Handlungsfeld Raum-, Regional- und Bauleitplanung

Vogelperspektive auf geometrisch angelegte und sehr farbig wirkende Ackerstrukturen mit Siedlungenzum Vergrößern anklicken
Der Klimawandel beeinflußt auch die Raumordnung, Regional- und Bauleitplanung.
Quelle: Lukas Pollmüller/photocase.com

Der Klimawandel wirkt sich sehr unterschiedlich auf die verschiedenen Bereiche der Natur und Gesellschaft aus. Auch die daraus resultierenden Anpassungsmaßnahmen unterscheiden sich. Mehr zu den Auswirkungen auf die Raumordnung sowie die Regional- und Bauleitplanung und möglichen Anpassungsoptionen lesen Sie hier.

Klimafolgen

Inhaltsverzeichnis

 

Aufgabe der Raumplanung

Aufgabe der Raumplanung ist es, die aus unterschiedlichsten menschlichen Tätigkeiten und Bedürfnissen resultierenden verschiedenen Ansprüche an den Raum zu erfassen, sie gegeneinander abzuwägen und die Umsetzung der Ergebnisse zu koordinieren. Die Raumplanung steuert großräumig, wo im Raum welche Nutzungen lokalisiert sind (z. B. Siedlungen, Verkehrsinfrastrukturen, Erholungsflächen, landwirtschaftliche Produktionsflächen).

 

Auswirkungen des Klimawandels auf die Raumnutzung

Nach dem Raumordnungsgesetz (ROG) wird von einer Raumbedeutsamkeit gesprochen, wenn Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird. Der ⁠Klimawandel⁠ und seine Auswirkungen sind in hohem Maße raumbedeutsam. Die Auswirkungen beeinflussen potenziell alle Bereiche der Raumentwicklung und eine Vielzahl von Raumnutzungen. So betreffen sie die Aktivitäten, Nutzungen und Nutzungsansprüche vieler wirtschaftlichen Sektoren (z. B. Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Tourismus), Raumansprüche verschiedenster Bevölkerungsgruppen sowie die natürlichen Systeme und deren ⁠Ökosystemleistungen⁠ (z. B. Schutzwirkung des Waldes, Bereitstellung von Wasser, Produktion von Nahrungsmitteln). Vorrangige ⁠Klimafolgen⁠ mit Raumordnungsrelevanz sind insbesondere: Hochwasserrisiken in Flussgebieten, Gefahren durch den Meeresspiegelanstieg und erhöhte Sturmflutwasserstände in Küstenregionen, Belastungen durch Hitze in Siedlungsgebieten, Beeinträchtigung der des Wasserdargebots und der Wasserversorgung durch anhaltende Trockenperioden und Gefährdung der biologischen Vielfalt.

Hochwasserrisiken: Je nach regionalen und lokalen Gegebenheiten kann es in Flussgebieten als Folge von extremen Niederschlägen zu einer Zunahme an Hochwassern, Überschwemmungen, Sturzfluten sowie Hangrutschungen kommen. Dies erhöht das Schadensrisiko für Siedlungsgebiete und deren Infrastrukturen. Eine Zunahme der Schäden durch Binnenhochwasser und Sturzfluten ist auch auf die Ausdehnung von Siedlungsflächen und Nachverdichtungen und einen entsprechenden Anstieg der vorhandenen Werte von Infrastrukturen und Gebäuden in Überschwemmungsgebieten zurückzuführen. Gefährdete Flächen stehen aufgrund häufiger auftretender Hochwasser für sensible Nutzungen nicht mehr zur Verfügung.

Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten: Durch den Meeresspiegelanstieg könnten Sturmfluten zukünftig mit Hochwasserständen häufiger vorkommen. Die Folgen sind Küstenüberschwemmungen, Verringerung der Feuchtgebiete, Küstenerosion sowie eine zunehmende Versalzung der landwirtschaftlichen Flächen Anbauflächen. Bei der Küstenerosion kommt es zu häufigeren Abbrüchen an Steilküsten und zur Abtragung von Material an Flachküsten, die den Küstenrückgang beschleunigen. Durch Überschwemmungen können küstennahe Wohnsiedlungen und Infrastrukturanlagen Schaden nehmen und in tief liegenden Küstengebieten die Bevölkerung bedrohen. Weitere Folgen sind das Eindringen von Salzwasser in das Grundwasser und in landwirtschaftliche Böden, das als Konsequenz bewässerte Anbauflächen und Trinkwasserspeicher unbrauchbar machen können.

