Berichtsstandards

Inhaltsverzeichnis

 

Einheitliche EU-Standards für die Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichterstattung

Ein zentrales Element der novellierten CSRD sind einheitliche europäische Berichtsstandards, die Unternehmen bei der Erstellung ihrer Berichte anwenden müssen. Die „European Sustainability Reporting Standards“ (ESRS) werden als delegierte Rechtsakte durch die Europäische Kommission verabschiedet und damit in geltendes Recht überführt. Die Entwürfe werden von Expert*innengruppen bei der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) im Auftrag der Europäischen Kommission erarbeitet.

Die Berichtsstandards werden in mehreren Phasen entwickelt und verabschiedet:

  • Set 1: zwölf Berichtsstandards, zehn davon zu Nachhaltigkeitsthemen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance und zwei Standards mit übergreifenden Anforderungen; am 31. Juli 2023 als delegierte Verordnung der Europäischen Kommission verabschiedet, treten ab 2024 in Kraft;
  • Set 2: vereinfachte Berichtsstandards für börsengelistete kleine und mittlere Unternehmen, ggfs. Erweiterungen für Set 1; Veröffentlichung delegierter Rechtsakt bis 30.06.2024
  • Set 3 ff.: branchenbezogene Berichtsstandards und Berichtsstandards für Unternehmen aus Drittländern; Veröffentlichung delegierter Rechtsakt bis 30.06.2026 vorgesehen

Überblick Set 1 der EU-Nachhaltigkeitsberichtsstandards

 

Schaubild: Die Entwürfe umfassen 4 Bereiche: Übergreifende Standards, Umwelt, Soziales und Governance.
Überblick Set 1 der EU-Nachhaltigkeitsberichtsstandards
Quelle: Umweltbundesamt

Die im Set 1 enthaltenen und in der Abbildung dargestellten Berichtsstandards richten sich an alle Unternehmen im Anwendungsbereich der CSRD.

ESRS 1 enthält allgemeine Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung eines Unternehmens, definiert die Anwendungsregeln für die Standards, Struktur der Berichte und Berichtsprinzipien. Darunter fallen auch Vorgaben zur Wesentlichkeitsanalyse und dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit, der Einbeziehung von Stakeholdern bei der Bestimmung wesentlicher Themen, Erläuterungen zur Verbindung von unternehmerischen Sorgfaltspflichten mit den Berichtsanforderungen sowie Prinzipien zur Berichterstattung über Liefer- und Wertschöpfungsketten. Gemäß der vorgesehenen Anwendungsregeln können Unternehmen ganze Berichtsstandards auslassen, sofern sie die darin abgedeckten Nachhaltigkeitsthemen als unwesentlich bestimmen. Für als wesentlich deklarierte Themen sind die jeweiligen Berichtsstandards anzuwenden und gegebenenfalls auch darüberhinausgehende Informationen offenzulegen. Bestimmte Kennzahlen oder Datenpunkte können auch für wesentliche Themen ausgelassen werden, falls diese im Einzelfall unwesentliche Informationen erzeugen würden. Verpflichtend von allen Unternehmen im Anwendungsbereich der CSRD anzuwenden, sind die Anforderungen des Berichtsstandards ESRS 2 „General Disclosures“.

ESRS 2 enthält themenübergreifende Berichtsanforderungen. Offenzulegen sind unter anderem Governance-Strukturen sowie das Verhältnis von Strategie und Geschäftsmodell hinsichtlich Nachhaltigkeitsthemen. Zudem ist der Prozess zur Ermittlung wesentlicher nachhaltigkeitsbezogener Auswirkungen, Risiken und Chancen (sog. „impacts, risks and opportunities“ – IRO) zu beschreiben. ESRS 2 definiert darüber hinaus Mindestberichtsanforderungen (sog. „Minimum Disclosure Requirements“) zu Unternehmenspolitiken, Maßnahmen, Kennzahlen und Zielen, die Grundlage für die entsprechende Berichterstattung anhand der themenbezogenen Standards sind. ESRS 2 folgt sinngemäß einer von der “Task Force on climate-related financial disclosures” (TCFD) empfohlenen Struktur, wodurch Kompatibilität internationalen Berichtsstandards hergestellt werden soll. Diese Struktur gilt auch für die themenbezogenen ESRS.

