Die menschliche Gesundheit kann durch den Klimawandel beeinträchtigt werden. Quelle: Miss X/photocase.com
Der Klimawandel wirkt sich sehr unterschiedlich auf die verschiedenen Bereiche der Natur und Gesellschaft aus. Auch die daraus resultierenden Anpassungsmaßnahmen unterscheiden sich. Mehr zu den Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und möglichen Anpassungsoptionen lesen Sie hier.
Gesundheitliche Folgen von Extremwetterereignissen
Als Folge des Klimawandels ist ein Anstieg von Extremwetterlagen in Deutschland zu erwarten. Dazu gehören vermehrte extreme Hitzeereignisse, Stürme oder Starkniederschläge, Hochwasser, Lawinenabgänge oder Erdrutsche. Direkte Auswirkungen davon können Erkrankungen und Verletzungen sein, zum Teil mit tödlichem Ausgang. Weitere Folgen können gesundheitliche Belastungen wie Stress, psychische Störungen, Angstzustände oder Depressionen sein.
Auch in Deutschland sind die Sommer in allen Regionen und in allen Höhenlagen deutlich heißer geworden. Was früher ein extrem heißer Sommer war, ist heute ein durchschnittlicher Sommer. Selbst die kühleren Sommer der letzten 25 Jahre blieben meist deutlich über dem langjährigen Temperaturschnitt vor 1990.
Im Rückblick hat sich seit den 1970er Jahren ein ansteigender Trend zunehmender sogenannter „Heißer Tage“ abgezeichnet, an denen der Tageshöchstwert der Lufttemperatur 30 °C oder mehr beträgt. Dies gilt auch für die sogenannten „Tropennächte“, in denen die Temperaturen nicht unter 20 °C sinken und eine nächtliche Erholung dann nur eingeschränkt möglich ist.
Ausbreitung von vektorenübertragenen Infektionserregern
Mit steigender Lufttemperatur können sich Überträger von Krankheitserregern (sog. Vektoren, wie z. B. Zecken oder Stechmücken), deren Verbreitung zuvor auf tropische und subtropische Regionen beschränkt war, neue Lebensräume erschließen und so das Verbreitungsgebiet der von ihnen übertragenen Krankheitserreger ausweiten.
Es wird befürchtet, dass in Deutschland unter künftig veränderten Klimabedingungen sowohl für die tierischen Überträger als auch für die Erreger (wie z. B. des West-Nil- oder des Dengue-Fiebers bzw. des Q-Fiebers) selbst günstigere Bedingungen herrschen. Infolgedessen kann auch das Infektionsrisiko für Menschen steigen. Dies kann auch heimische Vektoren und Erreger betreffen (z.B. Hantaviren).
Veränderte Klimaverhältnisse können dabei an mehreren Stellen das Zusammenwirken von Krankheitserregern und Vektoren beeinflussen. Ändern sich für die tierischen Vektororganismen die klimatischen Verhältnisse, können Änderungen im Verhalten, in der Vermehrungsrate, von Lebensdauer, Populationsdichte oder Biotopwahl folgen. So können milde Winter dazu führen, dass die Tiere längere Zeit im Jahr aktiv sind und sich schneller vermehren. Zudem ist es möglich, dass ursprünglich hierzulande nicht heimische Vektorarten, die aus warmen Ländern eingeschleppt werden, sich hier etablieren und verbreiten.
Die Mechanismen, die für die Entwicklung von Krankheitserregern in Vektoren und für die Übertragung auf Tiere und Menschen verantwortlich sind, sind komplex und vielfach noch nicht vollständig aufgeklärt.
Auch Extremwetterereignisse wie Hochwasser können die Existenz von Vektoren begünstigen. Die Überschwemmungen beim Elbe-Hochwasser 2002 und 2013 boten beispielsweise ideale Bedingungen für Massenvermehrungen von Stechmücken.