Extremtemperaturen und Hitzeperioden: Höhere Extremtemperaturen, geringere nächtliche Abkühlung, sowie häufigere und intensivere Hitzeperioden, verbunden mit einer dichten Bebauung, einem hohe Anteil versiegelter Flächen, zu wenig Grünfläche sowie Abwärme von Industrie, Gebäuden und Verkehr verstärken in Innenstädten die Bildung von Hitzeinseln. In Folge kann es zu hohen Hitzebelastungen für die städtischen Bewohner*innen kommen, mit Folgen für deren Wohlbefinden und Gesundheit. Dies gilt insbesondere für ältere, pflegebedürftige und kranke Menschen sowie Kleinkinder und Schwangere. Hitze kann zudem, bei gleichzeitiger Trockenheit, Grünflächen und Schutzgebiete und damit die ⁠Biologische Vielfalt⁠ im städtischen Raum beeinträchtigen.

Wasserdargebot⁠ und -versorgung: Steigende Temperaturen sowie veränderte Niederschlagsbedingungen können grundsätzlich Einfluss auf die Quantität der Grundwasserressourcen haben. So ist im Zuge des Klimawandels mit einer abnehmenden ⁠Grundwasserneubildung⁠ zu rechnen. Bei häufiger auftretenden Trockenperioden könnten Gebiete künftig verstärkt von einer zeitweisen Wasserverknappung betroffen sein. Kommt es zur Einschränkung der nutzbaren Wasserressourcen, betrifft dies fast alle Raumfunktionen (z. B. Siedlungen, Freiräume, Verkehr, Infrastrukturen der Wasser- und Energiewirtschaft). Zudem ist davon auszugehen, dass durch häufigere Starkregenereignisse die Qualität des Trinkwassers durch die Verunreinigung oberflächennaher Quellen gefährden kann, was wiederum einen zusätzlichen Aufwand für die Trinkwasserversorgung erfordert.

Gefährdung der Biologischen Vielfalt: Für die Belange der Biologischen Vielfalt und des Naturschutzes spielen aus Sicht der Raumplanung die Verschiebung von Vegetationszonen, Arealverschiebungen von Arten sowie Veränderungen der Lebensräume durch den Klimawandel eine wichtige Rolle. Veränderungen der geografische Verbreitung von Arten (z. B. Ausbreitung von Wärme liebenden Arten, Rückgang Kälte toleranter Arten, Verdrängung durch einwandernde Arten) haben Folgen für den Artenbestand, die Artenzusammensetzung und damit für die Struktur von Lebensräumen und ganzen Ökosystemen. Besonders gefährdete Lebensräume sind Wälder, Feuchtgebiete (z.B. Moore durch zunehmende sommerliche Trockenheit, küstennahe Lebensräume (z. B. Salzwiesen durch höhere Wasserstände) sowie Schutzgebiete. Durch die klimawandelbedingte Veränderung des naturräumlichen Potenzials von Schutzgebieten ergeben sich Auswirkungen auf die naturschutzfachlichen Schutz- und Erhaltungsziele.

 

Flächenkonkurrenzen

Die zunehmende Diskrepanz zwischen Raumbedarf und Raumverfügbarkeit, insbesondere die Verknappung des verfügbaren Flächenangebots, lassen durch die Folgen des Klimawandels zunehmende Raum- bzw. Flächennutzungskonflikte erwarten. In Konkurrenz um Flächen stehen dabei Siedlungsentwicklung, Gewerbe, Tourismus, Küsten- und Naturschutz, Trinkwasserversorgung, Landwirtschaft sowie Formen regenativer Energieerzeugung zum ⁠Klimaschutz⁠, die auf die Inanspruchnahmen von Flächen angewiesen sind (z. B. Solar- Freiflächenanlagen, Windparks, ⁠Biomasse⁠-Anbau). So resultieren beispielsweise in der Wasserwirtschaft Probleme aus der zunehmend konkurrierenden Grundwasserentnahme in Trockenperioden (Landwirtschaft vs. Trinkwasserversorgung) und bei der Schaffung neuer ⁠Retentionsflächen⁠, die im Falle eines Binnenhochwassers als Überflutungsflächen genutzt werden können (z. B. Landwirtschaft vs. Hochwasserschutz).

