2010

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Golf von Mexico 2010: Bei der Explosion der Bohrinsel "Deepwater Horizon" strömte Erdöl ins Meer
Quelle: J Henry Fair

2010 fließt nach der Explosion der Bohrinsel Deepwater Horizon wochenlang Öl in den Golf von Mexico. Das UBA zeigt durch Studien: 100 % Ökostrom bis 2050 sind in Deutschland möglich und Nachtfluglärm macht krank. Es warnt vor Bisphenol A, verbietet erstmals ein Putzmittel, bewertet eine mögliche Pkw-Maut, legt ein Konzept für mehr Schienengüterverkehr vor und gründet die Kommission Landwirtschaft.

Inhaltsverzeichnis

 

Öl-Katastrophe im Golf von Mexico

Am 20. April 2010 explodiert die Bohrinsel Deepwater Horizon im Golf von Mexico. Elf Arbeiter sterben. Erst nach zwei Tagen gelingt es der Küstenwache, das Feuer auf der Plattform zu löschen. Doch die Versiegelung des Bohrloches in 1.500 Metern Meerestiefe ist geborsten. Bis zu 15,9 Millionen Tonnen Öl täglich sprudeln ins Meer.

Nach wochenlangen Manövern gelingt es schließlich erst Ende Juli, den Ölfluss aufzuhalten. Die katastrophale Bilanz: Über 780 Millionen Tonnen Öl flossen ins Meer, mehr als 1.000 Kilometer Küstenlinie und -gewässer sind verschmutzt, zehntausende Tiere starben, die in Tourismus und Fischerei beschäftigten Menschen der Region müssen um ihre wirtschaftliche Existenz bangen. Trotzdem: Rund acht Monate nach der Katastrophe dürfen im Golf von Mexico weitere der umstrittenen Tiefseebohrungen durchgeführt werden.

Das ⁠UBA⁠ informierte in dieser Zeit über die ökologischen Auswirkungen, die als Ölbindemittel versprühten Chemikalien und die Gefahr einer vergleichbaren Katastrophe in Nord- und Ostsee.

 

Keine Utopie: 100 % Öko-Strom bis 2050 – UBA veröffentlicht Studie

Atom- und Kohlestrom müssen bald weichen. Aber weder Wirtschaft noch Verbraucherinnen und Verbraucher müssen Angst vor der Energiewende haben. Denn die Vollversorgung mit Strom aus erneuerbaren Energien ist ein absolut realistisches Ziel, wie die ⁠UBA⁠-Studie „Energieziel 2050: 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen“ beweist. Die heute bereits am Markt verfügbare Technik reicht dazu vollkommen aus. Dabei werden die Standards eines hochentwickelten Industrielandes und die Beibehaltung unseres heutigen Lebensstils vorausgesetzt.

Auch die Versorgungssicherheit wird jederzeit gewährleistet. Detailliert zeigt die Studie, wie das gesamte Energiesystem umgebaut werden muss. Eine wichtige Voraussetzung ist das Stromsparen. Denn jede eingesparte Kilowattstunde muss gar nicht erst erzeugt werden. Das schont den Geldbeutel und die Umwelt.

Strom aus erneuerbaren Quellen kann auch ökonomisch vorteilhaft sein. Wir müssen weniger konventionelle Energieträger, wie beispielsweise Kohle und Öl, importieren, schaffen viele Arbeitsplätze im Umweltbereich und senken gleichzeitig die enormen Kosten, die bei einem ungebremsten ⁠Klimawandel⁠ auf uns zukommen würden.

Solarpark, Windräder, Energiefreileitung und Sonnenblumenfeld
Eine nachhaltige Energieversorgung basiert zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energieträgern.
Quelle: Thaut Images / Fotolia.com
 

Fluglärm macht krank – UBA-Studie belegt Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Nachtfluglärm

