung von Recycling und Rückbaubarkeit der verwendeten Dämmstoffe beziehungsweise der WDVS.