 

Querbeziehungen mit anderen Handlungsfeldern

Kennzeichnend für die Raumplanung ist ein hoher Grad an Vernetztheit mit anderen Handlungsfeldern, die Flächen beanspruchen oder indirekt Einfluss auf die Nutzung des Raums ausüben. Querbeziehungen bestehen insbesondere zum Handlungsfeld Wirtschaft (z. B. Ausweisung geeigneter Standorte für Industrie, Gewerbe und Dienstleistungseinrichtungen), zur Energiewirtschaft (z. B. Ausweisung von Windkraftstandorten), der Verkehrsplanung (z. B. Ausbau von Verkehrsinfrastruktur), dem Naturschutz (z. B. Ausweisung von Schutzgebieten) und der Wasserwirtschaft (z.B. Sicherung von Überschwemmungsgebieten). Auch zwischen planerischen und gesundheitlichen Aspekten besteht oftmals ein enger Zusammenhang. So hat die Stadtstruktur, also die Dimensionierung und Gestaltung der Freiräume, des Straßenraums, der bebauten Flächen und der einzelnen Gebäude, einen Einfluss auf die sommerliche Hitzebildung und Durchlüftung und damit auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der städtischen Bevölkerung.

Aufgrund ihres Querschnittscharakters hat die Raumplanung maßgeblichen Anteil an der Ausgestaltung des jeweiligen Lebensumfelds, d.h. den Bedingungen für Wohnen, Arbeiten und Freizeitgestaltung. Durch eine möglichst klimaangepasste Raumnutzung hat sie einen wesentlichen Einfluss auf die Folgen des Klimawandels nehmen.

Anpassung

Bedeutung der Raum-, Regional- und Bauleitplanung für die Klimaanpassung

Bei der Klimaanpassung kommt der Raumplanung eine wichtige Rolle zu. Durch die sektoral sehr unterschiedlichen ⁠Klimafolgen⁠ mit ihren Wechselwirkungen sowie deren räumlicher Verschiedenartigkeit, die sich bis auf die lokale Ebene fortsetzt, ergibt sich ein Bedarf für eine fach- und gebietsübergreifende Koordination bei der Abschätzung der raumbedeutsamen Risiken und Chancen sowie der Identifizierung von möglichen Anpassungsmaßnahmen. Die räumliche Planung in Deutschland verfügt dahingehend über ein etabliertes Planungssystem, in dem Gesamtplanung und Fachplanung zusammenwirken können.

Klimaanpassung ist auf der Bundesebene im Raumordnungsgesetz und in den Leitbildern der Raumordnung verankert. Die konkrete planerische Berücksichtigung der Erfordernisse der Klimaanpassung erfolgt regional und kommunal auf Ebene der Landes- und Regionalplanung bzw. der ⁠Bauleitplanung⁠. Auf diesen unterschiedlichen planerischen Ebenen sowie im Rahmen der engen Abstimmung mit den jeweiligen raumrelevanten Fachplanungen (z. B. Wasserwirtschaft, Landschaftsplanung, Naturschutz, Verkehr) verfügt die Raumplanung über zahlreiche Einflussmöglichkeiten zur ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠.

Indikator⁠ aus dem ⁠Monitoring⁠ zur ⁠DAS⁠: Siedlungs- und Verkehrsfläche

Beiträge der Regionalplanung für die Klimaanpassung

Die Regionalplanung, als Bindeglied zwischen unterschiedlichen Ebenen, (Fach-)Ressorts sowie öffentlichen und privaten Akteuren ist geeignet, um regionale Handlungsstrategien zur Klimaanpassung zu entwickeln und umzusetzen. So kann sie Vorgaben des Bundes und der Länder regionsspezifisch und sektorenübergreifend konkretisieren und mit den Interessen der Kommunen zusammenführen. Grundsätzlich bestehen Beiträge der Regionalplanung zur Klimaanpassung in der Festlegung (z. B. Ausweisung, Freihaltung, Sicherung) von Flächen für Nutzungen, durch die Klimarisiken und Schadenspotenziale reduziert werden sollen. Als relevante Handlungsfelder für die regionalplanerische Klimaanpassung gelten in vielen Regionen: Vorbeugender Hochwasserschutz in Flussgebieten, Verminderung von Gefahren in Küstenregionen, Schutz vor Hitze und Starkniederschläge in Siedlungsbereichen, Erhalt und Schutz von Wasserressourcen und Erhalt der biologischen Vielfalt.

