TOU-I-6: Saisonale Übernachtungen in deutschen Tourismusgebieten

Das Bild zeigt die Großaufnahme einer Wanderschuhsohle. Die Person geht durch herbstliches Laub.zum Vergrößern anklicken
Frühjahr und Herbst könnten zukünftig wichtiger für die deutschen Tourismusregionen werden.
Quelle: sasun Bughdaryan / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

TOU-I-6: Saisonale Übernachtungen in deutschen Tourismusgebieten

Die Tourismuswirtschaft weist in den Alpen, im Alpenvorland und an der Küste schwerpunktmäßig in der Hauptsaison hohe Übernachtungszahlen auf. In anderen Tourismusgebieten verteilen sich die Gästezahlen gleichmäßiger über das Jahr. An der Küste ist ein Trend zu mehr Buchungen in der Nebensaison zu verzeichnen.

Das Linien-Diagramm bildet das Verhältnis der Übernachtungen in der Nebensaison (III-V, X) und in der Hauptsaison (VI-IX) ab.
TOU-I-6: Saisonale Übernachtungen in deutschen Tourismusgebieten

Das Linien-Diagramm bildet das Verhältnis der Übernachtungen in der Nebensaison (III-V, X) und in der Hauptsaison (VI-IX) ab. Der Wert 1 bedeutet eine Gleichverteilung. Die Darstellung ist differenziert für die Küste, die Mittelgebirge, die Alpen und das Alpenvorland, die urbanen Gebiete sowie übrige Gebiete. Die Zeitreihe reicht von 2006 bis 2017. Alle Linien verlaufen auf Werte unter 1. Die Linien schneiden sich nicht. Die niedrigsten Werte hat die Linie Küste (mit signifikant steigendem Trend), darüber folgt die Linie Alpen und Alpenvorland (ohne Trend), dann die Linie übrige Gebiete (ohne Trend), dann die Linien Mittelgebirge (ohne Trend), zuletzt die Linie urbane Gebiete (mit signifikant fallendem Trend). Keine der Lienen zeigt aber größere Bewegungen.

Quelle: StBA (Monatserhebung im Tourismus)
 

Verschieben sich die Urlaubszeiten?

Mit der Änderung der klimatischen Verhältnisse gehen für die Tourismusregionen in Deutschland Veränderungen ihrer Standortfaktoren einher. Während damit z. B. für den klassischen Wintertourismus überwiegend Risiken verbunden sind, wird angenommen, dass in den warmen Monaten des Jahres sowohl Chancen als auch Risiken für die Urlaubsziele in Deutschland erwachsen können. Der erwartete Anstieg der Temperaturen und die geringeren Niederschläge vom Frühling bis in den Herbst sowie eine Zunahme von thermisch komfortablen Bedingungen, vor allem in den höheren Gebirgslagen sowie in den Küstenregionen, können sich insgesamt günstig auswirken. Urlaubsregionen könnten von diesen Veränderungen z. B. durch steigende Zahlen von Urlauberinnen und Urlaubern in der bisherigen Nebensaison oder eine verlängerte Sommersaison profitieren. Die Witterungsveränderungen bergen auf der anderen Seite neue Risiken wie ⁠Dürre⁠ und vermehrte Algenbildung in Badegewässern.

Besonders sensibel gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels sind in positiver wie in negativer Hinsicht Destinationen, die vorrangig wegen wetter- bzw. witterungsabhängigen Aktivitäten ausgewählt werden und eine starke jahreszeitliche Bindung aufweisen. Dies gilt für alle Reiseregionen in Deutschland, wobei Destinationen, die besonders durch Städte- und Kulturtourismus geprägt sind, weniger betroffen sein werden. Der Tourismus an der Küste ist in Deutschland überwiegend in der Hauptreisezeit von Juni bis September nachgefragt. In diesem Zeitraum werden dort bisher annähernd doppelt so viele Übernachtungsgäste gezählt wie in der Nebensaison.

Auch in der Tourismusregion Alpen und Alpenvorland ist die Bedeutung der Hauptsaison von Juni bis September für den Übernachtungstourismus sehr hoch. Die touristische Bedeutung der Wintersaison in den Alpen manifestiert sich stärker im Tagestourismus und der damit verbundenen hohen Wertschöpfung vor allem in den Skigebieten. An den jährlichen Übernachtungen hat die Wintersaison nur einen Anteil von etwas mehr als 20 %.

Die weiteren Tourismusregionen, d. h. die Mittelgebirgsregionen, die urbanen Gebiete und alle übrigen Regionen, weisen bezogen auf die Übernachtungszahlen eine deutlich gleichmäßigere Nachfrage im Jahresverlauf auf. Vor allem der Tourismus in den urbanen Gebieten ist in hohem Maße saisonunabhängig. Diese Regionen profitieren davon, dass die dort vorhandenen Angebote weniger abhängig von ⁠Wetter⁠ und ⁠Witterung⁠ sind und ganzjährig genutzt werden können. Hierzu zählen z. B. Kulturreisen, der Wellnesstourismus und andere themenbezogene Reisen.

In allen deutschen Tourismusregionen hat die Zahl der Übernachtungen in den vergangenen Jahren zugenommen, am stärksten in den urbanen Gebieten. Die Zuwächse der Übernachtungszahlen verteilen sich bislang gleichmäßig auf Haupt-, Neben und auch Wintersaison. Ein signifikanter Trend zur Verschiebung der saisonalen Nachfrage lässt sich bislang nicht feststellen. Für eine Interpretation der Zahlen im Zusammenhang mit den klimatischen Veränderungen ist im Übrigen grundsätzlich Vorsicht angebracht, denn die Zahl der Übernachtungen in deutschen Reisegebieten ist von sehr vielen Faktoren und keineswegs nur von den klimatischen Bedingungen und deren Veränderungen abhängig.

Im Rahmen eines durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (⁠BMBF⁠) geförderten Projekts wurden 2009 die Möglichkeiten einer nachhaltigen Tourismusentwicklung unter den Vorzeichen des Klimawandels für Pilotregionen an der Küste und in Mittelgebirgsregionen untersucht. Die Ergebnisse zeigen u. a., dass Auswirkungen des Klimawandels bislang nur wenig wahrgenommen werden und das Thema Anpassung im Tourismus deswegen noch keine wichtige Rolle spielt. Eine grundsätzliche Bereitschaft, sich mit dem Thema ⁠Klimawandel⁠ zu beschäftigen, ist zwar durchaus vorhanden, noch liegt der Schwerpunkt aber im Bereich ⁠Klimaschutz⁠, der als Chance genutzt wird, um für touristische Angebote ein umweltfreundliches und innovatives Image zu erzeugen.77

77 - Matzarakis A., Möller A., Kreilkamp E., Carstensen I., Bartels C., Burandt S., Endler C. 2009: Anpassungsstrategien zum Klimawandel touristischer Pilotdestinationen in Küsten- und Mittelgebirgsregionen. In: Mahammadzadeh M., Biebeler H., Bardt H. 2009: Klimaschutz und Anpassung an die ⁠Klimafolgen⁠ – Strategien, Maßnahmen und Anwendungsbeispiele. Institut der deutschen Wirtschaft Medien GmbH, Köln: 253–262.

 

Schnittstellen

TOU-I-2: Übernachtungen im touristischen Großraum Küste

TOU-I-5: Übernachtungen in Wintersportorten

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