Future Cities - urban networks to face climate change

Hintergrund und Ziele

Stadtstrukturen und die urbane Lebensumwelt sind im besonderen Maße empfindlich gegenüber Klimaauswirkungen wie starker Temperaturanstieg (⁠Hitzeinsel⁠-Effekt) oder extreme Niederschläge (erhöhtes Hochwasserrisiko). Gleichzeitig sind funktionierende Stadtregionen eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung.

Eine reine Reaktion auf die Auswirkungen des Klimawandels führt zur Kosteneskalation für Anpassungsmaßnahmen. Umsetzbare, kosteneffektive Maßnahmen zur Anpassung und Prävention sind notwendig, aber für die Praxis häufig mit zu vielen Unsicherheiten belegt. Daher werden vorausschauende Strategien zur Transformation urbaner Stadtstrukturen benötigt, damit das sich ändernde ⁠Klima⁠ nicht die urbane Lebensumwelt gefährdet. Die Future Cities-Partnerschaft entwickelt dazu Konzepte und Umsetzungsstrategien, die:

  • innovativ sind – noch nicht auf der praktischen Ebene umgesetzt,
  • größere Kosten verhindern – in dem sie bei der Vorsorge ansetzen,
  • durch kombinierte Maßnahmen Synergie-Effekte nutzen und kosteneffizient sind.

Das internationale Netzwerk Future Cities kooperiert, um Bewertungskriterien für klimataugliche Städte zu entwickeln, anzuwenden und zu verbessern. Für die beteiligten nordwesteuropäischen Stadtregionen werden Maßnahmenpläne aufgestellt und Pilotprojekte baulich umgesetzt. Das Projekt konzentriert  sich dabei auf die Anpassung bestehender Stadtstrukturen. Die gezielte Ansprache von Multiplikatoren wie Architekten, Wohnungsbaugenossenschaften oder Projektentwicklern gewährleistet die Verbreitung der gewonnenen Ergebnisse.

Der Lippeverband hat mit acht Partnerorganisationen aus fünf europäischen Staaten die Projektpartnerschaft "Future Cities - urban networks to face climate change" initiiert.

Das Projekt hat das Ziel, Stadtregionen Nordwesteuropas fit für die zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels zu machen.

Die Wirkungsweisen von drei ausgewählten städtischen Schlüsselkomponenten - Grünstrukturen, Wassersysteme und Energieeffizienz - werden für eine vorsorgende Anpassung  kombiniert. Die Einzeleffekte werden erweitert und damit nicht nur ihre wirtschaftliche Effizienz verbessert. Zum Beispiel können Grünstrukturen und Wassersysteme zur Kühlung eingesetzt werden, anstelle einer Energie verbrauchenden Klimaanlage.

Die Arbeitspakete der Future Cities-Partnerschaft sind:

1) Entwicklung einer Bewertungsmethodik für klimataugliche Stadtregionen,

2) Gemeinschaftliche Erarbeitung von Maßnahmenpläne für die beteiligten Regionen,

3) Ausgewählte bauliche Lösungen in acht Pilotprojekten,

4) Ansprache strategischer Akteure, um für vorsorgende Anpassung zu werben.

Laufzeit

bis

Untersuchungsregion/-raum

Land
  • Belgien
  • Deutschland
  • Frankreich
  • Großbritannien
  • Niederlande
Bundesland
  • Bayern
  • Nordrhein-Westfalen
Naturräumliche Zuordnung
  • Westdeutsche Tieflandsbucht
Räumliche Auflösung / Zusatzinformationen 

Emscher-Lippe-Region (nördl. Ruhrgebiet), Provinz Gelderland im Einzugsgeb. der Flüsse Nederrijn/Waal, Region Haute-Normandie im Einzugsgebiet der Seine, West Flandern mit dem Einzugsgebiet der Lys, Süd-Ost England an der südl. Küstenlinie Großbritanniens

Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel

Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben

Ansatz und Ergebnisse 

Das Projekt bezieht sich auf kein spezielles Klimaszenario. Die Projektionen des 4. Sachstandsberichts des IPCC stellen die Grundlage der Pilotprojekte dar. Ziel des Future Cities-Projekts ist es u.a. praktikable Anpassungsmaßnahmen vor dem Hintergrund der gegebenen Planungsunsicherheiten zu erproben.

