Gefährdete Gebiete konsequent und systematisch beobachten

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Campingplatz unter Wasser
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Inhaltsverzeichnis

 

Gefährdete Gebiete, die als touristischer Raum gelten, konsequent und systematisch beobachten

Ein großer Teil (ca. 80 %) aller auftretenden Katastrophen hängt mit bestimmten Wetterphänomenen zusammen. Mit dem ⁠Klimawandel⁠ verändern sich Auftrittswahrscheinlichkeit und Intensität von Extremereignissen, die den Eintritt bestimmter Naturgefahren begünstigen können. So wird z. B. infolge des Klimawandels von einer Zunahme gravitativer Massenbewegungen ausgegangen. Daneben sind auch Veränderungen der Atmosphärenbedingungen für einen Anstieg des Gefährdungspotenzials (z. B. in Bezug auf Hochwasser oder Waldbrände) in bestimmten Gebieten verantwortlich.
Durch die systematische Überwachung von gefährdeten Gebieten können Naturgefahren mit hohem Schadenspotenzial erkannt werden, bevor diese eintreten. Die Funktionsweise eines Frühwarnsystems beruht dabei auf der Erhebung von Daten für bestimmte Indikatoren, der Auswertung und Untersuchung auf Grenzwertüberschreitungen. Vergangene Ereignisse dienen als Basis, um Kenntnisse über Eintrittswahrscheinlichkeiten und mögliche Auslöser zu erlangen. Je nach Art der zu beobachtenden Gefahr können auf diese Weise Eintrittszeitpunkt sowie die räumliche und zeitliche Ausprägung mit unterschiedlich hoher Genauigkeit und Sicherheit vorhergesagt werden. Ziel eines Frühwarnsystems ist es daher, auf Grundlage möglichst verlässlicher, genauer und frühzeitiger Informationen Gegenmaßnahmen zur Verhinderung des Eintritts oder zur Minimierung des Schadenspotenzials treffen zu können. Da die Zeit von der Frühwarnung bis zum tatsächlichen Eintritt relativ kurz ist, liegt der Fokus hierbei meist auf der Evakuierung der betroffenen Personen aus dem Gefahrenbereich.
Warnsysteme sind an der Schnittstelle zwischen Katastrophenprävention und der Vorbereitung auf eine Katastrophe zu sehen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass im Ernstfall unter großem Zeitdruck gehandelt werden muss, ist ein System zur Überwachung gefährdeter Gebiete eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Auf Basis systematisch erhobener Daten können Entscheidungen nachvollziehbar dargestellt werden, wodurch diese von den betroffenen Personen eher akzeptiert werden.  
Bei der Überwachung von Risikogebieten kommt der Kommunikation eine entscheidende Rolle zu. So müssen die betroffenen Personen im Rahmen der Krisenkommunikation vor möglichen Gefährdungen gewarnt und über Handlungsanweisungen informiert werden. Außerdem tragen Maßnahmen wie Frühwarnsysteme dazu bei, das Sicherheitsgefühl zu erhöhen, wenngleich diese keine vollständige Sicherheit bieten können. Daher muss das Risikoempfinden der touristischen Leistungsträger sowie der betroffenen Bevölkerung und Gäste durch eine gezielte Risikokommunikation gestärkt werden. Hierzu können z. B. regelmäßige Lageberichte zur aktuellen Gefährdungslage beitragen (näheres zu Risiko- und Krisenkommunikation siehe „Evakuierungs- und Kommunikationskonzepte erstellen“).

 

Hauptverantwortliche Institution (Maßnahmenträger):

Kommunen

 

Zu beteiligende Akteure:

Ingenieurbüro, geologischer Dienst, Berufs- und Freiwillige Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienste, Katastrophenschutzbehörde, touristische Betriebe, Tourismusverbände, …

 

Klimawandelfolgen:

Zunahme klimatisch beeinflusster Extremereignisse (Hochwasser, Sturmfluten, Starkregenereignisse, Sturm, Waldbrände, Lawinen, Erdrutsch, …)

 

Verwendete Steuerungsinstrumente:

Gefahren- und Risikoanalyse, Beteiligungsverfahren, Kosten-Nutzen-Analyse, Risiko- und Krisenkommunikation

 

Hindernisse und Lösungen:

