Kohleausstieg als Gelegenheit für treibhausgasneutrale Wärmenetze

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Fernwärmeleitungen

Wärmenetze versorgen viele Gebäude mit Energie zum Heizen und für Warmwasser.

Quelle: fefufoto / Fotolia.com

Wärmenetze müssen künftig Gebäude treibhausgasneutral versorgen. Oft kommt die Energie heute noch aus fossil versorgten Heizkraftwerken. Für viele Wärmenetze fällt durch den Kohleausstieg die bisher wichtigste Wärmequelle weg. Ein „Erneuerbare-Wärme-Infrastruktur-Gesetz“ könnte wichtige Weichen stellen und Planungssicherheit geben.

In der Studie „Dekarbonisierung von Energieinfrastrukturen“ wurde im Auftrag des Umweltbundesamts untersucht, was der Kohleausstieg für heutige Wärmenetze bedeutet und wie sie künftig treibhausgasneutral werden können. Dafür wurden sechs sehr unterschiedliche Wärmenetze genauer betrachtet und in enger Zusammenarbeit mit den Vertreter*innen der lokalen Praxispartner vor Ort treibhausgasneutrale Zukunftsszenarien für die Netze entwickelt.

Es zeigte sich, dass die Wärmenetze durch den Kohleausstieg vor sehr unterschiedlichen Herausforderungen stehen. Soll nicht von Kohle auf einen anderen fossilen Energieträger wie Erdgas für die Versorgung gewechselt werden, ergeben sich in der Folge auch sehr unterschiedliche Versorgungstechniken für die verschiedenen Standorte. Je nach lokalen Gegebenheiten – wie dem Zustand der versorgten Gebäude, dem Datum für den geplanten Kohleausstieg und die verfügbaren erneuerbaren Energiequellen – kommen beispielsweise Geothermie, industrielle Abwärme oder Flusswasser-Großwärmepumpen in den Entwicklungsvarianten für die Praxisbeispiele zum Einsatz. Diese Ergebnisse wurden in Interviews mit Vertreter*innen der Praxispartner*innen, der kommunalen Stellen vor Ort und weiteren Akteuren*Akteurinnen diskutiert und in den lokalen Kontext eingeordnet.

Vorschlag für ein „Erneuerbare-Wärme-Infrastruktur-Gesetz“

Es zeigt sich, dass politische Anpassungen der Rahmenbedingungen nötig sind, um im Zuge des Kohleausstiegs einen möglichst schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien durch die Betreibenden der Wärmenetze wirtschaftlich zu realisieren. Als Kern dieser Anpassungen schlagen die Autorinnen*Autoren der Studie als Empfehlung an die Politik ein „Erneuerbare-Wärme-Infrastruktur-Gesetz“ (EWG) vor. Es berücksichtigt sowohl die technischen, sozio-ökonomischen, planerischen, ökologischen und institutionellen Rahmenbedingungen. Es soll die Hemmnisse auf den verschiedenen Ebenen abbauen und die Dekarbonisierung von Wärmenetzen ermöglichen.
Den Kern des erarbeiteten „Erneuerbare-Wärme-Infrastruktur-Gesetz“ bilden die folgenden Vorschläge:

  • Die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) sollte gesetzlich garantiert werden.
    Für die langen Zeiträume bei der anstehenden Transformation von Wärmenetzen sollte die BEW, als wichtigstes Instrument für die Dekarbonisierung von Wärmenetzen, mehr Sicherheit bei der Planung geben.
  • Die kommunale Wärmeplanung sollte verpflichtend werden.Sie hilft Kommunen planerische Herausforderungen frühzeitig zu identifizieren und in Zusammenarbeit mit den Akteuren der Wärmeversorgung eine gemeinsame Richtung bei der Dekarbonisierung einzuschlagen.
  • Verpflichtende Dekarbonisierungsziele auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität bis 2045 für Wärmenetze
    Im Zusammenspiel mit den Transformationsplänen der BEW und kommunaler Wärmeplanung sollen diese helfen die Dekarbonisierung von Wärmenetzen sicherzustellen.
  • Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) sollte angepasst werden.
    Aktuell existieren BEW und KWKG parallel für verwandte und teils gleiche Fördergegenstände. Hier können teilweise Überschneidungen abgebaut werden und dadurch die Dekarbonisierung von Wärmenetzen zielführend begleitet werden.
  • Anpassung bei der energetischen Bewertung von Fernwärme
    Noch schneiden fossilversorgte KWK-Anlagen bei der energetischen Bewertung von Fernwärme sehr gut ab. Das ist mit Blick auf die Wärmewende nicht mehr sinnvoll, so dass begleitend zum EWG Anpassungen der Bewertungsmethode vorgeschlagen werden.

Der Umbau von Infrastruktur ist langwierig. Damit ist es umso wichtiger, dass schnell mit der Planung der Transformation hin zu treibhausgasneutralen Wärmenetzen – ohne Kohle oder fossiles Gas – begonnen wird. Liegen Pläne vor, können auch bei allen Arbeiten am Netz die in der Zwischenzeit anstehen, immer schon auf einen dekarbonisierten Zielzustand hingearbeitet werden. So können sich zum Teil auch Lock-ins verhindern lassen. Beispielsweise, wenn bei einer Erneuerung von Teilen des Wärmenetzes gleich ein neuer Rohrdurchmesser verlegt wird, der künftig mit dem Wechsel der Versorgungstechnik ohnehin notwendig werden wird. Der anstehende Kohleausstieg bietet eine große Gelegenheit diese Pläne schnell Realität werden zu lassen – wenn die von der Politik vorgegebenen Rahmenbedingungen stimmen.

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 Energiewende  Wärme  Wärmekraftwerk  Fernwärme  Fernwärmeversorgung  Dekarbonisierung  Politik