Parameter (Klimasignale)
  • Flusshochwasser
  • Hitzewellen
  • Sturzfluten
  • Veränderte Niederschlagsmuster
  • Höhere mittlere Temperaturen
  • Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten
  • Sturm
Weitere Parameter 

Das Projekt bezieht sich v.a. auf die Parameter, die für bebaute Gebiete (im nordwesteuropäischen Raum) maßgebend sind:

a. höhere Durchschnittstemperaturen

b. höhere und häufigere Extremtemperaturen, mehr heiße Tage

c. weniger kalte Tage, weniger Frost- und Schneetage

d. weniger Sommerniederschläge, Trockenheit im Sommer

e. häufigere und extremere Starkregenereignisse, steigende Sturzflutgefahr

f. häufigere und extremere Stürme

g. steigender Meeresspiegel

Weitere Zeitangaben 

keine Festlegung erfolgt; Ausgangspunkt ist die Gegenwart

Schritt 2a: Risiken erkennen und bewerten (Klimafolgen/-wirkungen)

Analyseansatz 

bezogen auf die o.g. Parameter werden folgende Folgen bzw. Wirkungen betrachtet:

a. Auswirkungen auf Luftfeuchtigkeit und Wasserhaushalt, insbesondere Grundwasser;

b. Auswirkungen auf verwundbare Rezeptoren (alte/kranke Menschen, ⁠Flora⁠, ⁠Fauna⁠, etc.), Hitzeinseleffekt;

c. Auswirkung auf menschliche Gesundheit;

d. Auswirkungen auf Wasserqualität und –quantität, knappere Wasserverfügbarkeit in Hitzeperioden, steigende Waldbrandgefahr;

e. Steigende Hochwassergefahr, Überflutung durch Flüsse und überlastete Mischwasserkanalisation, Erosionsgefahr;

f. Auswirkungen von Stürmen auf menschliche Gesundheit/Lebensgefahr, Auswirkungen auf Bausubstanz;

g. Auswirkungen auf bebaute Küstengebiete;

Schritt 2b: Vulnerabilität, Risiken und Chancen

Ansatz und Risiken / Chancen 

Die Prüfung der ⁠Vulnerabilität⁠ des jeweiligen Betrachtungsraums (in Future Cities Stadtteil, Stadtgebiet, Flußeinzugsgebiet oder Region) ist ein erster Schritt, damit Entscheidungsträger geeignete Anpassungsmaßnahmen auswählen und v.a. verorten können. Im "Planungs- und Bewertungsinstrument zur Anpassung städtischer Strukturen an den ⁠Klimawandel⁠", das von den Projektpartnern als transnationales Instrument gemeinsam entwickelt wird, ist für die Vulnerabilitätsprüfung ein eigenes Modul vorgesehen.

Das zu entwickelnde Instrument soll den Partnerorganisationen von Future Cities und ggf. auch durch Übertragung auf vergleichbare Organisationen weiteren Anwendern ermöglichen,

(a) den Handlungsbedarf für Anpassungsmaßnahmen im Rahmen ihrer fachlichen und räumlichen Zuständigkeit in einem gemeinsamen Prozess mit verschiedenen Beteiligten in den Organisationen zu evaluieren, zu dokumentieren und mit Entscheidungsträgern zu diskutieren sowie

(b) für ausgewählte städtische Strukturen (Wassersystem, Grünstrukturen und Energieeffizienz einschließlich ihrer Kombinationsmöglichkeiten) effiziente Maßnahmen zusammen zu stellen und bereits geplante Maßnahmen im Hinblick auf ihre Anpassungsverträglichkeit zu bewerten.

