Anpassung: Handlungsfeld Landwirtschaft

Stopelacker mit landwirtschaftlichem Anhänger der mit Strohballen beladen ist - im Vordergrund steht noch eine einzelne Ährezum Vergrößern anklicken
Veränderungen des Niederschlags im Zuge des Klimawandels wirken sich auf die Landwirtschaft aus.
Quelle: suze / photocase.com

Von den Auswirkungen des Klimawandels ist die Landwirtschaft in besonderem Maße betroffen. Geeignete Anpassungsmaßnahmen können Ertragseinbußen eindämmen und einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Anpassung gegenüber abiotischen Stressoren

Im Handlungsfeld Landwirtschaft (Bereich Pflanzenbau) können Anpassungsaktivitäten an der Art der Bodenbearbeitung und -behandlung, an der Bewässerung, der Wahl der Pflanzensorten sowie dem Frostschutz ansetzen. Zudem sind technische Maßnahmen relevant, die Wettervorhersagen und Warnsysteme verbessern und die es den Landwirt*innen ermöglichen, sich rechtzeitig auf Wetterveränderungen und Extremereignisse einzustellen und Schutzmaßnahmen einzuleiten.

Hitze

Hinsichtlich des zunehmenden Hitzestresses in den Sommermonaten können frühe Getreidesorten verwendet werden, wobei jedoch aufgrund der im früheren Stadium der ⁠Vegetationsperiode⁠ geringeren Strahlung negative Effekte auf die Kornerträge zu erwarten sind. Die Klimaveränderungen erlauben zudem die Einführung von Fruchtarten, die bislang in Deutschland kaum angebaut wurden. Besonders geeignet sind bestimmte Maissorten, Hirse und weitere wärmeliebende Arten, die Wasser effektiv nutzen. So hat sich beispielsweise der Anbau von Sojabohnen in den letzten Jahren in Deutschland deutlich ausgeweitet.

Frost

Im Acker-, Obst- und Weinbau kommen gegen Spätfrostgefahr verschiedene Maßnahmen zur Anwendung. Generell sollte der Anbau in Frostlagen (z. B. Tallagen, Senken) gemieden werden und eine an dem jeweiligen Standort angepasste Sortenwahl (Winterfestigkeit) getroffen werden. Im Ackerbau können zur Vermeidung von Kahlfrostschäden winterhärtere Sorten oder gar Kulturen (z. B. Roggen) angebaut werden. Im Obstbau hat sich die Frostschutzberegnung als effektive Maßnahme erwiesen. So sind an der Niederelbe bei Hamburg ca. 75 % des Obstanbaugebietes mit Frostschutzberegnung ausgestattet. Hierbei werden Obstbäume durch kontinuierliche Beregnung während des Frosts vereist. Die beim Gefrieren des Wassers freiwerdende Wärmeenergie verhindert, dass die Blüten erfrieren. Bei der Beregnung zu bedenken ist der hohe Wasser- und Energieverbrauch, die Bereitstellung eines ausreichenden Wasservorrats sowie die Gefahr der Vernässung von Böden. Im Weinbau können zur Minderung der Spätfrostgefahr Windräder und Windmaschinen zur Durchmischung kalter und warmer Luftschichten eingesetzt werden. Hier können zudem Frostkerzen in den Rebzeilen zum Einsatz kommen, die durch die erzeugte Wärme bei günstigen Windverhältnissen das Spätfrostrisiko ebenfalls reduzieren können.

