Umweltaspekte bei Verabreichung von Tierarzneimitteln

Foto: Kurz vor Verabreichung eines Tierarzneimittels am Rind mittels einer Injektion.zum Vergrößern anklicken
Verabreichung eines Tierarzneimittels

Bei der Verabreichung von Tierarzneimitteln können Sorgfalt und Hygiene deren Verschleppung in die Umwelt reduzieren.

Quelle: Budimir Jevtic / Fotolia.com

Bei der Verabreichung von Tierarzneimitteln ist besondere Sorgfalt geboten damit jedes zu behandelnde Tier die richtige Dosis des Medikaments erhält und der Arbeitsschutz für in der Tierhaltung tätige Menschen eingehalten wird. Die Verabreichung ist durch eine Vielzahl von Vorschriften geregelt und muss auf einer vorhergehenden tierärztlichen Untersuchung und Verordnung des Medikamentes basieren.

Inhaltsverzeichnis

 

Handlungshinweise zur Verabreichung von Tierarzneimitteln

Bei der Verabreichung von Tierarzneimitteln können diese auch in die Umwelt gelangen. Es gibt verschiedene Handlungsmöglichkeiten, um den Eintrag von Tierarzneimitteln in die Umwelt zu verringern, und betriebsspezifische Möglichkeiten, um die Auswirkungen auf die Umwelt möglichst gering zu halten. Werden Arzneimittel z. B. tierindividuell verabreicht, kann die Gesamteinsatzmenge für den Bestand in der Regel verringert werden.

Der Tierarzt oder die Tierärztin legt die Dosierung, den Zeitpunkt und die Dauer der Tierarzneimittelanwendung fest. Um den Therapieerfolg sicherzustellen und damit eine Nachmedikation zu vermeiden, ist es notwendig, diese Vorgaben präzise einzuhalten. Insbesondere bei der Gabe von Antibiotika kann bei korrekter Verabreichung, z. B. durch Einhaltung der vorgegebenen Therapiedauer und Dosis, zur Reduzierung des Risikos von Antibiotikaresistenzen beigetragen werden.

Infografik: Umwelt-Checkliste für den Einsatz von Tierarzneimitteln

 

Verschleppung von Tierarzneimitteln vermeiden

Tierarzneimittel können auch auf direktem Weg unerwünscht in die Umwelt gelangen. Diese sogenannten Verschleppungen von Tierarzneimitteln sind eine unnötige Verschwendung, da die Arzneimittel keinen therapeutischen Nutzen für die erkrankten Tiere haben, unerwünschte Nebenwirkungen auslösen können, die Gesundheit von Anwendern und Anwenderinnen gefährden können und die Umwelt belasten. Die Verschleppung von Antibiotika fördert zudem die Entwicklung von Resistenzen bei Mensch, Tier und in der Umwelt.

Die Leitlinie „Orale Anwendung von Tierarzneimitteln im Nutztierbereich“enthält wertvolle Hinweise, was vor, während und nach der oralen Verabreichung von Tierarzneimitteln über das Futter oder die Tränke zu beachten ist. Ein HACCP-Konzept (Hazard Analysis Critical Control Point, Deutsch: Risiko-Analyse kritischer Kontroll-Punkte) kann darüber hinaus die Identifizierung betrieblicher Risiken der Arzneimittelverschleppung unterstützen. Mögliche Tierarzneimittelrückstände in Gülle, Abwasser oder in Lebensmitteln sollten im HACCP-Konzept aufgenommen werden. Das Konzept muss in Zusammenarbeit mit der Tierärztin oder dem Tierarzt erstellt werden.

Verschleppung durch Staub

Bei oraler Medikamentengabe über trockenes Futter und dem Mischen von Tierarzneimittelpulver mit dem Futter entsteht Staub. Dieser Staub trägt zur Wirkstoffverschleppung in die Umwelt und auf andere Tiere bei. Untersuchungen bestätigten, dass auch die Tiere einer Bucht, die nicht behandelt wurden, nach einigen Behandlungstagen den Wirkstoff oder seine Abbauprodukte ausschieden. Ebenso sind Menschen dem wirkstoffdurchsetzten Staub ausgesetzt. Diese Verschleppung wird durch die Verwendung von granulatförmigen Tierarzneimitteln (Pellets) verringert. Auf die Verordnung von Granulat statt Pulver kann der Tierarzt/-ärztin gezielt angesprochen werden (siehe: Umweltaspekte bei Verordnung von Tierarzneimitteln). Die Wirkstoffverschleppung wird zudem durch das langsame, staubvermeidende Mischen von Futter und Tierarzneimittel und die Nutzung geschlossener Dosierautomaten verringert.

Verschleppung durch Spülwasser

Insbesondere bei oraler Gabe kommen Geräte und Einrichtungen wie Tröge, Rohre, Schaufeln oder Eimer mit dem Tierarzneimittel in Berührung. Verschleppungen auf andere Tiere können durch die vollständige Entleerung der Fütterungs- und Transportsysteme, sowie anschließende ordnungsgemäße Reinigung vermieden werden.

