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Bioindikation von Luftverunreinigungen

Aus der chemischen Analyse von Moosen lassen sich Rückschlüsse auf die atmosphärische Schadstoffbelastung ziehen (Biomonitoring). Seit 1990 nahm die Belastung durch die meisten Metalle flächendeckend deutlich ab. Für Stickstoff ist gegenüber 2005 keine Entlastung festzustellen. Bei der Erhebung 2015/16 (keine aktuelleren Daten) fanden erstmals auch Untersuchungen zu organischen Schadstoffen statt.

09.01.2023

Moose als Bioindikator

Die Methode des Moosmonitorings wurde in den späten 1960er-Jahren entwickelt. Sie basiert darauf, dass Moose Stoffe direkt aus dem Niederschlag und aus trockener ⁠Deposition⁠ (Ablagerungen aus der Luft) beziehen. Deponierte Schadstoffe reichern sich im Moos an und können über einen bestimmten Zeitraum gemessen werden. Bei der großräumigen Kartierung der Bioakkumulation von Metallen und Stickstoff können Moose daher als ⁠Indikator⁠ für atmosphärische Deposition dienen. Das Moosmonitoring ist für ein flächendeckendes Screening der Belastungssituation bei vielen selten gemessenen Metall-Elementen besonders geeignet. Häufig ist das Moosmonitoring die einzige flächenbezogene Informationsquelle zur räumlichen Verteilung der Belastung, da in anderen Programmen nur wenige Schwermetalle und diese oft nur optional und punktuell gemessen werden. In Pilotstudien wird derzeit untersucht, ob sich die Moose auch als Bioindikatoren für persistente organische Schadstoffe (Persistent Organic Pollutants, POPs) eignen.

Deutsches Moosmonitoring

Das deutsche Moosmonitoring 2015/16 setzt die 1990 begonnene und bis 2005/06 im 5-Jahresabstand durchgeführte Untersuchungsreihe zur Bioakkumulation in Moosen fort. Untersuchte Arten waren wie zuvor Hypnum cupressiforme, Pleurozium schreberi und Pseudoscleropodium purum. Das Erhebungsnetz umfasste 2015/16 noch 400 Standorte. Räumliche und zeitliche Trends der ⁠Akkumulation⁠ können für 12 Schwermetalle über den Zeitraum 1990 bis 2015/16 dargestellt werden. Zu diesen zwölf Metall-Elementen gehören Aluminium (Al), Antimon (Sb), Arsen (As), Blei (Pb), Cadmium (Cd), Chrom (Cr), Eisen (Fe), Kupfer (Cu), Nickel (Ni), Quecksilber (Hg), Vanadium (V) und Zink (Zn) (siehe Karten). In früheren Kampagnen war das Untersuchungsnetz dichter und es wurden teilweise deutlich mehr Metallelemente untersucht. Neben den Metallen beinhaltete die Analytik 2015/16 zum zweiten Mal Stickstoff (N). An acht ausgewählten Standorten wurde erstmals in Deutschland ein breites Spektrum der POPs untersucht.

Durch geostatistische Auswertungen können aus den an 400 Geländepunkten erhobenen Stoffgehalten in den Moosen Flächenschätzungen abgeleitet und deutschlandweite Karten der Stoffakkumulation in Moosen dargestellt werden. Ein Multi-Metall-Index fasst die Elementgehalte in den Moosen zusammen und dient unter anderem zur Veranschaulichung räumlich-zeitlicher Trends und zur Identifikation von Hot Spots der Schwermetallanreicherung.

Der zeitliche Trend von 1990 bis 2016 zeigt für die meisten Metalle einen signifikanten und flächendeckenden Rückgang der Belastung. Auch gegenüber der Vorgängerkampagne (2005/06) ging die Schwermetallbelastung bei allen Metallen außer Hg (hier nur 4 %) noch einmal deutlich zurück. Dagegen ist bei Stickstoff gegenüber der ersten Beprobung für Deutschland im Jahr 2005 insgesamt kein Rückgang der Belastung festzustellen, es traten etwas abweichende räumliche Muster auf. Die Pilotstudie zu POPs an acht deutschen Standorten zeigte die prinzipielle Eignung der Moose als Bioindikatoren für die meisten der untersuchten Stoffe und belegte ihre weiträumige Verbreitung.

Die Grafik zeigt die Höhe der Bioakkumulation von Blei und Entwicklung dieser Konzentration von 1990 bis 2015/16 in Deutschland.

Karte: Blei
Quelle: Umweltbundesamt

Die Grafik zeigt die Höhe der Bioakkumulation von Cadmium und Entwicklung dieser Konzentration von 1990 bis 2015/16 in Deutschland.

Karte: Cadmium
Quelle: Umweltbundesamt

Die Grafik zeigt die Höhe der Bioakkumulation von Quecksilber und Entwicklung dieser Konzentration von 1995 bis 2015/16 in Deutschland.

Karte: Quecksilber
Quelle: Umweltbundesamt

Die Grafik zeigt die Höhe der Bioakkumulation von Kupfer und Entwicklung dieser Konzentration von 1990 bis 2015/16 in Deutschland.

Karte: Kupfer
Quelle: Umweltbundesamt

Die Grafik zeigt die Höhe der Bioakkumulation von Eisen und Entwicklung dieser Konzentration von 1990 bis 2015/16 in Deutschland.