Ein erhöhtes Gefahrenpotenzial könnte in Deutschland insbesondere von Hantaviren, Borrelien und FSME-Viren ausgehen. Hantaviren werden unter anderem von Nagetieren, oft durch Rötelmäuse, übertragen. Sie können zu Fieber führen und schlimmstenfalls Nierenversagen verursachen. Besonders verbreitet ist der Virus heute schon in der Schwäbischen Alb, im Bayerischen Wald, in Unterfranken und im Raum Osnabrück. Borrelien oder Frühsommer-Meningoenzephalitis-Viren (FSME-Viren) werden hingegen durch Zecken übertragen. Die Lyme-Borreliose zählt zu den am häufigsten vektoriell auf den Menschen übertragenen Infektionserkrankungen in Deutschland. FSME-Risikogebiete sind zurzeit in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen ausgewiesen.
Auch durch den zunehmenden globalen Warenhandel und Tourismus können gebietsfremde Erreger ungewollt von Menschen oder Tieren eingeschleppt werden, beispielsweise durch Tier- und Nahrungsmitteltransporte, Futtermittel oder Saatgut.
Asthma, Allergien, Sonnenbrand und Hautkrebs
Durch veränderte Umweltbedingungen treten weitere gesundheitliche Risiken wie Asthma und Allergien als Folge des Klimawandels auf. Ein insgesamt milderes Klima mit einer längeren Vegetationsperiode begünstigt längere Flugzeiten und höhere Konzentrationen von Pollen. Möglicherweise nimmt auch die Wirksamkeit von Pollenallergenen mit höheren Temperaturen zu. Wird es wärmer, können außerdem wärmeliebende Pflanzenarten, die bisher in Deutschland nicht heimisch waren und ein hohes allergenes Potenzial haben, einwandern.
So zeigt sich, dass die Pollensaison bereits früher beginnt und länger andauert, als noch vor einigen Jahren. Eine Zunahme der CO2-Konzentration in der Luft kann die Pollenproduktion zusätzlich steigern. Für Personen mit Asthma und Heuschnupfen verlängert sich so die Beschwerdezeit. Gleichzeitig treten durch Pollen ausgelöste Allergien in den vergangenen Jahren in Deutschland deutlich häufiger auf. Dazu tragen auch neu eingewanderte Pflanzen wie das beifußblättrige Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia) bei, die unter den veränderten klimatischen Bedingungen gut gedeihen.
Mit der Zunahme heißer Tage erhöhen sich auch die Konzentrationen von bodennahem Ozon und Feinstaub in der Luft. Zu direkten gesundheitlichen Auswirkungen der gestiegenen Ozon-Konzentration zählen mitunter Schleimhautreizungen, Reaktionen der Atemwege wie eine Einschränkung der Lungenfunktion, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie die Beeinträchtigung der physischen Leistungsfähigkeit.
Insbesondere zunehmende sommerliche Hochdruckwetterlagen könnten die Bildung von bodennahem Ozon weiter begünstigen. Durch sie intensiviert sich auch nachweislich die Sonnenscheindauer. Zu den kurzfristigen Auswirkungen erhöhter, ungeschützter UV-Strahlung gehören Sonnenbrand, Horn- und Bindehautentzündungen. Eine langfristige, ungeschützte Exposition gegenüber UV-Strahlung kann zu Hautkrebs führen. In Deutschland hat die UV-Strahlung im letzten Jahrzehnt allerdings nur gering zugenommen. In Zukunft ist hier mit einem weiteren leichten Anstieg zu rechnen.
Hitzestress belastet die Gesundheit
Die Wirkung extremer Hitzeereignisse auf die menschliche Gesundheit hängt entscheidend von ihrer Häufigkeit, Intensität und Dauer ab. In Deutschland werden sogenannte Hitzewellen zukünftig häufiger auftreten und länger andauern, wie jüngst die Jahre 2015 und 2018 zeigten. Sie können extremen Hitzestress beim Menschen auslösen. Der Stress vermindert die körperliche Leistungsfähigkeit und wirkt sich so auch nachteilig auf die gesellschaftliche Produktivität in Industrie und Gewerbe aus.