Nachts startende und landende Flugzeuge rauben immer mehr Menschen den Schlaf. Fast jeder Dritte in Deutschland empfindet Fluglärm als störend. Nicht ohne Grund: Eine vom ⁠UBA⁠ beauftragte Studie fand heraus, dass durch nächtlichen Fluglärm das Risiko für Herzkreislauferkrankungen bei Personen über 50 Jahren deutlich zunimmt, und zwar bei Männern um 25 Prozent und bei Frauen sogar um 60 Prozent. Leider sind die Prognosen für die Flughafenanwohner eher düster – bis 2020 wird sich der Flugverkehr etwa verdoppeln und der Lärm zunehmen. Das UBA fordert deshalb, die Entwicklung leiserer Flugzeuge voranzutreiben, Flugrouten zu optimieren und Wohngebäude in Flughafennähe mit Schallschutzfenstern auszustatten. Darüber hinaus muss die Zahl der nächtlichen Flugbewegungen auf das notwendige Maß beschränkt werden, gegebenenfalls ist ein Nachtflugverbot einzuführen.
Am 20. April 2010 führte das UBA eine Fachtagung zum Thema Nachtfluglärm durch. Fachleute zeigten Risiken auf und erläuterten Handlungsoptionen. Betroffene berichteten aus ihrem Erleben und Umgang mit dem Fluglärm.

 

Bisphenol A – UBA warnt vor möglichen Gesundheitsschäden

Ob in Lebensmittelverpackungen, Plastikgeschirr oder Babyflaschen – die Chemikalie Bisphenol A (BPA) ist allgegenwärtig. Weltweit werden jährlich 3,8 Millionen Tonnen dieses Grundstoffes für die Herstellung des Kunststoffes Polycarbonat produziert. Aber über die Gefährlichkeit besteht unter den Expertinnen und Experten keine Einigkeit. Nachgewiesen ist, dass sich die Chemikalie aus dem Produkt lösen und in die Nahrung übergehen kann. Als hormoneller Schadstoff steht BPA im Verdacht, Unfruchtbarkeit, Diabetes und Nervenschädigungen zu begünstigen. Das ⁠UBA⁠ hat im Jahr 2001 das Entfernen von BPA aus Babyflaschen gefordert und bekräftigt dies 2010 nochmals in einem Hintergrundpapier. UBA-Präsident Flasbarth spricht sich dafür aus, vorsorglich alternative Stoffe zu nutzen. Zum 1. März 2011 verhängt die EU ein Verbot für die Herstellung und den Vertrieb BPA-haltiger Babyflaschen.

Publikation:Bisphenol A - Massenchemikalie mit unerwünschten Nebenwirkungen
 

UBA verbietet erstmals Reinigungsmittel

Das ⁠UBA⁠ verbietet im Oktober 2010 das Reinigungsmittel POR CÖZ auf der Grundlage des Wasch- und Reinigungsmittelgesetzes. Danach ist das UBA berechtigt, ein Produkt vom Markt zu nehmen, von dem trotz Einhaltung aller rechtlichen Vorschriften ein Risiko für Umwelt oder Gesundheit ausgeht. Anlass dieser Entscheidung ist eine Veröffentlichung des Bundesinstitutes für Risikobewertung vom September 2010 zu den gesundheitlichen Risiken von Haushaltsreinigern mit einem Salpetersäuregehalt größer 20 Prozent. Der vorwiegend im türkischen Einzelhandel verkaufte Kalk- und Rostlöser POR CÖZ enthält etwa 25 Prozent Salpetersäure und hat in den letzten Jahren zu zahlreichen Vergiftungsfällen geführt. Bei der Anwendung kann es zu Verätzungen der Haut und der Atemwege kommen. Außerdem ist die Bildung krebserzeugender Gase nicht auszuschließen.

 

Pkw-Maut in Deutschland? UBA veröffentlicht Hintergrundpapier

Rund 47 Milliarden Euro der vom Pkw-Verkehr in Deutschland verursachten Kosten (Wege-, Umwelt-, Unfall- und Gesundheitskosten) sind nicht durch die erbrachten Steuern und Abgaben gedeckt. Um diese Lücke zu schließen und umweltverträglichere Mobilität zu fördern, spricht sich das ⁠UBA⁠ 2010 mit seinem Hintergrundpapier dafür aus, dass diese Kosten auch von den Autofahrern bezahlt werden. Eine EU-weit harmonisierte Erhöhung der Mineralölsteuern könnte dies ohne großen technischen Aufwand leisten. Sollte dies nicht durchsetzbar sein, hält das UBA die Einführung einer fahrleistungsbezogenen Pkw-Maut auf dem gesamten deutschen Straßennetz für eine mögliche Alternative. Damit es auch gerecht zugeht, sollte eine Maut auf jeden Fall streckenbezogen sein. So würden Kosten dort bezahlt, wo sie entstehen. Mit den Maut-Geldern könnten das deutsche Straßennetz Instand gehalten und das Bahnnetz modernisiert werden.

