Klimamodelle und Szenarien

Eine Autobrücke führt über einen teils ausgetrockneten Fluß.zum Vergrößern anklicken
Hitzeereignisse können zu Niedrigwasser führen und damit die Schifffahrt beeinträchtigen
Quelle: Arno Bachert/Fotolia.com

Damit wir uns schon heute auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten können, müssen wir wissen, wie sich das Klima künftig ändern könnte. Hierfür werden Klimamodelle genutzt.

Inhaltsverzeichnis

 

Was sind Klimamodelle?

Klimamodelle sind umfangreiche Computerprogramme, die dazu verwendet werden, die künftige Entwicklung des Klimas auf Basis bestimmter Annahmen zu berechnen. Diese Annahmen werden zu Treibhausgasszenarien zusammengefasst. Im Ergebnis entstehen Klimaprojektionen. Projektionen sind keine Prognosen oder Vorhersagen („dies wird geschehen“), sondern „wenn-dann“ Aussagen: "Wenn dieses ⁠Szenario⁠ eintrifft, dann könnte das geschehen...". Sie bilden die Grundlage für die Bewertung von Risiken und Chancen künftiger Klimaänderungen sowie für die Entwicklung von Anpassungsmaßnahmen.

 

Was sind Treibhausgasszenarien und wofür werden sie genutzt?

Treibhausgasszenarien spielen eine wichtige Rolle für die Berechnung möglicher Klimaänderungen. Sie basieren auf einer Reihe von Annahmen über weltweite Entwicklungen wie Bevölkerungswachstum, ökonomische und soziale Entwicklung, technologische Veränderungen, Ressourcenverbrauch und Umweltmanagement. Auf Basis dieser Annahmen werden Aussagen darüber getroffen, wie sich der Ausstoß von Treibhausgasen (Emissionsszenarien) und folglich die Konzentration von Treibhausgasen in der ⁠Atmosphäre⁠ (Konzentrationsszenarien) entwickeln werden. Die Klimaprojektionen für den vierten Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) (2007) basierten auf den SRES-Emissionsszenarien.

Für den sechsten Sachstandsberichts des IPCC aus dem Jahr 2020 wurden neue Szenarien entwickelt. Sie bestehen aus zwei sich ergänzenden Komponenten: den Shared Socioeconomic Pathways (SSPs), die mögliche zukünftige sozioökonomische Entwicklungen beschreiben, und den ⁠Representative Concentration Pathways (RCPs)⁠, die mögliche Konzentrationspfade atmosphärischer Treibhausgase und damit mögliche zukünftige Entwicklungen des Klimas abbilden. Grundsätzlich kann mehr als ein SSP zu einem bestimmten Pfad zukünftiger Treibhausgaskonzentrationen (RCP) führen. Sie werden durch gekoppelte konsistente Modelle (Erdsystemmodelle und Integrated Assessment Models, kurz IAM) berechnet, die das ⁠Klimasystem⁠, die Ökosysteme, die Wirtschaft und die ⁠Landnutzung⁠ abbilden. Die aus solchen integrierten Modellen abgeleiteten Szenarien (SSPx-y-Szenarien) umfassen somit nahezu alle Einflussfaktoren für den Strahlungsantrieb, d. h. die "zusätzliche / erhöhte" Energiezufuhr für die Erde durch menschliche Aktivitäten wie Treibhausgasemissionen und Veränderung der Landbedeckung sowie Albedo- (z. B. durch Wüstenbildung) und Aerosolveränderungen, und erlauben plausible Projektionen möglicher Klimaveränderungen. Die Eigenschaften von fünf aktuell genutzten Szenarien mit ausgewählten sozioökonomischen Entwicklungspfaden und den daraus resultierenden Konzentrationspfaden werden in den Empfehlungen für die Charakterisierung ausgewählter Klimaszenarien beschrieben.

 

Gibt es auch regionale Klimamodelle für Deutschland?

Klimamodelle auf globaler Ebene haben häufig eine sehr grobe Auflösung (ca. 100*100 km), sind also räumlich recht ungenau. Damit die Klimaprojektionen für Deutschland besser nutzbar sind, werden die Modelle mittels regionaler Klimamodelle bis hin zu einer Auflösung von ca. 25* 25 km und weniger lokal spezifiziert. Für diese Regionalisierung globaler Klimamodelle gibt es zwei verschiedene Methoden: dynamische und statistische Verfahren - diese umfassen auch sogenannte Downskalingansätze, mit denen z. B. Ergebnisse von statistischen Modellen noch weiter heruntergerechnet werden können. Ein Beispiel für dynamische Modelle ist REMO und für statistische Modelle WETTREG.

