Indikator: Artenvielfalt und Landschaftsqualität

Ein Diagramm zeigt für das Jahr 1970 und 1975 sowie die Jahre 1990 bis 2019 die Entwicklung der Bestände typischer Vogelarten in unterschiedlichen Landschaftstypen sowie einen Gesamt-Index in Prozent. Der Gesamt-Index sinkt von 1970 (214 Prozent) bis 2019 (75 Prozent) deutlich.zum Vergrößern anklicken
Bestand repräsentativer Vogelarten in verschiedenen Landschafts- und Lebensraumtypen
Quelle: Umweltbundesamt 2023/eigene Darstellung nach Indikatorenbericht der Bundesregierung zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt 2023 Diagramm als PDF

Inhaltsverzeichnis

 

Die wichtigsten Fakten

  • Der ⁠Indikator⁠ lag 2019 bei 75,3 Prozent und ist nach wie vor weit vom Zielwert 100 Prozent entfernt.
  • Negativ haben sich in den letzten Jahren vor allem die Werte der Teilindikatoren für das Agrarland und die Binnengewässer entwickelt.
  • Die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung sieht vor, dass der Indikator bis 2030 auf 100 Prozent steigen soll. Dies ist nur mit erheblichen zusätzlichen Anstrengungen zu erreichen.
 

Welche Bedeutung hat der Indikator?

Eine große Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten ist eine wesentliche Voraussetzung für einen leistungsfähigen Naturhaushalt und bildet eine wichtige Lebensgrundlage des Menschen. Die Artenvielfalt ist dabei eng verbunden mit der Vielfalt an Lebensräumen und Landschaften. Zur Erhaltung der biologischen Vielfalt sind nachhaltige Formen der ⁠Landnutzung⁠ in der gesamten Landschaft und ein schonender Umgang mit der Natur erforderlich.

Um den Zustand von Natur und Landschaft in Deutschland zu bewerten, wurde der hier vorgestellte ⁠Indikator⁠ entwickelt. Er zeigt die Veränderungen der Bestände ausgewählter Vogelarten, welche die wichtigsten Landschafts- und Lebensraumtypen in Deutschland repräsentieren. Reichhaltig gegliederte Landschaften mit intakten, nachhaltig genutzten Lebensräumen bieten nicht nur Vögeln einen Lebensraum. Indirekt bildet der Indikator daher auch die Entwicklung zahlreicher weiterer Arten in der Landschaft und die ⁠Nachhaltigkeit⁠ der Landnutzung ab.

 

Wie ist die Entwicklung zu bewerten?

Der Wert des Indikators lag bereits im Jahr 1990 deutlich unter den Werten, die für die Jahre 1970 und 1975 rekonstruiert wurden. In den letzten zehn Jahren der Datenreihe zeigte der ⁠Indikator⁠ weiterhin eine signifikante Verschlechterung. Im Jahr 2019 lag er bei nur rund 75 % des Zielwertes. Die wichtigsten Ursachen hierfür sind eine intensive landwirtschaftliche Nutzung, Zerschneidung und Zersiedelung der Landschaft, Versiegelung von Böden sowie großräumige Stoffeinträge (beispielsweise Nährstoffe, ⁠Pestizide⁠ oder Säurebildner). Der Bericht „Vögel in Deutschland 2014“ beleuchtet diese Entwicklung im Detail (Wahl et al. 2015). Vor allem die Teilindikatoren Agrarland und Binnengewässer sind noch weit vom Ziel entfernt.

Der Indikator wurde 2004 als Schlüsselindikator für die ⁠Nachhaltigkeit⁠ von Landnutzungen im Rahmen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie 2002 entwickelt und in die Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt übernommen (⁠BMU⁠ 2007). Zunächst sollte der Zielwert von 100 Prozent bis zum Jahr 2015 erreicht werden. In einer Neuauflage ihrer Nachhaltigkeitsstrategie hat die Bundesregierung die Frist bis 2030 verlängert (BReg 2016). Wichtige Maßnahmen zur Erreichung eines positiven Trends sind in der Naturschutz-Offensive 2020 festgelegt (⁠BMUB⁠ 2015). Es sind erhebliche zusätzliche Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen nötig, damit das Ziel bis 2030 erreicht werden kann, um eine Trendumkehr hin zum Ziel zu erreichen.

 

Wie wird der Indikator berechnet?

Der ⁠Indikator⁠ gibt die Entwicklung der Bestände ausgewählter Vogelarten für die wichtigsten Landschafts- und Lebensraumtypen Deutschlands wieder. Der im Jahr 2004 entwickelte Indikator wurde in einem Forschungsvorhaben in den Jahren 2019 - 2022 überprüft und angepasst. Für jede Vogelart legte ein Expertengremium einen Bestands-Zielwert für das Jahr 2030 fest, der erreicht werden kann, wenn Naturschutz-Regelungen und Leitlinien einer nachhaltigen Entwicklung zügig umgesetzt werden. Die Zielwerte wurden so normiert, dass sich für den Gesamt-Indikator ein Zielwert von 100 Prozent ergibt. Eine ausführliche Beschreibung der Methode findet sich in Achtziger et al. 2004. Die Überarbeitung des Indikators wird in Dröschmeister et al. (in Vorbereitung) dargestellt werden.

Literaturhinweis:

Achtziger, R.; Stickroth, H.; Zieschank, R., (2004): Nachhaltigkeitsindikator für die Artenvielfalt. Ein Indikator für den Zustand von Natur und Landschaft. Angewandte Landschaftsökologie 63.

Dröschmeister, R., Schlumprecht, H., Trautmann, S., Braeckevelt, E., Busch, M., Gerlach, B., Graser, A., Koffijberg, K., Ludwig, M., Müller, K., & Züghart, W. (in Vorbereitung): Indikator Artenvielfalt und Landschaftsqualität: Überprüfung der Zielwerte für 2030 - Methoden, Abstimmung und Ergebnisse. ⁠BfN⁠-Schriften.