Besonders das menschliche Herz-Kreislauf-System wird durch extrem hohe Temperaturen stark beansprucht. Betroffen sind vor allem ältere Menschen, da sich mit fortschreitendem Alter der Anpassungsprozess zur Thermoregulierung der Köpertemperatur verlangsamt und die Fähigkeit zur körperlichen Wärmeabgabe abnimmt. Mit dem demografischen Wandel steigt deshalb das Risikopotenzial in der Bevölkerung.
Außerdem kann die Anpassungsfähigkeit des Körpers durch Vorerkrankungen wie Diabetes oder Erkrankungen des zentralen Nervensystems sowie durch Medikamenteneinnahme und Genussmittelkonsum (Alkohol, Koffein etc.) beeinträchtigt werden.
Im Jahr 2003 führte die Hitzewelle in Deutschland zu etwa 7.500 zusätzlichen Todesfällen durch Herzinfarkt, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Nierenversagen sowie zu Atemwegsproblemen und Stoffwechselstörungen. 2006 und 2015 gab es jeweils etwa 6.000 zusätzliche hitzebedingte Todesfälle.
Insgesamt wird für die EU-Staaten von einer Zunahme der Mortalität von einem bis vier Prozent pro einem Grad Temperaturanstieg ausgegangen. Für Deutschland wird für die Jahre 2071 bis 2100 geschätzt, dass die hitzebedingten Todesfälle jährlich um mehr als 5.000 ansteigen. Modellrechnungen zeigen, dass die Wintermortalität und glättebedingte Verletzungen hingegen aufgrund milderer Winter voraussichtlich abnehmen werden.
Klimawandel hat negativen Einfluss auf die Wasserqualität
Die Zunahme von Wetterextremen wie Starkregen, Überschwemmungen oder Trockenheit/Dürre wird sich auch auf die Qualität und die Verfügbarkeit von (Trink-)Wasser auswirken. Milde Luft- und Wassertemperaturen, eine erhöhte Sonneneinstrahlung und höhere CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre begünstigen das Pflanzenwachstum und führen so beispielsweise zu einem Anstieg von Blaualgen (Cyanobakterien) in der Ostsee und in Binnenseen. Da bestimmte Blaualgen zahlreiche Giftstoffe produzieren, sinkt die Qualität betroffener Gewässer deutlich. Darüber hinaus wird die sommerliche Erwärmung der gezeitenarmen Ostsee voraussichtlich auch das Risiko von Vibrio-Infektionen erhöhen. Gesundheitliche Auswirkungen sind Hautirritationen oder Magen-Darm-Erkrankungen.
Technische Maßnahmen
Neben medizinischen Anpassungen der Prävention wie Schutzimpfungen gibt es verschiedene technische Maßnahmen zur gesundheitlichen Anpassung an den Klimawandel. Diese betreffen vor allem die medizinische Forschung. Beim Monitoring von Krankheiten steht die Beobachtung von Krankheitserregern im Fokus, die bislang in Deutschland noch nicht heimisch waren, sich aber durch die Erwärmung des Klimas künftig ansiedeln könnten. Monitoring-Netzwerke, die bereits bestehen, wie die des Robert Koch-Instituts, sollten hierfür genutzt und ausgebaut werden.
Durch bauliche und technische Schutzmaßnahmen wie Wärmeschutzisolierungen und Verschattungen/Jalousien kann Hitzestress in Innenräumen reduziert werden. Besonders soziale Gemeinschaftseinrichtungen, in denen sich Risikogruppen aufhalten, wie Krankenhäuser oder Alten- und Pflegeheime, sollten durch technische Vorrichtungen geschützt werden. In bestimmten Fällen sind auch klimatisierte Räume hilfreich.
