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PFAS-haltige Pestizide in der Landwirtschaft

Junge Maispflanzen auf einem Feld

Pflanzen können PFAS aufnehmen.
Quelle: Smileus / Fotolia.com

PFAS-haltige Pestizide, die in der Landwirtschaft großflächig eingesetzt werden, rücken zunehmend in den Fokus. Trotz wirksamer Schädlingsabwehr bringen sie negative Folgen für Umwelt und Gesundheit mit sich, wie beispielsweise die Bildung des extrem stabilen Abbauprodukts Trifluoracetat (TFA), das sich in Gewässern anreichert und praktisch nicht aus der Umwelt zu entfernen ist.

16.05.2025

Ob Weizen oder Kartoffeln, landwirtschaftliche ⁠Pestizide⁠ – auch ⁠Pflanzenschutzmittel⁠ genannt – schützen die Ernte vor Pilzbefall, unerwünschten Beikräutern und weiteren Schädlingen und Krankheiten. Da etwa die Hälfte Deutschlands aus Ackerland besteht, werden diese Chemikalien großflächig in unsere Umwelt eingebracht. Dort können sie sich im Boden anlagern, über Regen und Versickerung in Flüsse und Grundwasser gelangen sowie über die Nahrungskette in Organismen anreichern. Doch ihre Wirkung bleibt nicht auf Schadorganismen beschränkt: Auch sogenannte Nichtzielorganismen werden gefährdet, was die biologische Vielfalt beeinträchtigt.

⁠PFAS⁠-haltige Pestizide sind solche, die Wirkstoffe mit einer C-CF2 oder C-CF3-Gruppe im Molekül besitzen. Die Bausteine werden eingesetzt, um die Anwendungseigenschaften und Wirksamkeit von Pestiziden zu verbessern. Sie sind wasser- und fettlöslich und erleichtern dadurch den Transport der Wirkstoffe innerhalb der Pflanze. Ebenso trägt die Langlebigkeit der PFAS dazu bei, dass die Mittel länger wirksam bleiben und in geringerer Menge angewendet werden müssen. Dies hat mutmaßlich dazu geführt, dass der Anteil an fluorierten Stoffen unter den Pestiziden stark zugenommen hat und zu einer besseren Schädlingsbekämpfung und höheren Produktivität beitrug. Doch die Konsequenzen für Umwelt und Gesundheit rücken zunehmend in den Fokus: Dazu gehören schädliche Auswirkungen auf Nichtzielorganismen, wie Beeinträchtigungen des Hormonsystems, der Fruchtbarkeit und des Immunsystems. Dennoch ist das Wissen über die Auswirkungen in komplexen Ökosystemen noch begrenzt.

Der Blick auf Deutschland zeigt: Von den 278 hier zugelassenen Wirkstoffen enthalten drei Wirkstoffe eine C-CF2-Gruppe und 29 eine C-CF3-Gruppe. Damit sind 11,5 Prozent der auf dem deutschen Markt zugelassenen Wirkstoffe PFAS. Während bei den Substanzen mit C-CF2-Gruppe der jeweilige Wirkstoff oft selbst langlebig ist, kann sich bei Wirkstoffen mit C-CF3-Gruppe als finales Abbauprodukt das persistente Trifluoracetat (TFA) bilden.

Trifluoracetat (TFA) als kritisches Abbauprodukt

Lange galt TFA als toxikologisch unauffällig, bis der ⁠Stoff⁠ durch neue Erkenntnisse Anfang 2024 als fortpflanzungsgefährdend bewertet wurde. Doch auch darüber hinaus ist TFA kritisch für die Umwelt, wie ausführlicher im TFA-Hintergrundpapier sowie im Abschlussbericht eines TFA-Gutachtens zur räumlichen Analyse dargestellt. TFA bildet sich aus einer Vielzahl an fluorierten Substanzen – nicht nur aus Pestiziden, sondern auch aus Kältemitteln von Klimaanlagen, Arzneimitteln oder industriellen Prozessen. Der Stoff ist einer der stabilsten organischen Verbindungen und baut sich in der Umwelt nicht weiter ab. Da er extrem wasserlöslich ist, verbreitet er sich über Versickerung und Oberflächenabfluss von landwirtschaftlichen Flächen schnell über den Wasserkreislauf. Über industrielle Abwässer wird TFA in die Flüsse geleitet, während sich TFA durch den Abbau fluorierter Gase weit in der ⁠Atmosphäre⁠ verteilt – und über Niederschläge wieder auf die Erde gelangt. Es gibt praktisch keine Methoden, die Substanz wieder aus der Umwelt zu entfernen, wodurch sich TFA immer weiter anreichert.

