Stärkung des Immunsystems von Nutztieren

Foto: Tierarzt hält ein Ferkel in der Hand und injiziert die Impfung mit einer Impfpistole.zum Vergrößern anklicken
Saugferkelimpfung

Die Impfung von Jungtieren stärkt die aktive Immunität, beugt Erkrankungen vor und reduziert den Einsatz von Tierarzneimitteln.

Quelle: Steinhoff-Wagner / Universität Bonn

Inhaltsverzeichnis

 

Die passive Immunität

Zur passiven Immunisierung steht bei Ferkeln und neugeborenen Wiederkäuern die rechtzeitige und ausreichende Versorgung mit Kolostrum an erster Stelle, da sie vor der Geburt keine Abwehrstoffe vom Muttertier erhalten (siehe: Optimale Fütterung, Abschnitt: Ausgewogene Zusammensetzung des Futters fördert die Gesundheit). Die Frischgeborenen müssen so schnell wie möglich saugen, um ausreichend Kolostrum aufzunehmen. Für den Fall, dass das Muttertier erkrankt, sollte Kolostrum hoher Qualität eingefroren bevorratet werden. Gegebenenfalls kann auch durch eine rechtzeitige Muttertierimpfung der Antikörpergehalt im Kolostrum erhöht werden (siehe: Optimale Fütterung).

Da die Energiereserven aller Neugeborenen nach der Geburt schnell aufgebraucht sind und sie die eigene Körpertemperatur nur eingeschränkt regulieren können, bedarf es relativ hoher Raumtemperaturen oder einer externen Wärmezufuhr. Der Abferkelstall darf deswegen nicht zu kalt und der Weg zum Ferkelnest nicht zu lang sein. Für Kälber sollte ein Iglu als Witterungsschutz mit ausreichend Einstreu zur Verfügung stehen. Unter Umständen sollte nach der Geburt, möglichst entfernt von der Sau, eine Wärmelampe angebracht werden. Verdunstet das Fruchtwasser auf den neugeborenen Jungtieren, kühlen diese aus. Deswegen sollten die Ferkel trockengerieben und dann sofort an das Gesäuge der Sau angesetzt werden. Auch Kälber können mit Stroh trockengerieben werden, speziell wenn sie direkt in Außenklimaställe gebracht werden. Eine gewissenhafte Überwachung der Geburt und der Aufnahme von Kolostrum wirkt sich sehr positiv auf die Überlebenswahrscheinlichkeiten von Ferkeln oder Kälbern und deren lebenslange Gesundheit aus. Für jedes Ferkel muss eine funktionierende Zitze mit ausreichend Milch vorhanden sein. Kälbern sollte häufig frische (Biest-)Milch angeboten werden. Behandlungsmaßnahmen oder das Versetzen von Ferkeln zu anderen Sauen sollten erst nach ausreichender Kolostrumaufnahme durchgeführt werden (siehe: Optimale Fütterung).

Auch Geflügel benötigt Wärme, insbesondere in den ersten 10 Tagen nach dem Schlüpfen. Ställe mit Fußbodenheizung und hierdurch erzielte Raumtemperaturen von 30 bis 34°C haben sich bewährt. Zusätzlich kann eine optimale Versorgung mit Vitaminen und Mineralien die Tiere stabilisieren.

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Die aktive Immunität

Im Laufe des Lebens bildet sich mit jedem Erregerkontakt die aktive Immunität aus. Durch Impfungen kann eine Infektion ohne krankmachende Wirkung nachgeahmt werden und die Bildung von Abwehrstoffen angeregt werden. Inaktivierte Impfstoffe enthalten tote Bakterien oder Viren, daher werden sie auch als Totimpfstoffe bezeichnet. Sofern es sich nicht um speziell ausgewiesene Einmalimpfstoffe handelt, ist eine zweifache Grundimmunisierung notwendig. Die Lebendimpfstoffe enthalten noch vermehrungsfähige Viren, die schnell zu einem Schutz führen sollen.mpfstrategie und -planung