Im Umweltbereich sind fünf themenbezogene Berichtsstandards vorgesehen:

ESRS E1 enthält Berichtsanforderungen zu ⁠Klimaschutz⁠, Klimaanpassung und Energie.

ESRS E2 enthält Berichtsanforderungen zur Umweltverschmutzung, insbesondere zur Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden sowie besorgniserregenden Stoffen.

ESRS E3 enthält Berichtsanforderungen zu Wasserverbräuchen und der Nutzung mariner Ressourcen.

ESRS E4 enthält Berichtsanforderungen zu ⁠Biodiversität⁠ und Ökosystemen, unter anderem zu ⁠Landnutzung⁠ und ⁠Landnutzungsänderung⁠, inklusive Entwaldung, invasiven Arten und weiteren Treibern für Biodiversitätsverlust sowie zum Zustand von Arten und Ökosystemen.

ESRS E5 enthält Berichtsanforderungen zu Ressourcennutzung und Circular Economy, insbesondere zu Materialien und deren zirkulären Verwendung, Produkten des Unternehmens und zirkulären Verwendungsmöglichkeiten sowie Abfällen.

Branchenspezifische Berichtsstandards

Zusätzlich zu den Berichtsstandards, die sich an alle Unternehmen im Anwendungsbereich der CSRD richten, sollen in Zukunft auch konkretisierende branchenspezifische Standards verabschiedet werden. EFRAG hat mit der Erarbeitung der Berichtsstandards für erste Branchen begonnen.

Berichtsstandards für kleine und mittlere Unternehmen

In den Anwendungsbereich der CSRD fallen ab dem Jahr 2026 kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen. Damit diese nicht unangemessen von den Berichtspflichten belastet werden, sollen sie vereinfachte Berichtsstandards nutzen und die Anwendung bis 2028 aufschieben können. Diese Berichtsstandards werden von EFRAG derzeit erarbeitet und sollen von der Europäischen Kommission bis zum 30.06.2024 als delegierter Rechtsakt verabschiedet werden. Die Inhalte der Berichtsstandards begrenzen zudem die Informationen, die große berichtspflichtige Unternehmen von kleinen und mittleren Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette einholen dürfen (sog. „value chain cap“).

Für kleine und mittlere Unternehmen, die nicht in den Anwendungsbereich der CSRD fallen, aber aufgrund ihrer Geschäftsbeziehungen mit größeren Unternehmen Anfragen zu Nachhaltigkeitsinformationen erhalten können, wird ein freiwilliger, stark vereinfachter und modular aufgebauter Berichtsstandard von EFRAG entwickelt.

Erarbeitungsprozess der Standards

Bei der Erarbeitung der EU-Nachhaltigkeitsberichtsstandards kommt der Europäischen Beratungsgruppe für Rechnungslegung (European Financial Reporting Advisory Group – EFRAG) eine zentrale Rolle zu. EFRAG’s Arbeit konzentrierte sich ursprünglich auf die Mitarbeit an und Bewertung von internationalen Rechnungslegungsstandards. Im Zuge der Novelle der CSR-Richtlinie erhielt EFRAG seitens der Europäischen Kommission (Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion – FISMA) ein Mandat, vorbereitende Arbeiten für die EU-Nachhaltigkeitsberichtsstandards durchzuführen und ein ordentliches Verfahren (sog. „due process“) zur Entwicklung dieser Standards einzuführen.

EFRAG hat im März 2022 zwei Gremien eingerichtet, die „Sustainability Reporting Technical Expert Group“ (SR TEG) und das „Sustainability Reporting Board“ (SRB), die für den Standardentwicklungsprozess verantwortlich sind. Beide Gremien sind mit Vertreter*innen verschiedener Stakeholdergruppen besetzt. In der Praxis werden erste Entwürfe für Standards durch das EFRAG-Sekretariat vorbereitet, von der SR TEG diskutiert und abgeändert und anschließend im SRB diskutiert und beschlossen. Für jeden Standard sehen die Verfahrensregeln auch eine öffentliche Konsultation vor. Abweichend davon wurden die vorbereitenden Arbeiten für das Set 1 an Berichtsstandards von einer Projekt-Task Force übernommen, die im Juni 2021 parallel zu den Verhandlungen zur Überarbeitung der CSR-Richtlinie ihr Arbeit aufnahm. Das Arbeitsergebnis der Task Force wurde im April 2022 an die EFRAG-Gremien übergeben und zur öffentlichen Konsultation gestellt. Das SRB hat mit Unterstützung der SR TEG daraufhin die Entwürfe finalisiert und am 23.11.2022 an die Europäische Kommission übergeben. Die Europäische Kommission hat die Standards nach Konsultation verschiedener EU-Institutionen, der EU-Mitgliedstaaten und der Öffentlichkeit noch einmal angepasst und am 31. Juli 2023 verabschiedet. In diesem letzten Schritt wurden zahlreiche Erleichterungen für die berichtspflichtigen Unternehmen eingeführt.