Publikation:Pkw-Maut in Deutschland? - Eine umwelt- und verkehrspolitische Bewertung
 

Mehr Güter auf die Schiene!

Eine Lösung zur Vermeidung von Staus und schädlichen Umweltauswirkungen des Güterverkehrs ist die Verlagerung von Straßengüterverkehr auf die Schiene. Mit rund elf Milliarden Euro ließe sich die Kapazität des deutschen Schienennetzes im Güterverkehr innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte verdoppeln- das zeigt die vom ⁠UBA⁠ beauftragte Studie „Schienennetz 2025/2030 - Ausbaukonzeption für einen leistungsfähigen Schienengüterverkehr in Deutschland". 725 Streckenkilometer müssten neu- oder ausgebaut, 817 Streckenkilometer elektrifiziert werden. Der Aufwand ist damit vergleichsweise gering und schafft die notwendigen Voraussetzungen, um den Anforderungen des Klimaschutzes an den Güterverkehr gerecht werden zu können.

 

Neun Köpfe für die Agrarberatung: die neue Kommission Landwirtschaft

Verstärkung in Agrarfragen. Die KLU wird das Umweltbundesamt mit Vorschlägen zur Gestaltung einer umweltgerechteren Landwirtschaft beraten. Die Zusammenarbeit hat zudem das Ziel, die für das Jahr 2013 geplante Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik für Korrekturen zugunsten des Umweltschutzes zu nutzen. Als Leiter des neunköpfigen Expertenteams wurde der Direktor der Stiftung EURONATUR, Lutz Ribbe, berufen.

 

Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen macht Kaminöfen sauberer

Kaminöfen fürs gemütliche Wohnzimmer kommen in Deutschland immer mehr in Mode – mit Folgen für die Luftqualität. Denn beim Verfeuern von Holz in ineffizienten Öfen entstehen große Mengen Feinstaub und anderer Schadstoffe. Die führen an manchen Tagen in Wohngebieten zu einer starken Feinstaub- und Geruchsbelastung. Der deutsche Gesetzgeber reagiert: Im Jahr 2010 tritt die novellierte Erste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (1. ⁠BImSchV⁠) in Kraft, auch Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen genannt. Hiermit werden schrittweise die Emissionsgrenzwerte für Scheitholz-Kamine und andere Kleinfeuerungsanlagen für feste Brennstoffe verschärft. Die neuen Grenzwerte gelten (mit Ausnahmen) auch für bereits verbaute Anlagen. Ineffiziente Öfen mit zu hohem Schadstoffausstoß müssen gemäß einem Stufenplan in den Jahren 2015 bis 2024 mit einem Filter nachgerüstet oder außer Betrieb genommen werden, wenn sie älter sind als 20 bis 30 Jahre. Auch Heizkessel müssen anspruchsvollere Grenzwerte einhalten.

Das ⁠UBA⁠ informiert 2010 und in den kommenden Jahren umfassend über die neuen Regelungen und übers möglichst saubere Heizen mit Holz allgemein. Die Ratgeber-Broschüre „Heizen mit Holz“ wird zu einer der nachgefragtesten Veröffentlichungen des UBA und wird rege vom Schornsteinfegerhandwerk an die Kundinnen und Kunden verteilt. 2019 geht das Umweltzeichen „Blauer Engel“ für besonders emissionsarme Scheitholz-Kaminöfen an den Start.

Auch nimmt die Diskussion Fahrt auf, wie nachhaltig es ist, Holz für die Energiegewinnung zu verbrennen. Um die Ressource Holz nachhaltiger zu nutzen, spricht sich das UBA für eine Kaskadennutzung aus: Zunächst sollte Holz als Werkstoff, etwa im Bausektor oder für Möbel, genutzt, möglichst häufig recycelt und erst am Ende für die Energiegewinnung verbrannt werden. Das Verbrennen wiederum könnte in großen Heizkraftwerken deutlich effizienter und mit viel geringerem Ausstoß gesundheitsschädlicher Luftschadstoffe erfolgen, als in kleinen Kaminöfen in Haushalten.