Hochwasserschutz: Für Hochwassergefahren können großflächige Retentionsräume gesichert werden (z. B. durch Deichrückverlegungen). Hierfür kann die Regionalplanung Vorranggebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz festlegen, in denen der Hochwasserschutz Priorität hat und als verbindliche Vorgabe zu beachten ist. Andere raumbedeutsame Nutzungen (z. B. Wohnbebauung, Gewerbeansiedlung), die mit dem Ziel des Hochwasserschutzes nicht vereinbar sind, sind ausgeschlossen bzw. können mit Nutzungsbeschränkungen belegt werden. Bei der Festlegung eines Vorbehaltsgebiets hat der Hochwasserschutz in der Abwägung mit konkurrierenden Belangen ein besonderes Gewicht. Es schließt die Zulassung entgegenstehender Nutzungen wie eine Wohnbebauung nicht vollständig aus, wenn die Bauweise an die bestehende Hochwassergefahr angepasst ist (z.B. Stelzenbauweise, „Schwimmende Häuser“)

Indikatoren aus dem ⁠Monitoring⁠ zur ⁠DAS⁠: Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für (vorbeugenden) Hochwasserschutz | Siedlungsnutzung in Hochwassergefahrenbereichen (Fallstudie)

Küstenschutz: Um den Küstenschutz bei einer späteren Verstärkung der Schutzanlagen (z. B. Deiche) zu unterstützen, können regionalplanerische Festlegungen Flächen entlang der Anlagen vor Nutzungsänderungen sichern. Zum anderen kann die Regionalplanung Klei- und Sandentnahmestellen für den Deichbau sichern. Zur Verringerung von Schadenspotenzialen kann die Regionalplanung in ihren Regionalplänen die Sicherungsbereiche entlang erodierender Küstenabschnitte und Bebauungsvorgaben sowohl für sturmflutgeschützte als auch für nicht geschützte Gebiete darstellen. Eine weiterreichende Möglichkeit besteht darin, einen späteren Rückzug von Nutzungen aus bestimmten Bereichen vorzubereiten. Entsprechende Festlegungen können sinnvoll sein, wenn diese Flächen für Anpassungsmaßnahmen des Küstenschutzes und des Wassermanagements benötigt werden oder wenn diese Flächen aufgrund eines unverhältnismäßig hohen technischen und finanziellen Aufwands zukünftig nicht mehr schutzwürdig sind.

Schutz vor Hitzebelastungen in Stadtregionen: Die Sicherung und Ausweisung klimaaktiver Freiflächen wie Kaltluftentstehungsgebiete (z. B. Wiesen, Äcker) und Frischluftentstehungsgebiete (z. B. Wälder) sowie Kaltluft- bzw. Frischluftschneisen in dicht besiedelten Gebieten durch die Regionalplanung tragen dazu bei für eine ausreichende Durchlüftung der Siedlungsstruktur zu sorgen und die klimatische Belastungen für die Bevölkerung in Stadtregionen zu minimieren oder gänzlich zu vermeiden. Kalt- und Frischluftentstehungsgebiete sind dementsprechend von einer Besiedlung frei zu halten. Querliegende größere Baukörper, dichte Bepflanzungen sowie Aufforstungen oder Aufschüttungen, die den Kaltlufttransport beeinträchtigen, sollten durch Festlegungen auf den jeweiligen Bereichen ausgeschlossen werden.

Indikator⁠ aus dem Monitoring zur DAS: Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen

Schutz von Wasserressourcen: Im Hinblick auf den Erhalt und Schutz von Wasserressourcen kann die ⁠Raumordnung⁠ das Wasserressourcenmanagement unterstützen. Hierzu können die Landes- und Regionalplanung Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für den Trinkwasser- und Grundwasserschutz festlegen, um Wasserressourcen planerisch zu sichern. Dies betrifft sowohl die Sicherung und Schonung der Grundwasservorkommen als auch die Nutzung des Grundwassers. Festlegungen zur Steuerung des Wasserverbrauchs können wasserintensive Nutzungen (z. B. Gewerbe, Industrie, Siedlungen) in Gebieten ausschließen, die von Trockenheit besonders betroffen sind. Zukünftig könnte eine weitere Aufgabe der Raumordnung darin bestehen, durch Vorrang- oder Vorbehaltsgebiete geeignete Bereiche zur Vorsorge gegenüber Wasserknappheit zu sichern und langfristig vorzuhalten, die u.a. für folgende Maßnahmen benötigt werden (könnten): den Aus- bzw. Neubau von Talsperren zur (Trink-)Wasserversorgung oder die Errichtung von Poldern und Regenrückhaltebecken zur Zwischenspeicherung von Wasserüberschüssen für eine zeitversetzte Nutzung als gewerbliches Brauchwasser, für die landwirtschaftliche Bewässerung oder für die Renaturierung und Wiedervernässung von Mooren und Auen.