 

Internationale Nachhaltigkeitsberichtsstandards

Auch auf internationaler Ebene gibt es Bestrebungen zu einheitlichen Nachhaltigkeitsberichtsstandards für Unternehmen.

Die ehemalig stark fragmentierte Landschaft an Nachhaltigkeitsberichtsstandards für Unternehmen wurde durch die Gründung des „International Sustainability Standards Board“ (ISSB) im November 2021 bei der „International Financial Reporting Standards“ (IFRS)-Stiftung weitgehend konsolidiert. Die ehemaligen Standardsetzer „Sustainability Accounting Standards Board“ (SASB), „International Integrated Reporting Council“ (IIRC) und das „Climate Disclosure Standards Board“ (CDSB) sind in der IFRS-Stiftung aufgegangen. Das ISSB hat zwei Standards für die Berichterstattung nachhaltigkeitsbezogener Finanzinformationen entwickelt, die sich insbesondere an die Kapitalmärkte richten. Der Standard IFRS S1 enthält generische und themenübergreifende Berichtsanforderungen und der Standard IFRS S2 Anforderungen zur Offenlegung klimabezogener Finanzinformationen. In Zukunft sollen Berichtsstandards zu weiteren Themen folgen. Die Anwendung von IFRS S1 und S2 ist freiwillig.

Demgegenüber besteht die Global Reporting Initiative (GRI) fort. Die GRI entwickelt bereits seit 25 Jahren Nachhaltigkeitsberichtsstandards für Unternehmen und andere Organisationen. Im Fokus der GRI-Standards stehen die Auswirkungen einer Organisation auf Umwelt, Menschen und Wirtschaft. Die nach GRI berichteten Informationen sollen folglich an die Vielzahl von Stakeholdern eines Unternehmens gerichtet sein. Die Anwendung der GRI-Standards ist freiwillig. Die GRI-Standards sind ähnlich der neuen EU-Nachhaltigkeitsberichtsstandards aufgebaut und enthalten generische, themenbezogene und branchenspezifische Berichtsanforderungen. Die IFRS-Stiftung und GRI haben im März 2022 eine Absichtserklärung unterzeichnet ihre Arbeiten zu koordinieren.

Die europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards sind kompatibel mit den Standards der IFRS-Stiftung und denen der GRI. Die ESRS folgen dabei dem Prinzip der „doppelten Wesentlichkeit“. Dies beinhaltet sowohl eine Berichterstattung über die aus finanzieller Sicht wesentlichen Nachhaltigkeitsinformationen (Fokus der IFRS-Standards) als auch über die wesentlichen Auswirkungen eines Unternehmens auf Umwelt, Menschenrechte und weitere Sozialbelange (Fokus der GRI-Standards).

 

Nationales Gremium beim DRSC e.V.

Auf nationaler Ebene hat das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee e.V. (DRSC), der nationale Standardsetzer auf dem Gebiet der Konzernrechnungslegung, sein Aufgabenspektrum erweitert und im Dezember 2021 einen Fachausschuss Nachhaltigkeitsberichterstattung eingesetzt. Über diesen Fachausschuss möchte sich das DRSC in die internationalen und europäischen Aktivitäten zur Entwicklung von Nachhaltigkeitsberichtsstandards einbringen. Der Fachausschuss ist vornehmlich mit Unternehmensvertreter*innen besetzt. Das ⁠UBA⁠ ist als Beobachter vertreten.

Das DRSC informiert auf seiner Website laufend über Neuigkeiten aus dem Bereich der Unternehmensberichterstattung.

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