Besserer Schutz vor Luftschadstoffen

Auch bei Einhaltung der geltenden Grenzwerte sind Gesundheit und Umwelt noch gefährdet

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Coverausschnitt Das Luftmessnetz des Umweltbundesamtes
Quelle: Umweltbundesamt

Wie hat sich die Luftqualität in Deutschland verbessert? Welche Schadstoffe haben in der Luft ab- oder zugenommen? Sind die Grenzwerte für Luftschadstoffe ausreichend? Darüber beraten am 16. und 17. September 150 Fachleute in Dessau auf einer Tagung im Rahmen des europäischen Jahres der Luft. Im Mittelpunkt steht die Luftqualität in Städten und dicht besiedelten Regionen. Gemessen an geltenden Luftqualitätswerten gibt es in Ballungsräumen zu viele gesundheitsgefährdende Stoffe in der Luft, insbesondere Stickstoffoxide und Feinstaub. Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamtes (UBA): „In vielen deutschen Städten werden die wichtigen Grenzwerte für Stickstoffoxid und Feinstaub überschritten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt aber zum Schutz der Gesundheit sogar noch strengere Werte für einige Luftschadstoffe, z.B. für Feinstaub und Ozon. Da immer mehr Menschen in Städten leben, besteht hier großer Handlungsbedarf.“ Aktuell konzentrieren sich die Bemühungen aber auf die Einhaltung der geltenden Grenzwerte an besonders belasteten Standorten. Ein Umweltproblem stellen auch die Stickstoffemissionen aus der Landwirtschaft dar, die die Biodiversität von Ökosystemen gefährden. Insgesamt gesehen hat sich die Luftqualität in den letzten Jahrzehnten aber erheblich verbessert, vor allem durch Anstrengungen des produzierenden Gewerbes, der Kraftwerke und der Fahrzeugindustrie.

Gemessen an den in der EU geltenden Grenzwerten sind in Deutschland insbesondere die Konzentrationen von Stickstoffdioxid und Feinstaub noch immer zu hoch und das, obwohl die Freisetzung dieser Schadstoffe oder ihrer Vorläufersubstanzen in die Luft in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken sind. Die höchsten Belastungen von Stickstoffdioxid und Feinstaub treten in der Nähe ihres Entstehungsortes, in Ballungsräumen und an stark verkehrsbelasteten Orten auf. Die wichtigste Quelle für Stickstoffoxide ist der Straßenverkehr. Feinstaub entsteht vor allem durch Verbrennungsprozesse.

Dabei würde die menschliche Gesundheit auch noch bei Einhaltung der Grenzwerte deutlich belastet. Die Empfehlungen der ⁠WHO⁠ sehen besonders für Feinstaub deutlich geringere Werte vor. Das hat einen guten Grund: aktuelle Studien zeigen beispielsweise ein um 20 Prozent erhöhtes Risiko für Lungenkrebs, wenn die Feinstaubkonzentration um 10 µg/m3 steigt. Und selbst in der relativ sauberen Luft in Kanada ist ein höheres Niveau an Feinstaubkonzentrationen mit einer höheren Sterblichkeit verbunden. Das Ziel der Luftreinhaltung darf sich daher nicht auf die Einhaltung von Grenzwerten beschränken. Maßnahmen für eine bessere Luft müssen auch dazu beitragen, die Hintergrundkonzentrationen in Städten und im ländlichen Raum zu senken. Zudem sind zwei Drittel der Fläche der deutschen Ökosysteme Einträgen von Stickstoffverbindungen aus der Luft ausgesetzt, die deren Belastungsgrenzen überschreiten.

Jochen Flasbarth: „Um einen effektiven Schutz der menschlichen Gesundheit und der Ökosysteme zu gewährleisten, sind weitere Anstrengungen nicht nur beim Verkehr oder bei Industrieanlagen nötig. Auch bei anderen Emittenten wie Kleinfeuerungsanlagen in Privathaushalten, die zunehmend mit Holz befeuert werden, und die Landwirtschaft, die in erheblichem Umfang Ammoniak freisetzt, müssen Emissionen gesenkt werden, um die Luftqualität weiter zu verbessern.“ Das Ziel einer „reinen Luft“ ließe sich aber nur mit einem Bündel von Maßnahmen erreichen, die gleichzeitig ergriffen werden. Dazu zählen beispielsweise eine schnellstmögliche Einführung der Euro 6/VI-Norm für Kraftfahrzeuge, die Ausschöpfung vorhandener Minderungspotentiale zur Reduzierung der Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft, wie die Abluftreinigung in Stallgebäuden, und die Reduktion von Emissionen aus privaten Holzfeuerungen. Auch die Mitwirkung deutscher Fachleute bei der Umsetzung der EU-Richtlinie über Industrieemissionen trägt dazu bei, anspruchsvolle Emissionsstandards festzulegen. Gleichzeitig gilt es auch den Herausforderungen zu begegnen, die der ⁠Klimawandel⁠ für die Luftreinhaltung bereithält. Die CCAC (Climate and Clean Air Coalition), in der Deutschland mitwirkt, ist eine Beispiel, bei ⁠Klimaschutz⁠ und Luftreinhaltung Synergien zu nutzen und insbesondere in Schwellenländern eine Verbesserung der Luftqualität zu erreichen. Solche Synergien entstehen, wenn beispielsweise die Freisetzung von Black Carbon reduziert wird: Das ist sowohl Gesundheitsschutz als auch Klimaschutz.

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Auf der Spur der Luft - Das Luftmessnetz des Umweltbundesamtes
Quelle: Umweltbundesamt

Auf der Spur der Luft - Das Luftmessnetz des Umweltbundesamtes

Luft kennt keine Grenzen. Luftverunreinigungen können tausende von Kilometern zurücklegen, Grenzen überschreiten und sich weltweit in der Erdatmosphäre ausbreiten. Deshalb erfordert die die Überwachung und Langzeitbeobachtung von Luftschadstoffen und ihrer Wirkungen internationale Zusammenarbeit. Den deutschen Beitrag dazu liefert das Luftmessnetz des Umweltbundesamtes. Sieben Messstationen in sogenannten Reinluftgebieten analysieren seit fast 50 Jahren Luft, Feinstaub und Regenwasser auf ferntransportierte, menschenverursachte Luftschadstoffe und deren Wirkungen auf Ökosysteme. Anlässlich des EU-Jahres der Luft stellt das Umweltbundesamt daher sein Luftmessnetz, dessen Aufgaben und ausgewählte Ergebnisse in einem Kurzfilm und einer neuen Broschüre dar.

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 Luftschadstoff  Schadstoffgrenzwert  Luftreinhaltung  Gesundheitsschutz