Indikator aus dem Monitoring zur DAS: Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Grundwasser / Trinkwasser

Schutz der Biologischen Vielfalt: Mit der Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für Natur und Landschaft kann die Regionalplanung einen Beitrag dazu leisten, ein ökologisches Verbundsystem (⁠Biotopverbund⁠) aufzubauen. Sie kann dadurch Flächen sichern bzw. mit Nutzungsbeschränkungen belegen, die für die Anpassung von Tier- und Pflanzenarten an die klimatisch bedingten Veränderungen von Bedeutung sind, z. B. die klimawandelbedingte Wanderung von Arten aufgrund von Arealverschiebungen. Als Ergänzung können regionale Grünzüge als Vorranggebiete gesichert werden.

Indikator aus dem Monitoring zur DAS: Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Natur und Landschaft

Grüne Landschaft
Die Regionalplanung kann Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Klimaanpassungsmaßnahmen ausweisen.
Quelle: Peter H / Pixabay

Beiträge der Bauleitplanung für die Klimaanpassung

Die räumliche Planung kann auch auf kommunaler Ebene im Rahmen der ⁠Bauleitplanung⁠ dazu beitragen, die ⁠Sensitivität⁠ von Siedlungsstrukturen gegenüber Klimaveränderungen zu reduzieren. Die Bauleitplanung ist in einem zweistufigen Planungsverfahren organisiert; wobei zwischen der vorbereitenden Bauleitplanung (Flächennutzungspläne) von der verbindlichen Bauleitplanung (Bebauungspläne) unterschieden wird. Ihren Handlungsspielraum erschließt sich die Bauleitplanung aus dem Baugesetzbuch (BauGB). Mit den Novellen des Baugesetzbuches (BauGB) in 2011 und 2013 hat der Bund der Klimaanpassung einen höheren Stellenwert eingeräumt, indem er der Klimaanpassung bei der planungsrechtlichen Abwägung ein zusätzliches rechtliches Gewicht verliehen hat. Durch die Novelle im Jahr 2013 wurden zudem rechtliche Grundlagen gelegt, die dazu beitragen sollen, dass bei Stadtumbau- und Sanierungsmaßnahmen ebenfalls die Ziele der Klimaanpassung mit zu berücksichtigen sind. Beiträge der Bauleitplanung zur Klimaanpassung gehen insbesondere von Darstellungs- und Festsetzungsmöglichkeiten in den Flächennutzungs- und Bebauungsplänen aus. Folgende Ansatzpunkte in den Handlungsbereichen Hochwasserschutz, Küstenschutz, Schutz von Siedlungsräumen vor Extremwetterereignissen, Schutz von Wasserressourcen sowie Vorsorge für ⁠Biodiversität⁠ und Naturschutz dargestellt.

Hochwasserschutz: Die Belange des Hochwasserschutzes sind im BauGB als zu beachtende Planungsleitlinie bei der Aufstellung von Bauleitplänen verankert. Im Flächennutzungs- bzw. Bebauungsplan können Flächen dargestellt bzw. festgesetzt werden, die für den Hochwasserschutz, die Errichtung oder Erweiterung von Hochwasserschutzanlagen sowie den Wasserabfluss notwendig sind. Die Ausweisung neuer Baugebiete in wasserrechtlich festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist grundsätzlich nur unter strengen Bedingungen zulässig.

