Umwelthaftungs- und Umweltschadensrecht

ölverschmierter toter Vogel am Meeresuferzum Vergrößern anklicken
Die Folgen von Umweltschäden sind sehr drastisch.
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Das Umweltrecht dient vorwiegend dem Zweck, eine Schädigung der Umweltgüter erst gar nicht eintreten zu lassen. Sollte dennoch ein Umweltschaden oder eine Schädigung einer Person über Umweltmedien eintreten, so hat das Recht auch auf diese Fälle zu reagieren. Hier helfen die Vorschriften des Umwelthaftungs- und Umweltschadensrechts sowie des Umweltstrafrechts.

Inhaltsverzeichnis

 

Umwelthaftungsrecht und Umweltschadensrecht

Die Umwelthaftung ist ein Instrument des Umweltschutzes zur Prävention und Kompensation von Umweltschäden. Sie fördert die Eigenverantwortung der (Wirtschafts-)Akteure. Bei sachgerechter Gestaltung schafft das Umwelthaftungsrecht ökonomische Anreize, den Eintritt von Schäden zu verhindern, und ermöglicht die verursachergerechte Kompensation eingetretener Schäden.

Der Gesetzgeber kann das Umwelthaftungsrecht öffentlich-rechtlich und privatrechtlich gestalten. Privatrechtlich geht es um Ersatz der Schäden an Leben, Körper, Gesundheit oder Eigentum von Personen, die diese vermittelt über Umweltmedien durch das Verhalten anderer Personen erleiden. Diese Schäden erfasst vor allem das Umwelthaftungsgesetz vom 19.12.1990. Daneben existieren Normen, die den Verursacher eines Umweltschadens verpflichten, den Schaden an Umweltgütern selber zu beseitigen, selbst falls diese nicht im Eigentum einer Person stehen. Diese Normen ermöglichen es den Behörden, notfalls auch mit Zwangsmitteln gegen den Verursacher vorzugehen und ihn zur Beseitigung zu veranlassen. Solche Vorschriften sind im Umweltschadensgesetz enthalten, das am 14.11.2007 in Kraft getreten ist.

Die Entwicklung der Umwelthaftung auf der EU-Ebene sowie eine kompakte Darstellung der Voraussetzungen und Rechtsfolgen bei der praktischen Anwendung des Umweltschadensgesetzes finden Sie in der Präsentation „Umweltschutz durch Umwelthaftung – Das Umweltschadensgesetz“.

Das Umweltbundesamt befasst sich seit vielen Jahren mit der Weiterentwicklung der Umwelthaftung auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene.

 

Umwelthaftung im internationalen Recht

Das internationale Recht der Umwelthaftung gewinnt in der Diskussion um eine bessere internationale Umsetzung und Beachtung von Umweltstandards zunehmend an Bedeutung. Beispielhaft sei hier die Diskussion um eine nationale und europäische Lieferkettenregulierung genannt. Das internationale Umwelthaftungsrecht kann für die Kompensation eingetretener grenzüberschreitender oder extraterritorialer Schäden durch den Verursacher sorgen und somit zu schadensvermeidendem Verhalten beitragen.
 
Eine umfassende Rekonstruktion der vielschichtigen Materie des internationalen Rechts der Umwelthaftung steht aber noch aus; eine Vielzahl – auch grundsätzlicher – Fragen sind offen. In welchem Verhältnis stehen etwa staatliche und private Verantwortung für die Umwelt zueinander? Können haftungsrechtliche Anreize in den komplexen Zusammenhängen der globalen Wirtschaft wirksam entfaltet werden? Wie können sich die einzelstaatliche und die internationale Regelungsebene sinnvoll ergänzen? Mit diesen Forschungsfragen beschäftigt sich das im Auftrag des ⁠UBA⁠ durchgeführte Forschungsprojekt „Internationale Haftung von Unternehmen für Umweltschäden

Das Forschungsprojekt beleuchtet außerdem aus der Perspektive des internationalen Rechts Möglichkeiten und Grenzen „extraterritorialer Regulierung“, also einer Regulierung, die auf den Schutz von Gütern abzielt, die sich (auch) außerhalb des eigenen Staatsterritoriums befinden. Von besonderem Interesse ist hierbei eine nationale Regulierung von unternehmerischen Sorgfaltspflichten entlang globaler Lieferketten. Der von Dr. Peter Gailhofer im Rahmen des Forschungsprojektes verfasste und gesondert veröffentlichte Diskussionsbeitrag „Rechtsfragen im Kontext einer Lieferkettenregulierung“ adressiert zahlreiche Bedenken, und entwickelt ein differenziertes Verständnis umweltbezogener Sorgfaltspflichten.