Der zeitliche und räumliche Eintritt eines Ereignisses ist von vielen Einflussfaktoren bestimmt, wodurch genaue Vorhersagen erschwert werden. Die Herausforderung bei der Frühwarnung besteht deshalb darin, einen Mittelweg zwischen dem Vermeiden von Fehlalarmen und der Frühzeitigkeit der Warnung zu finden. Dies wird erleichtert, wenn die passenden Indikatoren für die Überwachung ausgewählt wurden.  
Generell sollte die Überwachung gefährdeter Gebiete nicht als Ersatz für eine Schutzmaßnahme gesehen werden. Vielmehr müssen unter Berücksichtigung der lokalen Rahmenbedingungen alle in Frage kommenden Alternativen geprüft werden. Ob ein Frühwarnsystem, eine Schutzmaßnahme oder eine Kombination aus beiden Maßnahmen zielführend ist, hängt vom Einzelfall ab. Für die Einrichtung eines Frühwarnsystems gibt es aufgrund dessen keine standardisierte Vorgehensweise. Der „Leitfaden für integrative Frühwarnsysteme“ (siehe Bell et al. 2010, Kapitel 13)  kann hierbei eine Hilfestellung bieten.
Um ein wirksames und effektives Beobachtungssystem zu schaffen ist es wichtig, dieses sowohl auf lokales Wissen, als auch auf Fachwissen zu stützen. Da letzteres auf lokaler Ebene oft nicht ausreichend vorhanden ist, sind Kooperationen mit übergeordneten Fachämtern notwendig. Außerdem sollte die Überwachung gefährdeter Gebiete sinnvoll in den gesamten Risikomanagementprozess integriert werden, wofür die Einbeziehung der Verantwortlichen der anderen Phasen die Grundlage bildet. Bei einer breiten Beteiligung sollten insbesondere auch die Bedürfnisse der zukünftigen Adressatinnen und Adressaten sowie der Endnutzerinnen und Endnutzer im Fokus stehen. Darüber hinaus kann dadurch das Vertrauen in Warnungen und damit verbundene Maßnahmen erhöht werden. Ein besonderer Fokus sollte dabei auf die Einbeziehung der touristischen Leistungsträger im gefährdeten Gebiet gelegt werden, damit diese ggf. selbst entsprechende Schutzmaßahmen ergreifen zu können.

 

Kosten:

Für die Einrichtung eines Frühwarnsystems müssen Personalkosten und Kosten für Sensoren und Messgeräte aufgewendet werden. Im laufenden Betrieb müssen die gewonnen Daten ausgewertet und bewertet werden. Um die Funktionsfähigkeit des Systems gewährleisten zu können, müssen zeitweise Anpassungen des Systems und technische Instandhaltungsmaßnahmen vorgenommen werden, was wiederum Kosten verursacht.

 

Ökologische Aspekte:

Die Beobachtung gefährdeter Gebiete erfordert keine oder nur geringe Eingriffe in die natürliche Umwelt.

 

Sozio-ökonomische Aspekte:

Das ⁠Monitoring⁠ gefährdeter Gebiete und der Einsatz von Frühwarnsystemen können die negativen Auswirkungen einer Katastrophe verhindern oder minimieren und somit das Sicherheitsniveau der Destination erhöhen. Direkte Folgen für die Beschäftigungsverhältnisse oder die touristische Attraktivität sind nicht zu erwarten.

 

Quellen:

Dieser Vorschlag für eine ⁠Anpassungsmaßnahme⁠ ist ein Ergebnis des Forschungsvorhabens „Folgen des Klimawandels für den Tourismus in den deutschen Alpen und Mittelgebirgsregionen und Küstenregionen sowie auf den Badetourismus und flussbegleitende Tourismusformen (z. B. Radwander- und Wassertourismus) “ / Seite 122.

 

Zusätzliche Anregungen:

  • Hochwasserrisiken umfassend erkennen und handhaben - Die Themenseite des Umweltbundesamtes informiert, wie die immer wieder auftretenden enormen Schäden durch Hochwasser verdeutlichen, wie wichtig es ist, sich frühzeitig mit vorsorgenden und langfristig wirkenden Maßnahmen des Hochwasserschutzes auseinander zu setzen. Die einheitliche Anwendung des Hochwasserrisikomanagements wird in der Europäischen Union seit dem Jahr 2007 durch eine Richtlinie gewährleistet.
  • Hochwasservorsorge - Die Themenseite des Umweltbundesamtes informiert, wie eine nachhaltige Hochwasservorsorge immer stärker den natürlichen Hochwasserschutz in den Fokus rückt, die Ursachen der Hochwasserentstehung bekämpft, die Nutzung der Flächen entlang von Flüssen beschränkt und das Bewusstsein für Naturgefahren in der Bevölkerung erhöht.
  • Hochwasserwarnung - Die Themenseite des Umweltbundesamtes informiert, wie sich Menschen in von Hochwasser gefährdeten Gebieten gut vorbereiten können und liefert die wichtigsten Informationsquellen, wie sich die Menschen über die Lage und möglichen Gefahren schnell und umfassend informieren können.
  • Starkregen - Die Themenseite des Umweltbundesamt zeigt auf, wie Kommunen und Privatpersonen gegen Starkregen vorsorgen können und sich Gemeinden und Städte wirksam vor Starkregen schützen können. Bei einem ungebremsten ⁠Klimawandel⁠ würden die Risiken durch Hitze, Trockenheit und ⁠Starkregen⁠ im gesamten Bundesgebiet künftig stark ansteigen. Das zeigen die Ergebnisse der Klimawirkungs- und Risikoanalyse (KWRA) des Bundes.
  • Hochwasserforschung an der Donau und ihren Nebenflüssen - Datenbankauszug aus der Umweltforschungsdatenbank UFORDAT - Die Bibliographie des Umweltbundesamtes enthält Projektbeschreibungen umweltrelevanter Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zum Thema Hochwasser an der Donau.
  • Hochwasserforschung an der Elbe und ihren Nebenflüssen - Datenbankauszug aus der Umweltforschungsdatenbank UFORDAT - Die Bibliographie enthält Projektbeschreibungen umweltrelevanter Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zum Thema Hochwasser an der Elbe.
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 Zunahme klimatisch beeinflusster Extremereignisse