Welche chemikalienrechtlichen Vorschriften gelten nach der Chemikalienverordnung REACH für den Einsatz von HBCD?

  • Die Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH-Verordnung (EG) Nr. 1906/2007) regelt unter anderem die Registrierungs- und Zulassungspflichten von Stoffen auf dem europäischen Markt, Kommunikationspflichten in der Lieferkette (insbesondere über das Sicherheitsdatenblatt) und legt Beschränkungen für Stoffe fest.
  • Wegen seiner persistenten, bioakkumulierenden und toxischen (⁠PBT⁠) Eigenschaften ist HBCD eine besonders besorgniserregende Chemikalie (substance of very high concern, SVHC). Als solcher PBT-⁠Stoff⁠ wurde es im Oktober 2008 in die „Kandidatenliste für eine Zulassungspflicht“ unter der REACH-Verordnung aufgenommen.
  • Die Aufnahme in diese Kandidatenliste führt zu bestimmten Mitteilungspflichten, sofern ein ⁠Erzeugnis⁠ HBCD enthält (Mitteilungspflicht der Produzenten oder Importeure an die ECHA nach REACH Art. 7(2) sowie der Produzenten, Importeure oder Händler an nachfolgende gewerbliche Nutzer und Verbraucher nach REACH Art. 33). Das heißt, im gewerblichen Bereich muss die Information mit dem Erzeugnis geliefert werden, Verbraucher erhalten die Auskunft auf Nachfrage spätestens nach 45 Tagen.
  • Weiterhin ist HBCD in Anhang XIV der REACH-Verordnung „Verzeichnis der zulassungspflichtigen Stoffe“ gelistet. Damit ist die Verwendung des Stoffes in der EU seit dem 21.08.2015 zulassungspflichtig. Der Verwendungsbegriff meint den direkten Umgang mit dem Stoff oder einem ⁠Gemisch⁠, das diesen Stoff enthält, z.B. zur Herstellung von flammgeschützten Erzeugnissen. Die Zulassungspflicht bezieht sich also auf Produktionsprozesse, in denen HBCD verwendet wird. Zulassungsanträge waren bis spätestens 21.02.2014 an die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) zu stellen, sonst durfte die Verwendung nach dem 21.08.2015 nicht mehr fortgesetzt werden. Zulassungen nach REACH werden spätestens nach einem in der Zulassung genannten Datum überprüft. Für PBT-Stoffe wird eine Zulassung nur erteilt, wenn keine brauchbaren Alternativen vorliegen und sozioökonomische Gründe dafür sprechen.
  • Bei der ECHA sind bis zum 21.02.2014 insgesamt zwei Zulassungsanträge des gleichen Konsortiums aus 13 Firmen für die befristete Verwendung von HBCD eingegangen. Sie beziehen sich auf die Herstellung flammgeschützter unexpandierter Pellets zur Herstellung von expandiertem Polystyrol (EPS) (Verwendung 1 - Zulassungsantrag) und die Herstellung von Erzeugnissen aus solchen Pellets und die weitere Verwendung dieser Erzeugnisse im Baubereich (Verwendung 2 - Zulassungsantrag). Zu diesen Zulassungsanträgen haben die wissenschaftlichen Ausschüsse der ECHA – der Ausschuss für Risikobewertung (RAC) und der Ausschuss für sozioökonomische Analyse (SEAC) – Stellungnahmen verabschiedet, die die ECHA am 09.01.2015 der EU-Kommission (KOM), den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und den Antragstellern übermittelte. Auf der ECHA Website sind die Stellungnahmen publiziert:
  1. Verwendung zur Herstellung flammgeschützter, unexpandierter EPS-Pellets
  2. Verwendung zur Herstellung von flammgeschützten Erzeugnissen aus EPS für den Baubereich

    Die Stellungnahmen empfehlen eine Zulassung der Verwendungen für zwei Jahre. Auf Grundlage dieser Stellungnahmen erließ die KOM einen Durchführungsbeschluss, durch den das antragstellende Konsortium für die Verwendung von HBCD zur Herstellung von flammgeschütztem EPS für den Baubereich in der EU eine Zulassung bis zum 21. August 2017 erhielt. Bedingung ist, dass die Antragsteller über die Fortschritte bei der Substitution Bericht erstatten. Die Veröffentlichung des Beschlusses im Amtsblatt der Europäischen Union erfolgte im Januar 2016.
  • Die Zulassungspflicht unter REACH bezieht sich auf die Herstellung und Verwendung von HBCD, nicht auf HBCD in fertigen Erzeugnissen. D.h. Erzeugnisse, die bereits hergestellt sind (Lagerbestände) oder Erzeugnisse, die in die EU importiert werden, dürfen unter der REACH-Verordnung auch nach dem Ablauftermin am 21.08.2015 in Verkehr gebracht werden. Im Fall von HBCD führen aber die Bestimmungen der ⁠POP⁠-Verordnung dazu, dass HBCD-haltige Erzeugnisse nicht mehr oder nur unter bestimmten Bedingungen hergestellt, verwendet und in Verkehr gebracht werden dürfen.

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