Erneuerbare Energien im 1. Halbjahr 2021 zeigen gemischte Bilanz

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Wenig Wind sorgte im ersten Halbjahr 2021 bei „grünem“ Strom für einen Rückgang von 10 Prozent. Auch der Biokraftstoff-Absatz sank durch die pandemiebedingt geringe Reisetätigkeit um etwa 13 Prozent, während die Nutzung erneuerbarer Energieträger für Wärme wegen des kalten Frühjahrs um 13 Prozent anstieg. Das zeigen die aktuellen Daten der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat).

Strom aus erneuerbaren Energieträgern

In den ersten sechs Monaten 2021 wurden in Deutschland insgesamt etwa 122 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh) Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt. Dies entspricht einem Rückgang um über 10 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2020 (136 Mrd. kWh). Auch der Wert des ersten Halbjahres 2019 (127 Mrd. KWh) wurde verfehlt. Hauptgrund für diese Entwicklung war das sehr windarme Frühjahr. Zwar kam es auch in der Vergangenheit zu witterungsbedingten Schwankungen im Windangebot, diese Schwankungen konnten in früheren Jahren jedoch oft durch einen kontinuierlichen Zuwachs an neuen Windenergieanlagen ausgeglichen werden. Infolge des zuletzt sehr langsamen Zubaus von Windenergieanlagen an Land gelang dies im aktuellen Jahr nicht.

Weil gleichzeitig die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie in den vergangenen Monaten schrittweise aufgehoben wurden, stieg der Stromverbrauch im Vergleich zu 2020 insgesamt wieder an. Steigender Strombedarf bei gleichzeitig sinkender erneuerbarer Strommenge hatte zur Folge, dass der Anteil der erneuerbaren Energien am ⁠Bruttostromverbrauch⁠ deutlich zurückging: Nachdem in den ersten 6 Monaten des Vorjahres noch etwa 50 Prozent des Stromverbrauchs durch Erneuerbare gedeckt wurde, liegt der Anteil in diesem Jahr nach derzeitigen Schätzungen bei nur noch etwa 42 Prozent.

Das Jahr 2021 führt bisher deutlich vor Augen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien kein Selbstläufer ist – der Rückgang der erneuerbaren Stromerzeugung wegen windschwacher Monate ist vielmehr ein Warnsignal: Die gesetzlich vereinbarten Ziele müssen schnellstmöglich mit konkreten Maßnahmen unterlegt werden. Denn um bis zum Jahr 2030 einen Anteil von 65 Prozent erneuerbare Energien am Stromverbrauch in Deutschland zu schaffen, muss die erneuerbare Stromerzeugung in nur neun Jahren fast verdoppelt werden. Aus Sicht des Umweltbundesamtes müssen die Ausbauziele der erneuerbaren Energien schnell nach oben korrigiert werden, denn erneuerbarer Strom ist die Voraussetzung, um auch den Gebäude-, Verkehrs- und Industriesektor zu dekarbonisieren.

Windenergie: Trotz der schlechten Windbedingungen und dem damit einhergehenden starken Rückgang der Stromerzeugung blieb die Windenergie der weitaus wichtigste erneuerbare Energieträger im deutschen Strommix. Im Vergleich zum sehr windreichen Vorjahr sank die Stromerzeugung aus Wind um etwa 20 Prozent auf nunmehr 58 Milliarden Kilowattstunden. Damit steuerte die Windenergie aber weiterhin fast die Hälfte des gesamten erneuerbaren Stroms bei. Etwa vier Fünftel des Windstroms wird an Land (Onshore) erzeugt, ein Fünftel von Windenergieanlagen auf See (Offshore).
Der Netto-Zubau neuer Windkraftanlagen an Land zeigt im ersten Halbjahr 2021 mit etwa 854 Megawatt (MW) einen leicht positiven Trend. Das Niveau der neu installierten Leistung befindet sich aber weiter deutlich unter dem Niveau der ausbaustarken Jahre 2014 bis 2017. Die installierte Leistung stieg in den ersten sechs Monaten des Jahres von 54.420 MW um nur 1,5 Prozent auf 55.275 MW.
Nach Abschluss der zweiten Offshore-Ausbauphase Mitte letzten Jahres gab es keine weiteren Inbetriebnahmen neuer Offshore-Windenergieanlagen mehr. Mit neuen Windenergieparks auf See kann erst ab dem Jahr 2022 gerechnet werden. Derzeit sind Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von 7.748 MW installiert.

