Infraschall um oder unter der Wahrnehmungsschwelle führt nicht zu unmittelbaren körperlichen Reaktionen

Experimentalstudie des Umweltbundesamtes zeigt aber Belästigungswirkung

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Anlagen zur Energieerzeugung sowie raumlufttechnische Anlagen führen zu Beschwerden über Infraschall
Quelle: 3dmentat / Fotolia.com

Eine Experimentalstudie des Umweltbundesamtes (UBA) findet keinen Zusammenhang zwischen Infraschallgeräuschen um oder unter der Wahrnehmungsschwelle und akuten körperlichen Reaktionen. Die Probandinnen und Probanden stuften die Infraschallgeräusche allerdings als „etwas“ bis „mittelmäßig“ lästig ein. Die Belästigung wurde als höher eingeschätzt, je näher die Geräusche an die Wahrnehmungsschwelle sowie in den tieffrequenten Hörschallbereich rückten. Ob jemand bereits in seinem Wohnumfeld mit Infraschall oder tieffrequenten Geräuschen vorbelastet war oder nicht, spielte keine Rolle beim Einfluss auf die körperlichen Reaktionen und das Lästigkeitsempfinden.

Die Experimentalstudie wurde unter weitreichend kontrollierten Bedingungen auf einem ehemaligen Kasernengelände bei Flensburg durchgeführt. Insgesamt 44 Personen wurden innerhalb von circa acht Stunden mit vier unterschiedlichen Infraschallgeräuschen beschallt. Die Beschallungsdauer betrug je 30 Minuten. Während und nach der Beschallung wurden die physiologischen Parameter Herzfrequenz, Blutdruck, Hirnrinden-Aktivität und Gleichgewichtswahrnehmung gemessen. Dabei konnten keine statistisch signifikanten Veränderungen festgestellt werden, die auf Infraschall zurückzuführen waren. Mit Fragebögen wurde das akute Belästigungsempfinden erhoben. Die Infraschallgeräusche lagen im Frequenzbereich von 3 Hz bis 18 Hz mit Schalldruckpegeln zwischen 105 und 85 dB. Die Geräusche bildeten somit ein Spektrum unterhalb, nah an der und knapp oberhalb der derzeit definierten Wahrnehmungsschwelle ab. Eines der Geräusche war amplitudenmoduliert. Amplitudenmodulationen können z.B. bei der ⁠Emission⁠ von Infraschall durch Windenergieanlagen auftreten.

Stationäre Geräte wie Kühlschränke, Wärmepumpen und technische Anlagen wie Windenergieanlagen oder Biogasanlagen emittieren tieffrequenten Schall einschließlich Infraschall. Infraschall ist definiert als Schallwellen im Frequenzbereich unter 20 Hertz und ist für die meisten Menschen nicht mit dem Gehör wahrnehmbar.

Über die negativen Auswirkungen von Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegen bisher nur wenige wissenschaftliche Erkenntnisse vor. Die Experimentalstudie des Umweltbundesamtes geht dieser Frage nach. Allerdings wurde die Studie als Experimentaluntersuchung mit einer geringen Anzahl von Versuchspersonen und einem vergleichsweise kurzen Beschallungszeitraum mit synthetischen reinen Infraschallsignalen durchgeführt. Daher können die Forschungsergebnisse nicht generalisiert und daraus keine möglichen langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen von Infraschallimmissionen im Wohnumfeld abgeleitet werden. Um mögliche bislang nicht bekannte Langzeiteffekte zu identifizieren, bedarf es einer epidemiologischen Langzeitstudie im Wohnumfeld. Das Umweltbundesamt beabsichtigt daher, im kommenden Jahr ein vorbereitendes Forschungsvorhaben zu diesem Thema durchzuführen.

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 Lärmwirkung  Infraschall  Infraschallbelastung