Küstenschutz: Im Hinblick auf einen steigenden Meeresspiegel und einem erhöhten Überflutungsrisiko ist die Berücksichtigung der Erfordernisse des Küstenschutzes in der Bauleitplanung insbesondere in Siedlungsgebieten mit begrenzten räumlichen Verhältnissen von Bedeutung. Im Rahmen der Bauleitplanung können Flächennutzungs- und Bebauungspläne gesonderte Flächen für den Hochwasserschutz und Hochwasserschutzanlagen darstellen beziehungsweise festsetzen, um auf diese Weise notwendige Flächen für die Verbreiterung oder Rückverlegung von Deichen zu sichern. Außerdem können Nutzungs- und Bebauungsbeschränkungen für tiefliegende Flächen hinter Deichen formuliert werden, um Schadenspotenziale zu verringern und Siedlungsentwicklung auf weniger gefährdete Bereiche zu konzentrieren.

Schutz von Siedlungsräumen vor Extremwetterereignissen: Im Rahmen der Bauleitplanung können zur Anpassung der Siedlungs- und Freiraumstrukturen Darstellungen bzw. Festsetzungen in Flächennutzungs- bzw. Bebauungsplänen oder in örtlichen Bauvorschriften und Satzungen vorgenommen werden, mit denen einer klimawandelbedingten verstärkten Aufheizung verdichteter Siedlungsräume und der daraus resultierenden Hitzebelastung des Menschen sowie Starkregenereignissen und damit einhergehenden Überschwemmungsgefahren begegnet werden kann.

Schutz vor Hitzebelastung: Bezogen auf das Thema Hitze bestehen hier insbesondere Möglichkeiten in der Umsetzung von Maßnahmen zur Sicherung siedlungsklimatisch bedeutsamer Grün- und Freiflächen sowie zur Gewährleistung einer ausreichenden Durchlüftung der Siedlungsstruktur. Die Freihaltung von siedlungsklimatisch bedeutsamen Bereichen kann durch entsprechende Nutzungsdarstellungen und Festsetzungen in den Bauleitplänen sichergestellt werden (z. B. als Grünfläche). Eine Gewährleistung einer besseren Durchlüftung eines Gebietes kann im Bebauungsplan durch die Festsetzung der Mindestgröße von Baugrundstücken, der Höhe der baulichen Anlagen sowie der Ausrichtung der Gebäude erreicht werden. Bauleitplanerische Möglichkeiten zur Umsetzung von Maßnahmen zur Begrünung und Beschattung von Verkehrsflächen und Grundstücken zur Verbesserung des Kleinklimas bestehen zudem in der Festsetzung von Anpflanzungen in Bebauungsplangebieten. Weiterhin besteht die Möglichkeit, Festsetzungen für Dach-und Fassadenbegrünungen im Bebauungsplan festzulegen, um auch damit die stadtklimatische Defizite zu verringern.

Schutz vor ⁠Starkregen⁠: Bezogen auf das Thema Starkregen können in Flächennutzungsplänen Maßnahmen aufgegriffen werden, die vor allem der Sicherung und Rückgewinnung von kommunalen ⁠Retentionsflächen⁠, der Reduzierung des Versiegelungsgrads in Siedlungsgebieten sowie dem Schutz von baulichen Anlagen und Infrastrukturen vor negativen Einflüssen durch Starkregenereignisse dienen. In Bebauungsplänen können konkrete Maßnahmen der wassersensiblen Stadtentwicklung festgesetzt werden. Hierzu gehören beispielsweise Beschränkungen der Bodenversiegelung sowie Entsiegelungsmaßnahmen, naturnahe Regenwasserbewirtschaftung (z.B. Flächenversickerung in Mulden, Rigolen, und Zisternen), Festsetzungen von Dachbegrünungen und wasserdurchlässigen Oberflächen zum Regenwasserrückhalt, Festsetzungen von Notwasserwegen sowie Festsetzungen von multifunktionalen Flächennutzungen (z.B. Grünflächen mit Retentionsfunktion). Eine hochwasserangepasste Bauweise kann in gefährdeten Gebieten bauleitplanerisch sichergestellt werden, etwa durch eine Stelzenbauweise, Mindesthöhen der (Erdgeschoss-)Fußböden, Verwendung wasserbeständiger Materialien oder Vorgaben zu Rückstauanlagen in Kanalnetzen.

Schutz von Wasserressourcen: Die Bauleitplanung kann ein klimawandelangepasstes Wassermanagement und den Schutz von Wasserressourcen insbesondere durch Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung und durch die Reduzierung des Versiegelungsgrads in Siedlungsgebieten unterstützen. Beides kann zur ortsnahen Versickerung von Niederschlagswasser und zur ⁠Grundwasserneubildung⁠ beitragen.