Photovoltaik: Auch für die Photovoltaik (PV) waren die Witterungsbedingungen über weite Teile des ersten Halbjahres ungünstig. In Summe lag die Sonneneinstrahlung trotz des sehr sonnigen Junis deutlich unter dem Wert des Vorjahres. Das eher ungünstige ⁠Wetter⁠ konnte jedoch durch eine hohe Anzahl neu installierter PV-Anlagen kompensiert werden: Die Stromerzeugung aus PV-Anlagen lag mit etwa 28 Milliarden Kilowattstunden leicht (1 Prozent) über dem Vorjahreswert.
In den ersten sechs Monaten 2021 wurden etwa 2.377 Megawatt (MW) an neuer PV-Leistung installiert. Damit stieg die installierte Leistung von 53.848 MW Ende 2020 um fast 5 Prozent auf nunmehr 56.225 MW.

Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie: Aus ⁠Biomasse⁠ und biogenem Abfall wurde im ersten Halbjahr 2021 eine Strommenge von knapp 26 Milliarden Kilowattstunden erzeugt. Dies sind etwa 1 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch Wasserkraftanlagen verzeichneten auf Grund höherer Niederschläge einen Anstieg der Stromerzeugung auf etwas mehr als 10 Milliarden Kilowattstunden (plus 4 Prozent). Die Geothermie trägt mit etwa 0,1 Milliarden Kilowattstunden weiterhin nur marginal zur Stromversorgung in Deutschland bei.

Erneuerbare Energien im Wärmesektor

Der Einsatz erneuerbarer Energieträger im Wärmesektor ist stark von der ⁠Witterung⁠ abhängig. So führten die relativ kalten Temperaturen in den ersten Monaten des Jahres in Deutschland zu einem kräftigen Anstieg des Wärmebedarfs und somit auch zu einem Anstieg der Nutzung erneuerbarer Energieträger zu Heizzwecken. Nach ersten Schätzungen stieg die Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmebereich von gut 100 Milliarden Kilowattstunden im ersten Halbjahr 2020 auf fast 114 Milliarden Kilowattstunden (und damit um über 13 Prozent) an.
Ein Blick auf die Wärmequellen zeigt, dass neben der energetischen Biomassenutzung insbesondere auch die Wärmenutzung aus Wärmepumpen deutlich zulegte.
Da die kalte Witterung auch für einen Zuwachs an fossiler Wärme sorgt, geht die AGEE-Stat zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht von einem dynamischen Sprung im Anteil der Erneuerbaren am gesamten ⁠Endenergieverbrauch⁠ für Wärme aus.

Erneuerbare Energien im Verkehr

Im Jahr 2020 stieg der Einsatz von Biokraftstoffen in Deutschland bedingt durch die Anhebung der gesetzlich festgelegten ⁠Treibhausgas⁠-Minderungsquote auf 6 Prozent sehr stark an. Im Jahr 2021 liegt die Nutzung allerdings bislang deutlich unter den Vorjahreswerten. Vorläufige Daten zeigen, dass der Absatz von Biokraftstoffen im ersten Halbjahr 2021 deutlich zurückging. Unter Berücksichtigung der Nutzung von erneuerbarem Strom im Verkehr sank die Nutzung erneuerbarer Energieträger im Verkehr von 20 Milliarden Kilowattstunden in den ersten sechs Monaten 2020 auf gut 17 Milliarden Kilowattstunden im ersten Halbjahr 2021 (minus 13 Prozent).
Als wesentlicher Grund für den Rückgang kann insbesondere die durch die Corona-Pandemie deutlich eingeschränkte Reisetätigkeit im ersten Quartal 2021 angenommen werden – so ist auch von einem deutlichen Rückgang der Nutzung fossiler Kraftstoffe im gleichen Zeitraum auszugehen.

Die Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat)

Die Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) bilanziert im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (⁠BMWi⁠) die Nutzung der erneuerbaren Energien und erstellt kontinuierlich Berichte zu deren Entwicklung auf Grundlage aktuell verfügbarer Daten. Die Geschäftsstelle der AGEE-Stat befindet sich am Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau.