TOU-I-7: Präferenz von Urlaubsreisezielen

Das Bild zeigt einen Ostseestrand mit zahlreichen Strandkörben und dem Meer bei strahlendem Wetter.zum Vergrößern anklicken
Die deutschen Strände könnten dem Mittelmeerraum den Rang ablaufen, wenn es dort immer heißer wird
Quelle: Konstanze Schönthaler / Bosch & Partner GmbH

Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

TOU-I-7: Präferenz von Urlaubsreisezielen

Im Reiseverhalten der Deutschen spiegeln sich bislang wenige der möglichen mit dem ⁠Klimawandel⁠ assoziierten Entwicklungen. Die Marktanteile des Inlandstourismus sowie des Mittelmeerraums sind stabil. Für Westeuropa und Skandinavien als möglichen Profiteuren klimatischer Veränderungen zeichnet sich nach einer längeren Phase mit rückläufiger Entwicklung ein langsamer Anstieg des Marktanteils an Urlaubsreisen ab.

Zwei Linien stellen die Marktanteile der Urlaubsreisen zu europäischen Reisezielen, konkret ans Mittelmeer sowie nach Skandinavien und Westeuropa dar. In einer Stapelsäulen-Darstellung werden auf einer Sekundärachse die prozentualen Marktanteile der Urlaubsreisen nach Deutschland beziehungsweise ins Ausland abgebildet.
TOU-I-7: Präferenz von Urlaubsreisezielen

Zwei Linien stellen die Marktanteile der Urlaubsreisen zu europäischen Reisezielen, konkret ans Mittelmeer sowie nach Skandinavien und Westeuropa dar. Die Werte sind für das Startjahr 1997 auf 100 gesetzt und für die Folgejahre bis 2017 indexiert dargestellt. Für das Mittelmeer gibt es einen signifikant steigenden, für Skandinavien und Westeuropa einen quadratisch steigenden Trend. In einer Stapelsäulen-Darstellung werden auf einer Sekundärachse die prozentualen Marktanteile der Urlaubsreisen nach Deutschland beziehungsweise ins Ausland abgebildet. Der Marktanteil für Deutschland bewegt sich um die 30 Prozent; die Zeitreihe zeigt einen quadratisch abnehmenden Trend. Der Marktanteil des Auslands liegt um die 70 Prozent; die Zeitreihe zeigt einen quadratisch steigenden Trend.

Quelle: Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. (Reiseanalyse)

Verändern die Deutschen ihr Reiseverhalten?

Der ⁠Klimawandel⁠ ist neben dem demographischen Wandel, der Ferienzeitregelungen, Kaufkraft und verfügbarer Freizeit, politischen Krisen, zunehmendem Konkurrenzdruck, steigender Preissensibilität und Anspruchshaltung eine der Kräfte, die das nationale und internationale Reiseverhalten der Deutschen langfristig beeinflussen werden. Urlauberinnen und Urlauber aus Deutschland sind vielseitig interessiert und probieren gern neue und andere Reiseangebote aus. Reisende werden ihre Reisegewohnheiten zukünftig immer wieder verändern, möglicherweise auch als Folge sich ändernder Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse. Eine repräsentative Umfrage aus dem Jahr 2013 ergab, dass mehr als 22 % der deutschen Touristen ihre Reisepläne an steigende Temperaturen anpassen und in kühlere Regionen ausweichen wollen.78 In der repräsentativen Bevölkerungsumfrage "Umweltbewusstsein in Deutschland" I gaben im Jahr 2012 gut die Hälfte der Befragten an, ihre Freizeit- oder Urlaubsplanung umzustellen und beispielsweise anstrengende Aktivitäten bei Hitze oder heiße Urlaubsregionen zu meiden, 2014 und 2016 waren es schon mehr als zwei Drittel der Befragten.

Traditionell stehen der Strandurlaub, Baden und Sonne-Tanken unangefochten an erster Stelle in der schönsten Zeit des Jahres. 29 % aller Auslandsurlaube wurden im Jahr 2010 in erster Linie hierfür unternommen.79 Es verwundert daher nicht, dass das Mittelmeer für die Deutschen das beliebteste Ziel für längere Urlaube von mehr als fünf Tagen Dauer ist.