Dynamische Regionalmodelle⁠ simulieren verschiedene Klimaparameter durch das Lösen nichtlinearer Gleichungssysteme für Teilgebiete des globalen Modells. Diese Simulation basiert auf Eingangsdaten aus dem globalen Modell und physikalischer Annahmen. Durch das Fokussieren auf einen kleineren Ausschnitt lässt sich eine größere räumliche und zeitliche Auflösung von ⁠Klimaprojektion⁠ bei gleicher Rechnerkapazität erreichen.

Statistische Regionalmodelle⁠ nutzen das Wissen aus Klimabeobachtungen. So greift WETTREG beispielsweise auf die beobachteten statistischen Zusammenhänge zwischen großräumigen Zirkulationsmustern in der ⁠Atmosphäre⁠ und dem lokalen und regionalen Wettergeschehen zurück. Basierend auf den großräumigen Zirkulationsmustern der globalen Modelle können mögliche regionale Entwicklungen mit den regionalen Modellen berechnet werden.

Die Ergebnisse regionaler Modellläufe werden ähnlich wie bei den globalen Klimamodellen als (regionale) Klimaprojektionen bezeichnet.

 

Sozioökonomische Szenarien

Um die künftigen Auswirkungen des Klimawandels in Deutschland im Rahmen von Klimawirkungs- und Vulnerabilitätsstudien zu analysieren und zu bewerten, werden neben Klimaprojektionen auch sozioökonomische Szenarien benötigt. Die sozioökonomischen Szenarien werden mit Klimaprojektionen zusammengeführt, um abzubilden, auf welche sozioökonomischen Strukturen der ⁠Klimawandel⁠ in Zukunft treffen könnte. Die sozioökonomischen Strukturen beeinflussen, wo Menschen und Systeme, zum Beispiel Infrastrukturen, Forste, Industriegebiete, dem Klimawandel ausgesetzt sind und wie stark sie durch den Klimawandel beeinflussbar sind. Beispielsweise geben die sozioökonomischen Szenarien Hinweise darauf, wo und wie in Zukunft ältere Menschen wohnen werden, die besonders unter Hitze leiden. Mit diesen Informationen können Vorsorgemaßnahmen, zum Beispiel im Gesundheitsbereich, gezielter geplant werden. Daher wurden 2019 im Auftrag des Umweltbundesamtes drei sozioökonomische Szenarien auf nationaler und regionaler Ebene entwickelt, die auch für die Berechnung zu lokalen Landnutzungsszenarien bis 2045 verwendet wurden.

 

Wie wird mit Unsicherheiten umgegangen?

Zukunftsprojektionen und -szenarien beinhalten immer Unsicherheiten. Selbst wenn Klimamodelle die physikalischen und chemischen Zusammenhänge in der ⁠Atmosphäre⁠ sehr genau abbilden könnten, würden Unsicherheiten verbleiben. Unsicherheiten entstehen aus begrenztem Systemwissen, z.B. bei der Entstehung von Gewitterwolken oder der Land-Ozean-Atmosphäre-Kopplung, begrenzten Daten und begrenzten Rechnerkapazitäten. Zudem sind sozioökomische Zukunftsszenarien zu künftigem Bevölkerungswachstum, ökonomischer und sozialer Entwicklung, technologischen Veränderungen, Ressourcenverbrauch und Umweltmanagement immer mit nicht vorhersehbaren Entwicklungen, wie beispielsweisen technologischen Sprüngen, ökonomischen Krisen oder sozialen Katastrophen wie Kriegen, verbunden. Darüber hinaus werden Klimaprojektionen immer unsicherer, je weiter der betrachtete Zeitpunkt in der Zukunft liegt und je kleiner die betrachtete Region ist.

Um mit dieser ⁠Unsicherheit⁠ umgehen zu können, ist es wichtig zu wissen, wie groß die Spannbreite der Möglichkeiten ist. Diese Spann- oder Bandbreite kann mithilfe von Ensembles, die aus einer Vielzahl von Klimamodellergebnissen gebildet werden, eingeschätzt werden.