BAU-R-3: Spezifischer Energieverbrauch der privaten Haushalte für Raumwärme
Der bis 2014 rückläufige temperaturbereinigte Energieverbrauch für Raumwärme deutet darauf hin, dass neben Verhaltensänderungen und dem zunehmenden Einsatz effizienterer Heizsysteme auch bauliche Maßnahmen zum Wärmeschutz erfolgreich umgesetzt wurden. Diese Maßnahmen haben auch positive Auswirkungen auf den Schutz der Gebäude vor sommerlicher Überhitzung. Seit 2015 steigt der temperaturbereinigte Energieverbrauch für Raumwärme wieder an.
Klimaangepasste Gebäude – die Hitze bleibt draußen
Eine klimagerechte städtebauliche Gestaltung, die innerstädtisches Grün bewahrt und ausweitet, ist ein Weg, um Wärmebelastungen vorzubeugen oder sie zumindest zu mindern. Andere Maßnahmen setzen direkt am Gebäudebestand an.
Um eine Überwärmung von Innenräumen zu vermeiden, kommt in wärmeren Klimazonen vielfach eine aktive technische Kühlung von Wohn- und Arbeitsstätten zum Einsatz. In den heißen Sommern der vergangenen Jahre war diese Reaktion auch in Deutschland zu beobachten: Der Verkauf mobiler Klimaanlagen zur aktiven Kühlung von Wohnungen und Häusern stieg außergewöhnlich stark an. Allerdings ist die Nutzung von Klimaanlagen mit einem höheren Stromverbrauch verbunden, der wiederum zu einem verstärkten CO2-Ausstoß führt, solange das Energiesystem noch zum größeren Teil auf fossilen Energien beruht. Bemühungen um den Klimaschutz laufen diese Maßnahmen daher zuwider. Hinzu kommt, dass die Abluft der Klimaanlagen lokal an ihrem Einsatzort die Stadtatmosphäre erwärmt und damit die bioklimatischen Belastungen verstärken kann. Maßnahmen der passiven Kühlung sollten aus diesem Grund sowohl bei der Sanierung des Gebäudebestands als auch beim Neubau größere Priorität genießen.
Um das Innenraumklima zu sichern und baulich vor Sommerhitze zu schützen, müssen Bauherren und Architekten zwei Strategien gleichzeitig verfolgen: Die erste lässt eine Erwärmung innerhalb des Gebäudes erst gar nicht zu, die zweite führt die vorhandene Wärme ohne oder mit möglichst geringem Energieeinsatz nach draußen ab. Letzteres lässt sich z. B. durch natürliche Lüftungs- und Ventilationssysteme, eine kontrollierte nächtliche Lüftung oder eine antizyklische Speicherung bzw. Abgabe von Wärme bzw. Kälte erreichen. Möglichkeiten für einen vorbeugenden sommerlichen Wärmeschutz – die erste Strategie – bestehen beispielsweise darin, Fensterflächenanteile und Gebäudeausrichtung sorgfältig zu planen, außen liegende Verschattungselemente und Sonnenschutzgläser einzusetzen, Gebäudefassaden und -dächer zu begrünen oder Gebäude mit einer guten Wärmedämmung zu versehen und hohe energetische Baustandards einzuhalten.
Die Maßnahmen des baulichen Wärmeschutzes verringern auch die für Heizung und Kühlung von Gebäuden eingesetzte Energie. In neuen Gebäuden werden Anforderungen an den Wärmeschutz bei Planung und Bau berücksichtigt. Bei älteren Gebäuden verbessert die energetische Sanierung den Wärmeschutz – in Deutschland werden aktuell pro Jahr etwa 1,4 % des vor 1979 errichteten Gebäudestands entsprechend modernisiert.50 Diese und andere passive Maßnahmen können der Überhitzung von Innenräumen vorbeugen. Zusammen mit effizienzsteigernden Maßnahmen und verhaltensbedingten Einsparungen, die aus einem gestiegenen Kosten- und Umweltbewusstsein resultieren, schlagen sie sich in einem deutlich verringerten Energieverbrauch der privaten Haushalte für Raumwärme nieder. Der verringerte Energieverbrauch für Raumwärme kann also auch ein Anhaltspunkt dafür sein, dass sich die Voraussetzungen für kühlere Innentemperaturen während Hitzeperioden verbessert haben.
Die erfolgreiche Umsetzung aller genannten Maßnahmen wird am temperaturbereinigten, d. h. am rechnerisch auf einen mittleren bundesweiten Verlauf der Lufttemperatur angepassten Verbrauch von Heizenergie der privaten Haushalte ablesbar. Aussagen über die Robustheit der Wohngebäude gegen Überhitzung in Hitzeperioden können daraus allerdings nur ansatzweise getroffen werden. Das gilt auch für Nicht-Wohngebäude, die dieser Indikator nicht abdeckt.
Im Jahr 2000 wendeten die Haushalte temperaturbereinigt noch mehr als 580 Terawattstunden Heizenergie auf, bis zum Jahr 2016 ging der Energieverbrauch auf 471 Terawattstunden zurück. Bezogen auf die Wohnfläche, die im gleichen Zeitraum deutlich zunahm, bedeutet das einen signifikanten Rückgang des temperaturbereinigten Energieverbrauchs für Raumwärme von knapp 20 %.
50 - Cischinsky H. & Diefenbach N. 2016: Datenerhebung Wohngebäudebestand 2016 – Datenerhebung zu den energetischen Merkmalen und Modernisierungsraten im deutschen und hessischen Wohngebäudebestand. Forschungsbericht eines durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung sowie das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung geförderten Vorhabens. Darmstadt, 179 S.
Ziele
Stärkere Anpassung an höhere durchschnittliche Sommertemperaturen und zwischenzeitlich längere Hitzeperioden in der Gebäudeplanung und Gebäudetechnik (DAS, Kap. 3.2.2)