Trockenheit

Um den negativen Auswirkungen von ⁠Trockenstress⁠ entgegenzuwirken, kommen in der Landwirtschaft in erster Linie eine wassersparende und standortangepasste Bodenbearbeitung, Bewässerungsmaßnahmen und die Sortenwahl zum Einsatz. Der Pflugverzicht bzw. eine konservierende Bodenbearbeitung, der Anbau von wechselnden Pflanzenarten (Fruchtfolge) und Zwischenfrüchten, die Förderung des Humusaufbaus sowie eine ganzjährige Bodenbedeckung durch Untersaaten oder durch eine Mulchschicht können die ⁠Verdunstung⁠ von Wasser aus dem Boden reduzieren. Zudem haben diese Maßnahmen weitere positive Wirkungen: eine Steigerung der Bodenfruchtbarkeit, eine Reduzierung der Erosionsgefahr durch Wind und Wasser sowie der Nitratbelastung des Grundwassers durch die Bindung von überschüssigem Stickstoff. Die Bewässerung kann bei zunehmenden Trockenperioden eine wirksame ⁠Anpassungsmaßnahme⁠ darstellen, um künftig den Feldauflauf der Kulturpflanzen sowie die Ertragshöhe und die Qualität der Ernteprodukte zu sichern. In einigen Regionen Deutschlands ist ein wirtschaftlicher Anbau von Kartoffeln, Obst, Gemüse und einiger Sonderkulturen ohne Bewässerung künftig weitgehend nicht mehr möglich. Bei der Bewässerung sollten wassersparende und nach der ⁠Bodenfeuchte⁠ gesteuerte Bewässerungsverfahren mit hoher Wassernutzungseffizienz zum Einsatz kommen, z. B. die Tröpfchenbewässerung. Das benötigte Zusatzwasser kann durch Entnahme aus Grund- bzw. Oberflächenwasser, Wasserspeichern oder Wasserüberleitungen verfügbar gemacht werden. Die Entnahme von Beregnungswasser aus Grund- und Oberflächenwasser ist in Deutschland rechtlich im Wasserhaushaltsgesetz und entsprechenden Verordnungen der Länder geregelt. Angesichts der ⁠Sensitivität⁠ von Pflanzen gegenüber der Kombination aus Hitze und Trockenheit ist anzunehmen, dass die Bedeutung der Bewässerung in der Landwirtschaft im Zuge des Klimawandels in Deutschland zunimmt. Sowohl die EU als auch der Bund fördern Bewässerungsinfrastrukturen in der Landwirtschaft, z.B. auf europäischer Ebene der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (⁠ELER⁠) und in Deutschland über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (⁠GAK⁠). Bewässerungsmaßnahmen sollten, wenn möglich, nur in den Gebieten mit einem ausreichenden Zusatzwasserdargebot gefördert werden und sich dort aus Gründen einer ressourcenschonenden Wassernutzung auf wassersparende bzw. effizienzsteigernde Bewässerungsmaßnahmen konzentrieren.

Auch die Auswahl des Saatguts sollte an die Klimaveränderungen angepasst werden. Vor allem Sorten, die weniger anfällig gegen Trocken- und ⁠Hitzestress⁠ sind und sich als robust gegenüber Schadorganismen erweisen, sind geeignet, dem ⁠Klimawandel⁠ effektiv zu begegnen. Generell können ein vielfältiger Sortenanbau und der Einsatz robuster Sorten und Kulturarten das Risiko von Ernteausfällen reduzieren.

Dauer- und Starkniederschlag

Gegenüber den Stressfaktoren Nässe, Dauer- und Starkniederschlag sollten im Acker-, Obst-, Wein- und Gartenbau als vorsorgende Maßnahmen Standorte mit Wasser stauenden Bodenschichten gemieden werden. Dies gilt auch für die Wahl von staunässeempfindlichen Sorten. Die überwiegend bei zur Vernässung neigenden Flächen eingesetzten Maßnahmen sind Entwässerungsverfahren, die unter- sowie oberirdisch, als Drainage oder Grabenentwässerung sowie frei oder reguliert erfolgen kann. Als kulturtechnische Maßnahme können eine Bodenbedeckung bzw. eine Begrünung in Steillagen zur Minderung des Erosionsrisikos beitragen. Eine angepasste Bodenbearbeitung sowie Breitbereifungen von landwirtschaftlichen Maschinen helfen Bodenverdichtungen zu vermeiden. Als Managementmaßnahme kommt im Obst-, Wein- und Gartenbau der Abschluss bzw. die Förderung einer Versicherung gegen ⁠Starkregen⁠ in Frage.

Hagel

In Regionen, in denen recht häufig Hagelereignisse auftreten (z. B. Süddeutschland), kommen im Obst- und Weinbau als gängige Anpassungsmaßnahme Hagelschutznetze zum Einsatz. Die Maßnahme ist kostenintensiv, hat aber einen hohen Wirkungsgrad und einen Zusatznutzen durch Vogelabwehr. Bei einem großflächigen Einsatz sind negative ökologische Auswirkungen zu erwarten, z. B. auf die ⁠Biodiversität⁠. Als Alternative können sich Betriebe mit einer Hagelversicherung gegen Schäden durch Hagelschlag versichern lassen.

Sturm

Starke Winde und Stürme, die Winderosionen hervorrufen können, sind eine Herausforderung für den Bodenschutz und damit auch für die Landwirtschaft. Neben einer standortangepassten Bodenbearbeitung und das Anlegen von Windschutzhecken können Agroforstsysteme (Agroforst), der gemeinsame Anbau von Ackerkulturen, Grünland oder Sonderkulturen mit Bäumen eine wirksame Anpassungsmaßnahme darstellen, um die Winderosion zu reduzieren. Derartige Systeme erhöhen zudem die Bodenfruchtbarkeit und die Wasserhaltefähigkeit im Boden, schaffen ein günstiges Mikroklimas vor Ort und erhöhen die Biodiversität.