Nach der Verabreichung des Tierarzneimittels über das Tränkwasser können die Wirkstoffe beim Spülen der Leitungen in die Umwelt gelangen (siehe: Tränkwasserversorgung im Stall). Tränkensysteme mit Ringleitungen verringern Verschleppungen, da sie weniger Spülwasser als Stichleitungen benötigen. Die Verwendung von Dosierbottichen oder die Installation einer separaten Leitung für tierarzneimittelhaltiges Tränkwasser sind weitere Alternativen zur Reduzierung von Verschleppung. Nach der oralen Verabreichung von Tierarzneimitteln sollten die tierarzneimittelhaltigen Reste von Futter und Tränkwasser sowie das Reinigungswasser umweltverträglich entsorgt werden. Notfalls kann das Reinigungswasser der Gülle beigemengt werden.

Verschleppung durch Anhaftung

Tierarzneimittel können durch Anhaftungen an Kleidung und Arbeitsgeräten verschleppt werden. Hygiene und günstige Arbeitsabläufe verringern nicht nur die Verschleppung von Tierarzneimitteln sondern auch die Übertragung von Krankheiten und schützen die im Stall arbeitenden Menschen.

Zur Verminderung der Verschleppung kann die getrennte Haltung der behandlungsbedürftigen Tiere beitragen. Ergänzend empfiehlt es sich, die Arbeitsabläufe von den gesunden zu den kranken Tieren hin zu organisieren und die Tierarzneimittelgabe als letzten Arbeitsschritt vor der Reinigung von Geräten und Kleidung einzuplanen.

Der positive Umwelteffekt der Getrennthaltung wird durch die Verwendung separater Arbeits- oder Schutzkleidung und Geräte (z. B. Schaufel, Litermaß, Schneebesen) sowie deren Markierung verstärkt.

Verschleppung durch produktionsfremde Tiere

Auch Tiere im Stall wie Hunde, Katzen, Vögel oder Schadnager tragen zur Verschleppung bei und können selbst durch die Aufnahme von Tierarzneimitteln Schaden nehmen. Die Bekämpfung von Schadnagern und ein Fernhalten produktionsfremder Tiere kann die Verschleppung vermeiden.

Verschleppung durch Tierprodukte während der Wartezeit

Muss nach Gabe von Arzneimitteln eine Wartezeit eingehalten werden, fällt bei Milchkühen Sperrmilch an. Diese Milch sollte nicht vertränkt werden (siehe: Reduktion tierarzneimittelhaltiger Sperrmilch).

 

Sorgfältige Dokumentation der Tierarzneimittelgabe

Jede Gabe von Tierarzneimitteln kann durch ein verbessertes Gesundheitsmanagement verringert werden. Um Verbesserungsmöglichkeiten der derzeitigen Praxis zu identifizieren, muss jede Tierarzneimittelgabe sorgfältig im Rahmen der bereits bestehenden Dokumentationspflichten dokumentiert werden. Dies hilft dem Tierarzt oder der Tierärztin, betriebsspezifische Empfehlungen zu entwickeln und Wirkverluste frühzeitig zu erkennen. Auswertung und Interpretation der Dokumentation helfen, Schwachstellen im Gesundheitsmanagement aufzudecken und so den Einsatz von Tierarzneimitteln und deren Eintrag in die Umwelt zu reduzieren (siehe: Erweitertes Gesundheitsmonitoring in der Tierproduktion)

 

Nebenwirkungen melden

Treten bei den behandelten Tieren Nebenwirkungen auf oder bessern sich die Krankheitssymptome nicht, sollte unverzüglich die Tierärztin oder der Tierarzt kontaktiert werden. Eine rasche Rücksprache ist nicht nur für den Genesungseffekt der Tiere wichtig, sondern birgt auch einen Vorteil für die Umwelt. So kann – nach Rücksprache mit dem Tierarzt/-ärztin – die Therapie umgehend angepasst werden und der unnötige Eintrag von Tierarzneimitteln in die Umwelt verhindert werden. (siehe auch: Umweltaspekte bei Verordnung von Tierarzneimitteln, Abschnitt Begleitende Beratungen zur Verordnung von Tierarzneimitteln)

Umweltnebenwirkungen beobachten und melden

Auch wenn die Verabreichung des Tierarzneimittels ohne Verschleppung durchgeführt wird, gelangen Wirkstoffe und ihre Abbauprodukte über die Tierausscheidungen in die Umwelt (siehe: Eintrag und Vorkommen von Tierarzneimitteln in der Umwelt). Für viele Wirkstoffe sind die Umweltnebenwirkungen noch unbekannt, weshalb es von großer Bedeutung ist, Verdachtsfälle zu melden (siehe dazu: Öko-Pharmakovigilanz). Ein Beispiel für Umweltnebenwirkungen ist der verminderte Dungabbau auf der Weide im Zusammenhang mit einer vorangegangenen Antiparasitika-Behandlung. Dieser deutet darauf hin, dass ein eingesetztes Arzneimittel negative Auswirkungen auf Käfer oder Mikroorganismen hat, die den Dung verwerten. Auch eine Verfärbung von Pflanzen oder deren eingeschränktes Wachstum nach dem Ausbringen von tierarzneimittelhaltigem Wirtschaftsdünger kann eine Umweltnebenwirkung darstellen (siehe: Umweltwirkungen von Tierarzneimitteln). Umweltnebenwirkungen durch Tierarzneimittelrückstände werden in Forschungsprojekten untersucht, wodurch das Wissen über Auswirkungen von Tierarzneimitteln auf die Umwelt verbessert wird (siehe: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/verhalten-von-tetrazyklinen...).

Infografik: Effekte von Tierarzneimitteln auf Nichtzielorganismen

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