Schutz der Biologischen Vielfalt: Bei der Aufstellung von Bauleitplänen ist die biologische Vielfalt ein zu berücksichtigender Umweltbelang. Die Integration von deren Belangen kann im Flächennutzungsplan insbesondere durch die Darstellung von Frei- und Grünflächen (z.B. Parkanlagen, Kleingärten, Friedhöfe) zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft erfolgen. Mit deren Darstellungen wird eine Grundlage für die städtische Biotopvernetzung gelegt. Durch eine Verbindung regionaler Grünzüge mit innerstädtischen festgesetzten Grünbereichen kann die Bauleitplanung das Ausweichen von Tier- und Pflanzenarten in klimatisch geeignetere Gebiete ermöglichen, wenn Lebensräume infolge des Klimawandels gefährdet sind. Außerdem gibt es im Rahmen bei Bebauungsplänen Steuerungsmöglichkeiten durch Vorgaben zulässiger Pflanzenarten bei Neu- und Ausgleichspflanzungen, was als Maßnahme gegen die Ausbreitung invasiver Arten gelten kann. Dies gilt auch mit Blick auf die Auswahl klimaangepasster Pflanzenarten.

Weitere Maßnahmen

Verbesserung der Datengrundlage und Leitbildentwicklung: Um die Raumnutzungen dem sich wandelnden ⁠Klima⁠ anzupassen, muss die Daten- und Wissensgrundlage für die Planung verbessert werden. Es gilt, gezielt die ⁠Verwundbarkeit⁠ einzelner Gebiete zu identifizieren und darauf basierend Leitbilder und Anforderungen für klimaanpasste Raumstrukturen und Bebauung zu entwickeln.

Gestaltung eines offenen und beteiligungsorientierten Anpassungsprozesses: In einem Anpassungsprozess ist die offenen Kommunikation über Klimaveränderungen, ⁠Klimafolgen⁠ und Anpassungsstrategien und –maßnahmen eine zentrale Aufgabe. Hierzu sind verschiedene Akteure der Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft einzubinden. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn klimawandelbedingte Anpassungserfordernisse mit Flächennutzungskonflikten einhergehen. Eine rechtzeitige Einbindung der Akteure ermöglicht die frühzeitige Berücksichtigung von deren jeweiligen Interessen. Zudem kann dadurch ein breites Fach- und Erfahrungswissen genutzt werden und die Akzeptanz für die erarbeiteten Ergebnisse erhöhen sowie deren Umsetzung begünstigen. Aufgrund ihrer sektorübergreifenden Perspektive ist die Raumplanung grundsätzlich dafür geeignet, die Aufgabe des „Promotors“ eines raumbezogenen Anpassungsprozesses zu übernehmen. Als querschnittsorientierter Akteur verfügt sie über die notwendigen Voraussetzungen, um Netzwerke zu aktivieren, die Zusammenarbeit verschiedener Akteure zu anzuregen, zu koordinieren und zu moderieren sowie als Vermittler zwischen unterschiedlichen Interessenlagen zu agieren.

Flexibilität von Plänen: Entscheidungen über Planungen zur Klimaanpassung müssen unter hoher ⁠Unsicherheit⁠ und langfristiger Vorausschau gefällt werden. Daher wird eine Planung benötigt, die in der Lage ist, auf sich ändernde Umstände flexibel zu reagieren. Es sollte daher nicht von vornherein ein umfassender Plan mit endgültigen Aussagen aufgestellt werden, sondern eher eine Kette aufeinanderfolgender strategischer Entscheidungen getroffen werden, die jeweils auf ihrer Stufe differenzierte Lösungen anbieten. An die Stelle einer statischen Zuweisung von Raumfunktionen sollte daher zunehmend eine dynamische Raumentwicklung mit reversiblen Raumfunktionen treten. Um dies zu gewährleisten, wäre eine zeitliche Befristung von Raumnutzungen erforderlich. Eine Möglichkeit bestünde darin Zwischennutzungen anzuwenden, also Raumnutzungen, die nur für einen begrenzten Zeitraum zulässig sind. Ein weiteres Instrument zur Erhöhung der Flexibilität könnten Zielvereinbarungen darstellen, die zwar das anzustrebende Ergebnis vorgeben, nicht aber den Weg dorthin.