Das Modul Vulnerabilitätsprüfung berücksichtigt die Sektoren Bevölkerung, bebaute Umgebung, Infrastruktur, Wirtschaft, natürliche Ressourcen und Administration.

Diese werden hinsichtlich der ⁠Sensitivität⁠, der ⁠Anpassungskapazität⁠ und Unsicherheiten untersucht. Eine weitere Kategorie, aus der wesentliche Erkenntnisse gewonnen werden können, ist die Berücksichtigung bisheriger Extremereignisse. Eine Analyse der zurückliegenden Presse- und Medienberichterstattung liefert mitunter hilfreiche Informationen zur Entscheidung geeigneter Anpassungsmaßnahmen.

Dringlichkeit und Priorisierung von Anpassungsbedarf 

Sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene engagieren sich Städtenetzwerke zur Minderung von Treibhausgasemissionen. Maßnahmen zum ⁠Klimaschutz⁠ sind wichtig, jedoch nicht mehr ausreichend. Es ist unmöglich, die bereits angestoßenen Klimaveränderungen zurückzunehmen und negative Folgen für Mensch, Wirtschaft und Umwelt vollständig zu verhindern. Neben allen Anstrengungen zum Klimaschutz ist auch die Anpassung an Klimawandelfolgen notwendig. Darüber besteht in der Wissenschaft bereits Konsens - die Umsetzung in die Praxis ist jedoch schwierig.

Oft genug werden Anpassungsmaßnahmen, von denen man heute schon weiß, dass sie hilfreich sind, nicht umgesetzt, weil zum Teil die richtige Argumentation fehlt, bzw. die Maßnahmen als altbekannt abgetan werden (z.B. Regenwasserabkopplung oder grüne Dächer). Wesentliche Aussagen zu Wirksamkeit und Kosteneffizienz helfen, die so genannten no-regret-Maßnahmen auch wirklich umzusetzen.

Schritt 3: Maßnahmen entwickeln und vergleichen

Maßnahmen und/oder Strategien 

Die Temperatur im dicht bebauten Umfeld wird steigen, was erhebliche Auswirkungen auf die städtische Lebensqualität hat. An besonderen Standorten wie Krankenhäusern oder Altersheimen werden oft teure und Energie verbrauchende Maßnahmen ergriffen, wie zum Beispiel aufwändige Klimaanlagen. Hier können zum Beispiel Grünstrukturen dem Problem anders begegnen, in dem sie ausgleichend auf die steigenden Temperaturen versiegelter Flächen wirken.

Die Fragen dazu, die das Netzwerk Future Cities beantworten will, sind:

  • Wie müssen diese kühlenden Effekte eingesetzt werden, um so effizient wie möglich wirken zu können?
  •  Wie wird die Funktionsweise auch in lang anhaltenden Trockenperioden gesichert?

Die Sommer werden nicht nur heißer, sondern auch trockener, was die Wasserverfügbarkeit für Bepflanzung und somit auch deren Kühlungsfunktion stark einschränkt. Hier bedarf es der Verbindung mit ausgeklügelten Wassersystemen, um Wasser für die Versorgung der Vegetation vorrätig zu halten.

Die Winter werden demgegenüber erwartungsgemäß nasser werden mit erhöhtem Oberflächenwasserabfluss und lokalen Überschwemmungen. Hierzu arbeitet Future Cities an Lösungen in der Kombination aus dezentralen Entwässerungssystemen in Grünkorridoren.

Insgesamt stellt sich immer wieder die Herausforderung: Wie können notwendige Anpassungsmaßnahmen mit strukturellen Stadtentwicklungsmaßnahmen effektiv kombiniert werden?

