WW-R-3: Uferbewuchs von kleinen und mittelgroßen Gewässern – Fallstudie

Das Bild zeigt einen schmalen Bach, der durch eine landwirtschaftlich genutzte Fläche fließt. Am Uferrand stehen einzelnen große Bäume und einige Büsche, die Schatten auf die Wasseroberfläche werfen. zum Vergrößern anklicken
Beschattung durch uferbegleitende Vegetation kann zu starken Wassertemperaturenanstieg verhindern.
Quelle: XtravaganT / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

WW-R-3: Uferbewuchs von kleinen und mittelgroßen Gewässern – Fallstudie

Uferbegleitende Gehölze tragen durch die damit verbundene Beschattung dazu bei, einem Anstieg der Wassertemperaturen entgegen zu wirken. Ein- oder beidseitige Gehölzsäume finden sich heute in den hier beispielhaft betrachteten Bundesländern nur noch an einem Drittel bis knapp der Hälfte der Gewässerstrecken kleiner und mittelgroßer Gewässer.

Die Stapelsäulen-Grafik zeigt zum aktuellen Zeitpunkt für die Länder Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen den Prozentanteil der Uferbewuchs-Kategorien "beidseitig Wald oder Galerie", "einseitig Wald oder Galerie", "beidseitig kein oder wenig Gehölz", "Sonderfälle" und "keine Daten" an der Lauflänge kleiner Fließgewässer.
WW-R-3: Uferbewuchs von kleinen und mittelgroßen Gewässern – Fallstudie

Die Stapelsäulen-Grafik zeigt zum aktuellen Zeitpunkt für die Länder Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen den Prozentanteil der Uferbewuchs-Kategorien "beidseitig Wald oder Galerie", "einseitig Wald oder Galerie", "beidseitig kein oder wenig Gehölz", "Sonderfälle" und "keine Daten" an der Lauflänge kleiner Fließgewässer. Der Anteil der Kategorie "beidseitig Wald oder Galerie" ist mit etwas mehr als 20 Prozent von den drei Ländern in Rheinland-Pfalz am höchsten, in Brandenburg mit knapp 14 Prozent am geringsten. In Brandenburg gibt es an mehr als 61 Prozent der Lauflänge "beidseitig kein oder wenig Gehölz.

Quelle: LfU Brandenburg LfU Rheinland-Pfalz LfULG Sachsen (Gewässerstrukturkartierung)
 

Mehr Beschattung kühlt die Gewässer

Natürliche und naturnahe Gewässerstrukturen bieten grundsätzlich günstigere Lebensbedingungen für Gewässerorganismen als strukturell stark veränderte Gewässer. Je reicher strukturiert die Gewässer sind, desto mehr unterschiedliche Kleinhabitate bieten sie, in welche die Gewässerlebewesen bei sich verändernden Lebensbedingungen ausweichen können. Mit Blick auf den ⁠Klimawandel⁠ und die damit verbundene Erhöhung der Wassertemperatur spielt der Uferbewuchs eine bedeutende Rolle.

Vor allem bei kleinen sowie mittleren und damit schmaleren Gewässern kann eine Beschattung durch gewässerbegleitende Gehölzvegetation dazu beitragen, dass sich das Wasser nicht zu stark erwärmt. Krautiger Uferbewuchs ist hingegen selbst bei kleinen Gewässern für die Beschattung von nur untergeordneter Bedeutung. Bei den größeren Fließgewässern hat die begleitende Ufervegetation zwar geringere Auswirkungen auf die Beschattung des gesamten Fließgewässerquerschnitts und die Kühlung, aber auch hier führt sie zu einer Diversifizierung und schafft kühlere, beschattete Uferbereiche, die in warmen Sommermonaten als Rückzugsräume für sensible Arten und damit zur Verbesserung der Lebensraumbedingungen dienen können.

Natürlicherweise wäre das Ufer fast aller kleinen und mittleren Gewässer mit Ufergehölzen wie Erlen, Weiden und Eschen bestanden. Durch bauliche Maßnahmen an und in Gewässern, die Intensivierung der ⁠Landnutzung⁠ bis in die Gewässerrandbereiche hinein und die Wasserkraftnutzung haben viele Gewässer allerdings ihre natürliche Ufervegetation verloren. Dieser stark veränderte Zustand wird durch regelmäßige Gewässerunterhaltungsmaßnahmen aufrechterhalten, um der natürlichen ⁠Sukzession⁠ entgegen zu wirken. Die Wiederherstellung vor allem von Ufergehölzen ist eine ⁠Anpassungsmaßnahme⁠ an den Klimawandel, mit der aktiv einer weiteren Erhöhung der Wassertemperaturen entgegengewirkt werden kann.

