Reduktion tierarzneimittelhaltiger Sperrmilch

Das Bild zeigt acht verschiedene Röhrchen, die in einer Reihe angeordnet und mit Flüssigkeit gefüllt sind. Die Flüssigkeiten sind unterschiedlicher Färbung, die nach rechts hin dunkler wird.zum Vergrößern anklicken
Antibiotikanachweis in Milchproben

Ein Farbumschlag von farblos zu lila zeigt, ob in einer Milchprobe Rückstände von Antibiotika enthalten sind.

Quelle: Benedikt Schulze-Dieckhoff / Universität Bonn

Sperrmilch darf nicht in den Handel gelangen. Darunter fällt sowohl Kolostrum als auch Milch, die während der Behandlung mit Tierarzneimitteln und der darauffolgenden Wartezeit gemolken wird. Das sind bis zu vier Prozent der gesamten erzeugten Milchmenge. Die Entsorgung von Sperrmilch ist für Landwirtinnen/-wirte ein Dilemma, da die vorhandenen Möglichkeiten entweder Tiere oder Umwelt belasten.

Entsorgung von Sperrmilch: Die gängige Praxis

Das Kolostrum wird ausnahmslos an Kälber verfüttert und trägt entscheidend zu deren guten Gesundheitsstatus bei. Bei der Entsorgung von Sperrmilch mit möglichen Arzneimittelrückständen, und das sind Schätzungen zufolge bis zu vier Prozent der gesamten erzeugten Milchmenge, befindet sich die Milchviehhaltung in der Zwickmühle: Sie zu verfüttern bedeutet, wissentlich unerwünschte Wirkstoffe zu verfüttern. Wissenschaftliche Untersuchungen haben bewiesen, dass sich Sperrmilchfütterung an Kälber negativ auf deren Gesundheitszustand auswirkt. Bei weiblichen Kälbern hat die Fütterung mit tierarzneimittelhaltiger Sperrmilch noch als Milchkühe negative Auswirkungen auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Auch Sauen erhalten bei Gesäugeentzündungen (MMA) während der Laktation Tierarzneimittel und scheiden diese über die Milch aus. Das Datenmaterial zeigt, dass Tierarzneimittel enthaltende Sauenmilch ähnliche nachteilige Effekte auf die Gesundheit der Ferkel hat, wie tierarzneihaltiges Kolostrum von Kühen bei Kälbern.

Gefahren der Sperrmilchentsorgung

Durch subtherapeutische Konzentrationen von Antibiotikarückständen in der Sperrmilch steigt das Risiko der Resistenzbildung. Nicht optimal, aber besser als die Verfütterung, ist die Entsorgung von Sperrmilch über die Gülle. Aber auch so können Antibiotikarückstände die Resistenzbildung fördern, da sie mit der Gülle auf die Felder und damit in die Umwelt gelangen (siehe: Umweltwirkungen von Tierarzneimitteln und Eintrag und Vorkommen von Tierarzneimitteln in der Umwelt).

Sperrmilchentsorgung

Bei der Sperrmilchentsorgung über die Gülle, welche gelagert, kompostiert oder in der Biogasanlage vergoren wird, kann der Eintrag von Tierarzneimittelrückständen in die Umwelt verringert werden, da durch die Behandlungen die Wirkstoffe teilweise abgebaut werden (siehe: Behandlung von Wirtschaftsdüngern). Außerdem gehen der Landwirt und die Landwirtin kein Risiko für die Tiere ein.

Sperrmilch vermeiden und dem Entsorgungsdilemma entgehen

Da es kaum geeignete Entsorgungsmöglichkeiten gibt, kann dem Entsorgungsdilemma nur durch die Vermeidung von Sperrmilch entgangen werden. Durch Maßnahmen im Hygiene- und Gesundheitsmanagement sollte Mastidien möglichst vermieden werden (siehe: Reduktion des Keimdrucks). Erkrankte Tiere können zumindest gegen Ende ihrer Laktation vorzeitig trockengestellt werden. Trockenstellen wirkt sich positiv auf den Behandlungserfolg aus und vermeidet die Produktion von entsorgungspflichtiger Sperrmilch. Tiere mit Enterokokken, Klebsillen, Cornebakterium, Hefen und Prototheken als Mastitis-Verursacher sollten ausgemolken werden und den Raum zur Selbstheilung bekommen. Erst bei nicht erfolgter Ausheilung müssen Tierarzneimittel gegeben werden.

Trockenstellen ohne Antibiotika

Zum Trockenstellen wird häufig ein antibiotischer Trockensteller eingesetzt, unabhängig davon, ob eine behandlungsbedürftige Mastitis vorliegt oder nicht. Das lässt sich unter anderem darauf zurückführen, dass das antibiotikahaltige Medikament preiswerter ist als der nicht-antibiotische Trockensteller. Selbst nach 50 Tagen Trockenstehzeit konnten in der folgenden Laktation noch Rückstände des antibiotischen Trockenstellers im Kolostrum nachgewiesen werden. Die Auswirkungen auf Jungtiere und Umwelt sollten bei der Auswahl des Trockenstellers berücksichtigt werden. Alternativen zur Antibiotikabehandlung werden in zahlreichen Veröffentlichungen erläutert:

Foto: Hände in Gummihandschuhen an Kuheuter bei Applikation mittels Einwegspritze.
Kuheuter mit Applikation

Die Wahl eines nicht-antibiotischen Trockenstellers hat Vorteile gegenüber der Nutzung von Antibiotika für Jungtiere und Umwelt.

Quelle: Julia Steinhoff-Wagner/ Universität Bonn
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