Karte: Eisen
Quelle: Umweltbundesamt

Die Grafik zeigt die Höhe der Bioakkumulation von Zink und Entwicklung dieser Konzentration von 1990 bis 2015/16 in Deutschland.

Karte: Zink
Quelle: Umweltbundesamt

Die Grafik zeigt die Höhe der Bioakkumulation von Nickel und Entwicklung dieser Konzentration von 1990 bis 2015/16 in Deutschland.

Karte: Nickel
Quelle: Umweltbundesamt

Die Grafik zeigt die Höhe der Bioakkumulation von Arsen und Entwicklung dieser Konzentration von 1990 bis 2015/16 in Deutschland.

Karte: Arsen
Quelle: Umweltbundesamt

Die Grafik zeigt die Höhe der Bioakkumulation von Vanadium und Entwicklung dieser Konzentration von 1990 bis 2015/16 in Deutschland.

Karte: Vanadium
Quelle: Umweltbundesamt

Die Grafik zeigt die Höhe der Bioakkumulation von Chrom und Entwicklung dieser Konzentration von 1990 bis 2015/16 in Deutschland.

Karte: Chrom
Quelle: Umweltbundesamt

Die Grafik zeigt die Höhe der Bioakkumulation von Antimon und Entwicklung dieser Konzentration von 1995 bis 2015/16 in Deutschland.

Karte: Antimon
Quelle: Umweltbundesamt

Die Grafik zeigt die Höhe der Bioakkumulation von Stickstoff in den Jahren 2005 und 2015/16 in Deutschland.

Karte: Stickstoff
Quelle: Umweltbundesamt

Räumliche Unterschiede in Deutschland

Die Metallgehalte in den Moosen zeigen bei As, Cd, Ni, Pb, Sb und Zn 2015/16 ähnliche räumliche Verteilungsmuster wie schon in den Messungen von 1995 und 2005: Die Hot Spots finden sich zumeist im urban-industriell geprägten Ruhrgebiet, der dicht besiedelten Rhein-Main-Region, in den industriell geprägten Regionen der neuen Länder (zum Beispiel Raum Halle/Leipzig) sowie im Saarland, in Sachsen und am südlichen Oberrhein.

Die räumliche Verteilung der Stickstoff-Bioakkumulation (siehe Karte „Stickstoff“) weicht in einigen Regionen von der mit dem chemischen Transportmodell LOTOS-EUROS erzeugten Karte der Stickstoff-Gesamtdeposition ab. Insofern sind die Ergebnisse des Biomonitoring für Stickstoff derzeit noch schwer zu interpretieren. Die Ursachen dieser Unterschiede müssen vertieft untersucht werden.

 

Europaweites Monitoring

20 europäische Länder führten 1990 ein erstes europaweites ⁠Monitoring⁠ zur atmosphärischen Belastung mit Schwermetallen in Moosen („Atmospheric Heavy Metal ⁠Deposition⁠ in Europe - Estimations Based on Moss Analysis“) durch. Dieser „Moss Survey“ erfolgt seitdem auf freiwilliger Basis im 5-Jahres-Turnus auf Grundlage der Genfer Luftreinhaltekonvention (Convention on Long-range Transboundary Air Pollution, CLRTAP) im Kooperativprogramm ICP Vegetation. Europaweit umfasste der Moss Survey bisher bis zu 7.000 Probenentnahmestandorte, die nach weitgehend einheitlichen Kriterien und Methoden untersucht wurden. Das Umweltbundesamt (⁠UBA⁠) koordiniert die Teilnahme Deutschlands. Das ICP Vegetation publiziert die Ergebnisse des Moosmonitorings und berichtet sie an die Arbeitsgruppe „Wirkungen“ (Working Group on Effects, WGE) der CLRTAP. 2015/16 übermittelten 35 Länder, die zum Teil auch außerhalb der geografischen Grenzen Europas liegen, Daten zu Schwermetallen, zwölf Länder Daten zu Stickstoff und acht Länder Daten zu POPs in Moosen.

Mit Hilfe des europaweiten Moosmonitoring-Programms werden die räumliche und zeitliche Veränderung weiträumig transportierter Stoffe erfasst und somit die Auswirkungen von Luftreinhaltemaßnahmen dokumentiert. In der Kampagne 2005/06 wurde erstmals europaweit die Anreicherung von Stickstoff in Moosen untersucht. In den Jahren 2010/11 beinhaltete das Moosmonitoring erstmals eine Pilotstudie zu POPs, die 2015/16 fortgesetzt wurde.

Links

  • Moss Survey
  • Genfer Luftreinhaltekonvention
  • ICP Vegetation
  • Working Group on Effects
  • Liste der Publikationen zum Moosmonitoring
  • Forschungsberichte zu den Moosmonitoring-Erhebungen vor 2015/16

Publikationen

  • Nutzung von Bioindikationsmethoden zur Bestimmung und Regionalisierung von Schadstoffeinträgen für eine Abschätzung des atmosphärischen Beitrags zu aktuellen Belastungen von Ökosystemen
Artikel:

Schlagworte:
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Quelladresse (zuletzt bearbeitet am 10.09.2024):https://www.umweltbundesamt.de/daten/luft/bioindikation-von-luftverunreinigungen