Die Bundesländer führen im Rahmen der Gewässerstrukturkartierung Erhebungen zu unterschiedlichen Strukturparametern durch, um damit die Naturnähe der Strukturen zu bestimmen. In den Ländern wird hierfür auch nach einheitlicher Methodik der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser der Bewuchs mit Ufergehölzen erfasst und bewertet. Die Kartierungsergebnisse fließen unterstützend in die Bewertung des ökologischen Zustandes der Gewässer im Rahmen der Umsetzung der EU-⁠Wasserrahmenrichtlinie⁠ (WRRL) ein.
 
Die jüngsten Kartierungsergebnisse der Gewässerstrukturkartierung der Landesumweltämter sind im ⁠Indikator⁠ für Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen dargestellt. Der Indikator fokussiert auf kleine und große Bäche sowie kleine Flüsse mit einer mittleren Mittelwasserspiegelbreite von bis zu 20 Metern, da hier begleitende Gehölze einen deutlichen Einfluss auf die Gewässertemperaturen haben. Die einseitig oder beidseitig mit Gehölzen bewachsenen Uferstrecken entsprechen in Brandenburg 35,1 %, in Rheinland-Pfalz 44,6 % und in Sachsen knapp 32,9 % der gesamten kartierten Uferstrecke. Der deutlich höhere Anteil in Rheinland-Pfalz liegt wesentlich darin begründet, dass hier 40,6 % der Landesfläche bewaldet sind, gegenüber knapp 35 % in Brandenburg und nur 22,3 % in Sachsen. Daher fließt ein größerer Anteil der Bäche und Flüsse durch bewaldetes Gebiet.

Da für den Beschattungseffekt durch einseitige Gehölzstreifen entscheidend ist, in welcher Himmelsrichtung sich dieser zum Gewässer befindet, bedeutet das Vorhandensein eines solchen Bewuchses nicht zwangsläufig eine zeitlich und räumlich ausgedehnte Beschattung. Hierfür wären differenziertere Analysen erforderlich. Zugleich lässt sich aus einem fehlenden Uferbewuchs nicht zwingend auf eine fehlende Beschattung rückschließen, da beispielsweise auch Bauwerke an Gewässerrändern den ⁠Wasserkörper⁠ beschatten können. Allerdings ist für solche Abschnitte auch davon auszugehen, dass die Gewässerstrecken insgesamt stark ⁠anthropogen⁠ verändert sind.

Zudem wird für die Anlage naturnaher Gewässerschutzstreifen diskutiert, ob ein lückenhafter Uferbewuchs mit einem natürlichen Wechsel beschatteter und sonniger Bereiche einer vollkommenen Beschattung („Grünverrohrung“) grundsätzlich vorzuziehen ist, da ein solcher Wechsel eher den natürlichen Strukturen entspricht. Eine in dieser Weise differenzierte Bewertung ist auf der Grundlage der derzeit verfügbaren Kartierergebnisse aber nicht möglich.

Die bisherigen Daten ermöglichen noch nicht die Darstellung von Zeitreihen, um Fortschritte bei der Wiederherstellung naturnaher gewässerbegleitender Gehölzsäume abzubilden. Hierzu bedarf es einer in Zukunft regelmäßigen Abfrage der Datenbanken der Gewässerstrukturkartierung. Eine Weiterentwicklung des Indikators ist außerdem erforderlich, um weitere Bundesländer einzubeziehen und die Daten ggf. nach den naturräumlichen Ausgangsbedingungen zusammenfassen und so den Handlungsbedarf spezifischer fassen zu können.

Es ist zu erwarten, dass weitere Renaturierungsbemühungen zur Wiederherstellung naturnäherer Gewässerstrukturen positive Effekte auf die Wassertemperaturen haben werden.

 

Ziele

Erreichung eines guten Zustandes der Oberflächengewässer (WRRL, Artikel 4 (1))

Erhöhung der Durchgängigkeit und Strukturvielfalt von Gewässern, Rückgewinnung und Redynamisierung von Flussauen (⁠DAS⁠, Kap. 3.2.3)

Bevorzugung von Maßnahmen in der WRRL, die die natürliche ⁠Anpassungsfähigkeit⁠ der Gewässer wie auch die Lebensraum- oder Habitatvielfalt unserer Gewässer erhalten oder stärken (DAS, Kap. 3.2.3)