Vor allem für den sommerlichen Strandurlaub im Süden und damit für die Mittelmeerregion als das „klassische“ Ziel werden negative Folgen des Klimawandels erwartet, so können mediterrane Ziele künftig als weniger geeignet für den Sommerurlaub erscheinen, wenn z. B. für Urlauber bei Hitzewellen und Dürren häufiger Verhältnisse jenseits der thermischen Behaglichkeit herrschen, ausbleibende Niederschläge die Wasserversorgung erschweren und die Gefahr von Waldbränden steigt. Dagegen wird u. a. angenommen, dass die Reiseziele in Mittel- und Nordeuropa in den Sommermonaten von den klimatischen Veränderungen profitieren könnten, wenn höhere Temperaturen und geringere Niederschläge die Attraktivität der dortigen Badeziele erhöhen und die Sommersaison länger andauert. Statistische Modellierungen zur Entwicklung des Tourismus in Europa kommen zu dem Ergebnis, dass für bislang kühlere Länder und in höher gelegenen Destinationen zum einen mit einer zunehmenden Zahl internationaler Gäste zu rechnen ist. Es könnte auch zu einer Zunahme des Inlandstourismus kommen, wenn sich die touristische Nachfrage vom Ausland hin zu inländischen Reisezielen verschiebt.80

In ausreichend hohen Lagen können in Nordeuropa auch Vorteile für den Wintersporttourismus entstehen. Mit zunehmenden Niederschlags- und damit Schneemengen in der Wintersaison bleibt die Schneesicherheit Skandinaviens höher als in vielen Teilen der Alpen. Damit kann die Region möglicherweise Marktanteile im alpinen und nordischen Skisport gewinnen, wenn traditionelle Wintersportorte in Deutschland, aber auch niedriger gelegene Skigebiete in Österreich wegen rückläufiger Schneesicherheit zukünftig unattraktiver für den Winterurlaub werden.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass großräumige klimabedingte Änderungen im Reiseverhalten der Deutschen erst langfristig sichtbar werden. Zum einen verläuft die klimatische Entwicklung nicht kontinuierlich, sondern ungünstige ⁠Wetter⁠- und Witterungsbedingungen stellen sich unregelmäßig ein. Erst wenn die Urlauberinnen und Urlauber häufiger und regelmäßiger negative Erfahrungen mit den lokalklimatischen Bedingungen machen, ist mit Auswirkungen auf das Reiseverhalten zu rechnen. Zum anderen besteht für die Urlaubssuchenden dann immer noch die Option, sich innerhalb des Mittelmeerraums an die geänderten Verhältnisse anzupassen. Sie könnten beispielsweise zu einem anderen Zeitpunkt reisen, wenn die heißen Sommertemperaturen in der bisherigen Hochsaison zu hoch werden. Zudem haben sie die Möglichkeit, innerhalb des Mittelmeerraums andere Ziele zu wählen. So wird beispielsweise für Südfrankreich ein langsamerer Anstieg der Temperaturen erwartet als etwa für Südspanien oder die nordafrikanische Küste.

Bislang zeigt das Reiseverhalten der Deutschen keine mit dem Klimawandel assoziierten Entwicklungen. Der Mittelmeerraum ist für deutsche Urlauberinnen und Urlauber nach wie vor die attraktivste Reiseregion. Von kleineren Schwankungen abgesehen liegt ihr Marktanteil seit Jahren stabil in einer Größenordnung von ca. 35 %. Auch der Marktanteil der Inlandsurlaube von ca. 30 % zeigt im betrachteten Zeitraum nur geringe Veränderungen. Im Vergleich dazu ziehen die Regionen Skandinavien mit ca. 3 % sowie Westeuropa, d. h. die britischen Inseln, die nicht am Mittelmeer gelegene Regionen Frankreichs, die Niederlande, Österreich und die Schweiz mit zuletzt ca. 14 % deutlich weniger deutsche Urlauber an. Nur für diese Regionen ist im Übrigen in den vergangenen Jahren ein Trend zu verzeichnen: Das Interesse an einem Urlaub in Westeuropa und Skandinavien ging seit 1997 signifikant zurück.

78 - Schwirplies C. & Ziegler A. 2013: Are German Tourists Environmental Chameleons? A Micro-econometric Analysis of ⁠Adaptation⁠ to Climate Change. Joint Discussion Paper Series in Economics by the Universities of Aachen – Gießen – Göttingen – Kassel – Marburg – Siegen, Nr. 34/2013, Marburg, 26 S.

79 - S. Endnote Nr. 68.

80 - Hamilton J. & Tol R.S.J. 2007: The impact of climate change on tourism in Germany, the UK and Ireland: a simulation study. Regional Environmental Change, Jg. 2007, H. 7: 161–172.

I - s. Fußnote S. 207

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