Bereits heute ist TFA überall zu finden: im Ozean, in Flüssen, Seen, Grundwasser, Böden, Feldfrüchten, Tee, Bier und Leitungswasser. Eine interaktive TFA-Karte zeigt die Konzentrationen in Gewässern: Dabei sind im Oberflächengewässerbereich vor allem Hot Spots entlang der Flüsse zu sehen, während die Belastung im Grundwasser flächenhafter verteilt ist. Letztere ist durch den flächenhaften Eintrag landwirtschaftlicher Pestizide zu erklären.

TFA aus Pestiziden

TFA tauchte in der Pflanzenschutzmittelbewertung erstmals als Abbauprodukt der Wirkstoffe Flurtamone und Flufenacet auf. Es zeigte sich, dass für diesen Metaboliten kein Abbau im Labor nachgewiesen werden konnte und gleichzeitig hohe Einträge ins Grundwasser modelliert wurden – wodurch sich Herausforderungen für den Grund- und Trinkwasserschutz ergeben. In einigen Gebieten arbeiten Wasserversorger und Landwirtschaft zusammen, um den Eintrag von TFA ins Grundwasser durch Pflanzenschutzmittel zu vermindern.

Nach einem langjährigen Wiedergenehmigungsprozess erhielt Flufenacet im Frühjahr 2025 keine erneute Genehmigung. Ausschlaggebend waren neu nachgewiesene hormonschädigende Eigenschaften des Wirkstoffs sowie neue Erkenntnisse zu den reprotoxischen Eigenschaften seines Abbauprodukts TFA. Obwohl der Wirkstoff bereits 2004 als Substitutionskandidat eingestuft wurde – und damit als besonders bedenklich für die Umwelt und/oder menschliche Gesundheit gilt und nach sieben Jahren erneut überprüft werden muss – sind seit der letzten Prüfung 22 Jahre vergangen. Unter den potentiell TFA-bildenden Wirkstoffen verzeichnete Flufenacet die höchsten Absatzzahlen und den höchsten Zuwachs – mit einem Absatzanstieg von 85 Prozent zwischen 2008 und 2023.

Doch auch weitere Wirkstoffe haben das Potenzial, große Mengen TFA freizusetzen, darunter Diflufenican, Fluazinam und Fluopyram. Nicht für alle Wirkstoffe mit C-CF3-Gruppe konnte die Bildung von TFA im Labor nachgewiesen werden. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass TFA nicht gebildet wird. Sein Nachweis ist mit bisherigen Methoden nicht immer möglich. Es braucht ein angepasstes Studiendesign, um TFA tatsächlich messen zu können.

Beschränkungsmöglichkeiten für PFAS-haltige Pestizide

Gemäß eines PFAS-Beschränkungsvorschlag auf EU-Ebene soll ein Großteil der PFAS aus der Herstellung und Verwendung genommen werden – und nur noch dort zum Einsatz kommen, wo die nützlichen Eigenschaften der Stoffe die Nachteile für Mensch und Umwelt überwiegen, beispielsweise in medizinischen Produkten. Pestizide sind von diesem Beschränkungsvorschlag ausgenommen, da sie tendenziell über die Pflanzenschutzmittelverordnung (Verordnung (EG) 1107/2009) reguliert werden können.

Aktuell sieht die Verordnung jedoch nicht direkt vor, Pestizide aufgrund ihrer Eigenschaft als PFAS oder ihrer hohen ⁠Persistenz⁠ zu regulieren. National können solche Regelungen durchaus etabliert werden. Ein Blick nach Dänemark zeigt, dass dort keine Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit sehr beständigen Wirkstoffen (mit Halbwertszeiten von mehr als 180 Tagen) erteilt werden.

Links

  • TFA – persistenter Stoff überall zu finden
  • Interaktive TFA-Karte
  • TFA StoryMap

Publikationen

  • Chemikalieneintrag in Gewässer vermindern – Trifluoracetat (TFA)
  • Trifluoracetat (TFA): Grundlagen für eine effektive Minimierung schaffen - Räumliche Analyse der Eintragspfade in den Wasserkreislauf
Artikel:

Schlagworte:
 PFAS  Pestizide  Pflanzenschutzmittel  Landwirtschaft  TFA  Trifluoracetat  Flufenacet Top

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Quelladresse (zuletzt bearbeitet am 05.06.2025):https://www.umweltbundesamt.de/pfas-haltige-pestizide-in-der-landwirtschaft