Das Future Cities-Projekt realisiert acht Pilotprojekte, um die entwickelte Herangehensweise zu testen. Dabei werden die besten Kombinationsmöglichkeiten von Grünstrukturen, Wassersystemen und Energieeffizienz identifiziert. Die Wirksamkeit der Maßnahmen wird überprüft und ausgewertet.

Konkrete Beispiele sind: Umgestaltete Fassaden, Dächer und öffentliche Räume werden den Grünanteil der niederländischen Stadt Nijmegen um ein Vielfaches erhöhen. Teile eines Anpassungs-Masterplans werden in der belgischen Stadt Ieper umgesetzt – das bietet wiederum anderen Regionen, Städten und Schulen Anschauungsobjekte, von denen sie lernen können. Umgestaltete Gründächer mildern im niederländischen Gewerbegebiet in Tiel Niederschlags- und Temperaturextreme durch Rückhalt und Kühlung. In einem urbanen Entwicklungsgebiet im französischen Rouen wird auf 5.000 Quadratmeter die Wasserinfrastruktur angepasst. Ein 2 km langer blaugrüner Korridor verbessert das Mikroklima in Kamen, Deutschland. Im deutschen Emscher-⁠Einzugsgebiet⁠ ermöglichen innovative Prozesse in einer Kläranlage eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz, und das Stadtklima in Bottrop wird durch nachhaltige Entwicklung eines Gewerbegebietes verbessert. Die niederländische Stadt Arnhem beschreibt ⁠Klimafolgen⁠ für die Region um Arnhem und Nijmegen, insbesondere wird der Hitzeinseleffekt untersucht. In Hastings im Südosten Englands wird ein Innovations-Zentrum als Plattform für die Wissensvermittlung rund um ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ gebaut.

Die Projekte werden auf drei Ebenen implementiert, die für die lokale Anpassung an den Klimawandel wichtig sind: auf Stadtgebiets-, Quartiers- und Gebäudeebene.

Ziele:
Durch die Kombination von Grünstrukturen, Wassersystemen und Energieeffizienz wird v.a. nach umsetzbaren, wirksamen und kosteneffizienten Anpassungsmöglichkeiten gesucht.

Weitere Zeitangaben und Erläuterungen 

Gegenwart

Konfliktpotential / Synergien / Nachhaltigkeit 

Im Detail widersprechen sich manche Anpassungsmaßnahmen; oft zitierter Konflikt ist der Widerspruch zwischen Nachverdichtung für eine Stadt der kurzen Wege und Frischluftschneisen zur Kühlung von Innenstädten.

Hier ist es wichtig, genaue Informationen über ⁠Vulnerabilität⁠ und Intensität der ⁠Klimafolgen⁠ über den Betrachtungsraum zu sammeln – dann kann auch eine Entscheidung über konfliktträchtige Maßnahmen getroffen werden.

Wer war oder ist beteiligt?

Förderung / Finanzierung 

Kofinanzierung durch die Projektpartner und das Interreg IVB-Programm Nordwest-Europa. Das Future Cities-Netzwerk wird gefördert vom Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE).

Projektleitung 

Lippeverband (Deutschland);

Projektassistenz: Infrastruktur & Umwelt

Beteiligte/Partner 

⦁ Arnhem, Stadtverwaltung, NL

⦁ Emschergenossenschaft, Wasserwirtschaftsverband, in Kooperation mit Stadt Bottrop, DE

⦁ Hastings, Stadtverwaltung, in Kooperation mit Regionalverband South East England Partnership Board und Entwicklungsgesellschaft Sea Space, UK

⦁ Nijmegen, Stadtverwaltung, NL

⦁ Rouen Seine Aménagement, Entwicklungsgesellschaft in Kooperation mit Stadt Rouen, F

⦁ Tiel, Stadtverwaltung, NL

⦁ West Vlaamse Intercommunale, Regionaler Planungsverband, B

Ansprechpartner

Lippeverband
Europäische Kooperationsprojekte (11-SF-20)
Kronprinzenstraße 24
D-45128 Essen

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