Ökosystemare Maßnahmen
Um ökosystemare Maßnahmen für die gesundheitliche Anpassung an den Klimawandel zu realisieren, muss die Gesundheitsvorsorge mit der Stadt- und Regionalplanung verknüpft werden: Grünanlagen mit ausreichend Bäumen, Innenhofgärten oder Dachbegrünungen sowie Frischluftschneisen sind vor allem in der städtischen Planung von großer gesundheitlicher Relevanz. Sie vermindern die Aufheizung der Städte und schützen die Bevölkerung so vor größerer Hitze. Stadtplaner und kommunale Behörden sollten daher der zunehmenden Versiegelung von Siedlungs- und Verkehrsflächen entgegenwirken.
Mehr und mehr Bedeutung erhält die Einrichtung von „Klimakomfortzonen“ . Dies sind fußläufig gut erreichbare Grünflächen zum Aufenthalt bei extremen Hitzewetterlagen, gerade wenn in den Gebäuden sehr hohe Temperaturen herrschen.
Aufklärung & Informationen zu gesundheitlicher Anpassung
Aufklärungsmaßnahmen über die Folgen des Klimawandels und die dadurch entstehenden gesundheitlichen Risiken sind zentral für den Schutz der Bevölkerung. Nur so können Bürgerinnen und Bürger gesundheitliche Gefahren abschätzen und entsprechend Vorsorge treffen.
Interessierten werden beispielsweise Informationen zum Verhalten bei Hitzewellen vom Deutschen Wetterdienst (DWD), der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), dem Umweltbundesamt (UBA) sowie den zuständigen Landesämtern zur Verfügung gestellt.
Auch das medizinische Fach- und Pflegepersonal sollte gezielt geschult werden, um als Multiplikator den Informationsaustausch sowie eine stärkere Sensibilisierung der Bevölkerung zu fördern.
Darüber hinaus kann die 2017 gegründete „Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit“ (KLUG) einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Allianz will den Klimawandel als zentrales Thema für die Gesundheit deutlich machen sowie Strategien entwickeln, wie Gesundheitssystem und Gesellschaft auf die Klimaerwärmung reagieren und deren Auswirkungen mildern können.
Spezielle Frühwarnsysteme mit lokal angepassten Gegenmaßnahmen wurden bereits in einigen Städten eingeführt. Sie senden zeitlich und räumlich konkrete Warnungen aus. In Folge der Hitzewelle von 2003 hat zum Beispiel der DWD ein bundesweites Hitzewarnsystem entwickelt. Dieses informiert beispielsweise Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens sowie Alten- und Pflegeheime über einen Newsletter sowie direkte E-Mails über erhöhte Wärmebelastungen, damit sie entsprechende Präventionsmaßnahmen ergreifen können. Bürgerinnen und Bürger haben zudem die Möglichkeit, sich Informationen zu Hitze, Unwettern oder Pollenflug vom DWD per App direkt auf das Handy senden zu lassen – und so selbst Vorsorge zu treffen.
Vor dem Hintergrund der Hitzewellen der letzten Jahre (2015, 2018 und 2019) gibt es in zahlreichen Städten Anstrengungen zur Hitzeprävention. Dazu zählen zum Beispiel das Konzept der Trinkpaten oder Netzwerke der aufsuchenden, ambulanten Nachbarschaftshilfe, um bei alleinlebenden und nicht durch Pflegedienste versorgten älteren Menschen hitzebedingten Erkrankungen vorzubeugen.
Um Kommunen bei der Prävention hitzebedingter Erkrankungen zu unterstützen, hat die Bund/Länder-Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ unter Federführung der Bundesministerien für Umwelt und Gesundheit Handlungsempfehlungen für dieErstellung von Hitzeaktionsplänen zusammengetragen (2017). Diese sollen kommunalen Behörden als Blaupause für die Erarbeitung regional bzw. lokal angepasster Hitzeaktionspläne dienen.
Neben einer Verbesserung von Information und Aufklärung müssen aber auch die medizinische Vorsorge und Versorgung angepasst werden, um durch den Klimawandel hervorgerufene Gesundheitsprobleme in die Programme der öffentlichen Gesundheitspflege einzugliedern und Krankheitsüberträger langfristig einzudämmen (klimasichere Gesundheitsvorsorge). Entsprechende Prophylaxen und Impfungen sind hier mögliche Maßnahmen.