Die aktuellen Arbeiten des UBA zur internationalen Umwelthaftung bauen auf älteren Studien auf. Die grundlegende Studie „Environmental Liability in International Law: Towards a Coherent Conception” (2005), erstellten Prof. Dr. Dr. h.c. Rüdiger Wolfrum, Prof. Dr. Christine Langenfeld und Dr. Petra Minnerop im Auftrag des UBA. Die Studie beschreibt und bewertet eine Vielzahl der Haftungstatbestände, die sich vor allem in multilateralen Umweltabkommen, aber auch in internationaler Rechtsprechung finden. Die Autoren analysieren außerdem nationale Umwelthaftungsregeln in Deutschland und den Vereinigten Staaten und zeigen, wie das internationale Privat- sowie Verfahrensrecht die Umwelt bestmöglich schützen kann. Dazu sollte – so die Autor*innen – immer das verhältnismäßig strengste inländische Umwelthaftungsrecht zur Anwendung kommen. Ein eigenes Kapitel führt die wesentlichen Elemente der verschiedenen internationalen, europäischen und nationalen Haftungssysteme vergleichend zusammen. Nach Ansicht der Autor*innen hängen das internationale und europäische Niveau der Standardsetzung und die Verbesserung der Einhaltung von Umweltrecht im internationalen Umweltrecht immer stärker voneinander ab. Die Autor*innen versuchen daher, die im Europarecht verankerte subsidiäre und ergänzende Staatenverantwortlichkeit bei Nichtumsetzung etwa von EU-Richtlinien als Grundlage für neue internationale Haftungssysteme zu nutzen. Daraus sei nicht nur eine internationale Haftung für Private, sondern auch für Staaten zu entwickeln. Die Studie ist in englischer Sprache als Band 2/05 der BERICHTE-Reihe des UBA beim Erich Schmidt Verlag erschienen. Die Studie baut auf der Arbeit „Environmental Protection by Means of International Liability Law” von Prof. Dr. Dr. h.c. Rüdiger Wolfrum und Prof. Dr. Christine Langenfeld auf, die ebenfalls in englischer Sprache als Band 6/99 in der BERICHTE-Reihe des Umweltbundesamtes beim Erich Schmidt Verlag erschienen ist.

 

Haftung für ökologische Schäden

Haftung für Schäden am Allgemeingut Umwelt – zum Beispiel der biologischen Vielfalt, dem Wasser und dem Boden – kann den präventiven Umweltschutz stärken und eine verursachergerechte Kompensation der Umweltschäden sicherstellen. Prof. Dr. Dr. Juliane Kokott von der Universität St. Gallen hat gemeinsam mit einem interdisziplinären Forschungsteam Eckpunkte für die Haftung bei ökologischen Schäden entwickelt. Besondere Aufmerksamkeit galt dabei den rechtlichen Vorgaben und Methoden zur Bestimmung der Art und des Umfang des Ersatzes von Schädigungen. Die Autoren analysieren bestehende nationale und internationale Haftungsregime sowie die sich damals noch in der Diskussion befindlichen EG-rechtlichen Regelungen und unterbreiten konkrete Vorschläge für die Weiterentwicklung der Haftung für ökologische Schäden. Die Studie „Ökologische Schäden und ihre Bewertung in internationalen, europäischen und nationalen Haftungssystemen – eine juristische und ökonomische Analyse” ist als Band 3/03 in der Reihe BERICHTE des Umweltbundesamtes im Erich Schmidt Verlag, Berlin erschienen.

 

Harmonisierung des Schadensausgleichs bei Umweltschäden

Bei Umweltschäden, die nicht zugleich eine Schädigung der menschlichen Gesundheit oder des Eigentums darstellen, kommt staatlichem Ausgleich und dem öffentlich-rechtlichen Ausgleich eine besondere Bedeutung zu. Aus diesem Grund hat das Umweltbundesamt noch vor Inkrafttreten des Umweltschadensgesetzes und seiner europäischen Vorgaben das Forschungsvorhaben „Harmonisierung des öffentlich-rechtlichen Schadensausgleichs bei Umweltschäden” in Auftrag gegeben. Autoren waren Prof. Dr. Juliane Kokott von der Universität St. Gallen, Schweiz, und Dr. Frank Hoffmeister.

Die Studie ist ein Beitrag zur Schaffung eines einheitlichen Haftungsrechts für Umweltschäden. Ergänzend ging es um die spezielle Frage der nationalen Haftungsregelungen bei Umweltschäden in hoheitsfreien Räumen. In einem ersten Teil arbeitet sie die in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Haftungsvorschriften für Umweltschäden heraus, analysiert und bewertet sie. Dabei macht die Studie deutlich, dass es eine Vielzahl bundes- und landesrechtlicher Ersatzvorschriften gibt, die jedoch hinsichtlich der Konstruktion und der Reichweite recht unterschiedlich sind. Außerdem bestehen für einige Umweltbereiche erhebliche Regelungslücken. Hieraus resultieren aus Sicht der Autoren zum Teil Wertungswidersprüche.

Es folgt ein Rechtsvergleich 14 ausländischer Rechtsordnungen und deren Haftungsregelungen für Umweltschäden. Hieraus ziehen die Autoren Anregungen für mögliche nationale Regelungen. Es zeigt sich, dass nach damaligem Stand einige der untersuchten Staaten inzwischen ein alle Umweltmedien erfassendes Haftungsrecht aufgebaut haben (Belgien, Dänemark, Finnland, Niederlande und Österreich), andere Staaten sich auf dem Weg dorthin befinden (Portugal, Schweden und Schweiz). Außerdem haben in vielen Staaten die Umweltverbände ein ergänzendes Klagerecht.

Die Studie behandelt außerdem verschiedene Bestrebungen, die Umwelthaftung auf europäischer Ebene zu harmonisieren, die jedoch bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Studie nicht zu rechtsverbindlichen Vorgaben für Deutschland geführt haben.

Für die Haftung von Umweltschäden in hoheitsfreien Räumen, und zwar speziell der Hohen See und der Antarktis, legt das Gutachten den Rechtsrahmen nach internationalem Recht, die bestehende deutsche Rechtslage sowie weitere nationale Regelungsmöglichkeiten dar.

Die Studie „Öffentlich-rechtlicher Ausgleich für Umweltschäden in Deutschland und in hoheitsfreien Räumen” ist als Band 9/02 in der Reihe BERICHTE des Umweltbundesamtes beim Erich Schmidt Verlag veröffentlicht.

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