Impfstrategie und -planung

Eine Impfung ist immer eine langfristige, vorbeugende Maßnahme und nicht geeignet, kurzfristig Krankheitssymptome zu behandeln. Kurzfristig eignen sich sogenannte Paramunitätsinducer, pflanzliche Inhaltsstoffe, Virus- Hüllproteine oder Bakterienzellbestandteilen.Diese Wirkstoffe erwirken eine kurzzeitig andauernde (1-2 Wochen) erhöhte Abwehrbereitschaft. Das Auftreten von konkreten Erkrankungen kann Anlass sein, die bestehende Impfstrategie mit dem Bestandstierarzt/-ärztin zu überarbeiten. Bei der Entwicklung der Impfstrategie sollten frühere Erkrankungen und Managementfaktoren beachtet werden: Wann werden neue Tiergruppen gebildet? Wann werden Tiere umgestallt? Da diese Ereignisse zusätzlich zur Impfung Stress für die Tiere bedeuten, sollten sie in der Impfplanung berücksichtigt werden. Ein durchdachter, dem Betriebsmanagement angepasster Zeitplan ist wichtig, damit die Impfung optimalen Schutz entwickeln kann und die Tiere in kritischen Zeiten nicht zusätzlich geschwächt werden.

Auswahl des Impfstoffs

Für die Auswahl der Impfstoffe ist die genaue Bestandsdiagnostik eine Grundvoraussetzung. Zugelassene kommerzielle Impfstoffe sind hier die erste Wahl, da für die Zulassung die Wirkung und die Ungefährlichkeit nachgewiesen worden ist. Diese stehen für viele wirtschaftlich bedeutende Erkrankungen zur Verfügung.

Die Entscheidung, welche Impfstoffe eingesetzt werden, ist ein Kompromiss aus Nutzen und Kosten. Da nicht alle Impfstoffe miteinander kombiniert werden können, spielt hier auch die Zeit eine große Rolle. Vorrausgehen sollte eine sorgfältige Analyse der häufigsten Erkrankungen. Werden diese mit Impfungen adressiert, sind die größten Einsparungen im Hinblick auf Behandlungen und Tierarzneimitteleinsatz zu erwarten.

Bestandsspezifische Impfstoffe

Falls keine kommerziellen Impfstoffe zur Verfügung stehen oder die gängigen Impfstoffe keine optimale Wirkung zeigen, können auch aus den im Bestand isolierten bakteriellen bzw. im Geflügelbereich auch viralen Erregern bestandsspezifische Impfstoffe in speziellen Laboren hergestellt werden. Diese dürfen nur in diesem Bestand angewendet werden. Bestandsspezifische Impfstoffe sind Totimpfstoffe und nur für gesunde Tiere geeignet. Aufgrund des zeitaufwendigen Herstellungsprozesses sind bestandsspezifische Impfstoffe hauptsächlich bei wiederkehrenden Erkrankungen mit einem bestandsspezifischen Erregerspektrum hilfreich.

Die optimale Wirkung eines bestandspezifischen Impfstoffs ist nur dann gewährleistet, wenn er die Erreger enthält, die für den Bestand problematisch sind. Grundvoraussetzung für die optimale Impfstoffentwicklung ist eine gründliche Diagnostik, wofür repräsentative Probennahmen im Bestand nötig sind. Vor der Impfstoffherstellung sollte der Erreger in einem Labor charakterisiert werden, damit ein optimaler Schutz entwickelt werden kann.

 

Impfungen in ein Gesamtkonzept aus Maßnahmen einbinden

Der Zeitpunkt der Impfung hängt vom Wirkungsziel ab. Zum Schutz der Nachkommen können z.B. Mutterschutzimpfungen am Muttertier eingesetzt werden oder neugeborene Tiere geimpft werden. Impfungen müssen in das gesamte Gesundheitsmanagement integriert werden und können nur einen optimalen Schutz bieten, wenn auch das Hygienemanagement stimmt (siehe: Reduktion des Keimdrucks).

Die Impfmaßnahmen im Bestand sollten regelmäßig überprüft und kritisch hinterfragt werden. Falls Impfmaßnahmen nicht greifen oder dauerhafte Erkrankungen auftreten, kann über eine Sanierung des Bestandes nachgedacht werden. Dies bedeutet, dass der Erreger aus dem Bestand verdrängt wird, indem der Tierbestand komplett ausgetauscht wird. Vor der Neubelegung findet eine umfassende, gründliche Reinigung und Desinfektion statt.

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