Indikatoren aus dem ⁠Monitoring⁠ zur ⁠DAS⁠: Anbau und Vermehrung wärmeliebender Ackerkulturen | Anpassung des Sortenspektrums, Maissorten nach Reifegruppen | Pflanzenschutzmittel-Anwendung | Landwirtschaftliche Beregnung

Sojapflanze
Der Anbau von Sojabohnen in Deutschland nimmt zu.

Die Klimaveränderungen erlauben die Einführung von Fruchtarten, die bislang in Deutschland kaum angebaut wurden. So hat sich beispielsweise der Anbau von Sojabohnen in den letzten Jahren in Deutschland deutlich ausgeweitet.

Quelle: Julio César García / Pixabay

Anpassung gegenüber Hitzestress bei Nutztieren

Anpassungsmaßnahmen im Bereich der Tierhaltung sind als Reaktion auf die Auswirkungen des Klimawandels auf Nutztiere äußerst wichtig, insbesondere die Folgen von ⁠Hitzestress⁠ auf Tiergesundheit und Leistungsmerkmale wie die Milchproduktion. Zur Senkung des Wärmeeintrags und Förderung der Wärmeabführung bei frei gelüfteten Außenställen kommen bauliche und technische Maßnahmen in Frage, z. B. die Berücksichtigung der Standortwahl und Ausrichtung von Stallneubauten, ausreichend wärmegedämmte Dächer, ausreichende Dachüberstünde, Dachbegrünung, helle Dachflächen zur Ausnutzung des Albedo-Effekts, natürlicher Beschattungen durch Bäume auf der Südseite der Stallungen sowie flexible Wandkonstruktionen zur Regulierbarkeit des Luftstroms. Mit vollklimatisierten Ställen, die sich durch einen hohen Automatisierungsgrad hinsichtlich der Steuerung von Be- und Entlüftung, Temperatur und Feuchtigkeit auszeichnen, kann einer Hitzeperiode gezielt entgegengetreten werden. Dabei sollten klimaschutzrelevante Aspekte Berücksichtigung finden (z. B. niedriger Energieverbrauch). In Ställen ohne derartige automatisierte Kühlmöglichkeiten sowie in offenen Ställen können zur aktiven Kühlung Ventilatoren zur Steigerung der Luftgeschwindigkeit und der Luftwechselrate sowie Maßnahmen zur Verdunstungskühlung, wie Kuhduschen und Wassersprinkler eingesetzt werden. Zusätzlich ist eine optimale Tränkeversorgung im Stall, im Vorwartehof und an anderen geeigneten Stellen auf dem landwirtschaftlichen Hof sicherzustellen.

Mit dem ⁠Klimawandel⁠ steigt auch das Risiko von Hitzestress bei weidenden Tieren. Als mögliche Reaktion bieten sich hier Veränderungen im Weidemanagement an, wie beispielsweise der Einsatz der nächtlichen Beweidung („Nachtweide“). In bestimmten Regionen besteht die Option einer Verlagerung der Weidehaltung in höhere kühlere Gebiete. Eine weitere geeignete Maßnahme gegen Hitzestress kann darin bestehen schattenspendende Bäume auf den Weiden anzupflanzen.

Schließlich bestehen auch in Bezug auf die Züchtung Anpassungsoptionen, indem robuste Rassen und Zuchtlinien von Milchkühen bevorzugt werden, die besser an wärmere klimatische Bedingungen angepasst sind. Hier können Züchtungsprogramme für klimaangepasste Nutztierrassen ansetzen. Das Thema sollte zudem verstärkt in die Aus- und Weiterbildung sowie landwirtschaftliche Beratung einfließen. Mit fortschreitendem Klimawandel kann es auch für die Tierproduktion erforderlich werden, den ordnungs- und förderrechtlichen Rahmen an die veränderten Bedingungen anzupassen. Das betrifft beispielsweise die Vorschriften für Tierställe (Dämmung, Ventilation) oder die Anpassung von Regelungen für den ökologischen Landbau (Anpassung von Weidezeiten bei extremen Hitzeperioden).

Anpassung an die Verschiebung agrophänologischer Phasen und Wachstumsperioden

Mit veränderten Aussaatterminen kann beispielsweise der Verschiebung von Jahreszeiten begegnet werden: Sommergetreide könnte früher ausgesät werden, um die ⁠Bodenfeuchte⁠ des Frühjahrs zu nutzen. Wintergetreide hingegen sollte eher später im Jahr gesät werden, damit die für das Getreide wichtige Kältephase nicht zu spät eintritt. In den Übergangsphasen kann der Einsatz von tief wurzelnden Kulturen, beispielsweise Gräsern, die Gefahr von Trockenschäden im Sommer reduzieren und den Boden gegen ⁠Erosion⁠ schützen.

Indikatoren aus dem ⁠Monitoring⁠ zur ⁠DAS⁠: Anpassung von Bewirtschaftungsrhythmen

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