Störfälle und sonstige meldepflichtige Betriebsstörungen

Unternehmen müssen seit 1991 Störfälle und sonstige meldepflichtige Betriebsstörungen bei den Landesbehörden melden. Bisher wurden zwischen 11 und 41 derartige Ereignisse pro Jahr gemeldet. Die häufigsten Ursachen im Jahr 2021 waren Reparaturarbeiten und Bedienfehler, technische Fehler sowie System- und Auslegungsfehler. Die häufigsten Folgen waren Freisetzungen von gefährlichen Stoffen.

Inhaltsverzeichnis

 

Meldepflichtige Ereignisse in etwa 1 Prozent aller Betriebsbereiche

Im Jahr 2021 wurden der Zentralen Melde- und Auswertestelle für Störfälle (ZEMA) insgesamt 41 meldepflichtige Ereignisse in 3.914 Betriebsbereichen, die der Störfall-Verordnung unterliegen, gemeldet (Stand 30.06.2022, siehe Abb. “Verteilung der Störfallereignisse 2021“ und Abb. „Nach der Störfall-Verordnung gemeldete Ereignisse“). Davon waren 19 Störfälle und 22 sonstige meldepflichtige Ereignisse. Es wurden demnach aus 1 % aller Betriebsbereiche derartige Ereignisse gemeldet.

Die vorläufige Anzahl der meldepflichtigen Ereignisse für das Jahr 2022 liegt bei 33 Ereignissen in ca. 3.900 Betriebsbereichen, die der Störfall-Verordnung unterliegen (Stand 11.05.2023).

Meldepflichtige Ereignisse nach Branchen

Achtzehn dieser Ereignisse traten im Jahr 2021 bei der Herstellung von Chemikalien und der Raffination von Erdöl auf, neun Ereignisse im Bereich der Wärmeerzeugung und sieben in den Bereichen der Metallindustrie. Des Weiteren wurden in fünf Lageranlagen und in zwei Anlagen zur Verwertung und Beseitigung von Abfällen und sonstigen Stoffen Ereignisse gemeldet (siehe Abb. „Verteilung der Störfallereignisse 2021“).

Personen-, Sach- und Umweltschäden durch meldepflichtige Ereignisse

Bei den 41 Ereignissen gab es sieben Todesfälle. 59 Personen wurden bei den Ereignissen verletzt. Bei 33 dieser Ereignisse traten innerhalb der Betriebsbereiche Sachschäden von insgesamt ca. 47,2 Millionen Euro und außerhalb von ca. 500 Euro auf. Umweltschäden wurden bei zehn Ereignissen innerhalb und zwei außerhalb des Betriebsbereiches angezeigt. Hierbei kam es u. a. zu einem Fischsterben an einem Klärwerk (Vorfluter). Die Kosten lagen insgesamt bei ca. 82.500 Euro. Zudem sind bei knapp einem Drittel der Ereignisse Brandgase durch Brände freigesetzt worden und bei drei Viertel der Ereignisse Emissionen durch Stofffreisetzungen aufgetreten.

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Fehlerquellen Mensch und Technik

Im Jahr 2021 waren Fehler von Menschen und Systemfehler die dominierenden Ursachen für Störfälle und sonstige meldepflichtige Ereignisse. Hier sind u. a. Bedienfehler, Auslegungen sowie Korrosion mehrfach aufgetreten.

Der Bereich Biogasanlagen war bei 6 Ereignissen betroffen. In 5 Fällen liegt noch keine abschließende Bewertung der Ereignisse vor (Stand Mai 2023).

 

Störfallrisiken in Betriebsbereichen

Das Risiko eines Störfalls besteht immer dann, wenn gefährliche Stoffe in größeren Mengen in einem Bereich, der einem Betreiber untersteht, vorliegen oder sich bei einer Betriebsstörung bilden können. Um dieses Risiko zu minimieren, erließ die Europäische Union (EU) im Jahr 1982 die Seveso-Richtlinie und überarbeitete sie seitdem mehrmals, zuletzt 2012 (Richtlinie 2012/18/EU). Der deutsche Gesetzgeber setzt diese Vorgaben der EU insbesondere mit der Störfall-Verordnung um. Um Anforderungen an die Minderung von derartigen Risiken besser fassen zu können, hat die EU den Begriff „Betriebsbereich“ eingeführt. Ein Betriebsbereich liegt dann vor, wenn in einem Bereich mit einer oder mehreren Anlagen, der einem Betreiber untersteht, mindestens vorgegebene Mengen an bestimmten gefährlichen Stoffen vorliegen oder bei einer Betriebsstörung entstehen können. Die jeweiligen Mindestmengen sind in der Störfall-Verordnung festgelegt.

Mitte 2022 hatten wir in Deutschland 3.914 Betriebsbereiche. Geschieht in einem Betriebsbereich eine Betriebsstörung, die so gravierend ist, dass sie in der Störfall-Verordnung genannte Kriterien erfüllt, muss der jeweilige Betreiber des Betriebsbereichs diese der zuständigen Landesbehörde melden (meldepflichtige Ereignisse).

Um einen Störfall handelt es sich, wenn durch ein derartiges Ereignis

  • das Leben von Menschen bedroht wird,
  • schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen von Menschen zu befürchten sind,
  • die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen beeinträchtigt wird und
  • die Umwelt oder bestimmte Kultur- und Sachgüter geschädigt werden, so dass dadurch eine Veränderung von Beständen oder der Nutzbarkeit das Gemeinwohl beeinträchtigen.
 

Verhinderung von Störfällen und Minimierung ihrer Folgen

Die Störfall-Verordnung verpflichtet den Betreiber eines Betriebsbereichs insbesondere dazu, Störfälle zu verhindern und zusätzliche Maßnahmen zu treffen, um die Auswirkungen von dennoch auftretenden Störfällen zu begrenzen. Diese Grundpflichten werden durch zahlreiche Betreiberpflichten in der Störfall-Verordnung konkretisiert und um Behördenpflichten ergänzt.

Der Schaden, der bei einem Störfall entstehen kann, hängt wesentlich von den Mengen an vorhandenen oder möglicherweise entstehenden Mengen gefährlicher Stoffe ab. Um Anwohner und die Umwelt bestmöglich zu schützen werden Betriebsbereiche, in denen gefährliche Stoffe vorhanden sind, in zwei Kategorien eingeteilt: In „Betriebsbereiche der unteren Klasse“ und in „Betriebsbereiche der oberen Klasse“.

  • In „Betriebsbereichen der unteren Klasse“ sind bestimmte Mengen an gefährlichen Stoffen vorhanden. Die Betreiber müssen „grundlegende Pflichten zur Verhinderung und Begrenzung von Störfällen“ erfüllen. Dazu zählen ein Konzept, wie ein Betreiber Störfälle verhindert, und ein Konzept, wie er die Auswirkungen eines Störfalls durch technische oder organisatorische Maßnahmen begrenzt. Das kann das Einhausen von Anlagenteilen sein oder die Bereitstellung einer betrieblichen Feuerwehr und von Rettungsdiensten.
  • In „Betriebsbereichen der oberen Klasse“ sind größere Mengen an gefährlichen Stoffen vorhanden. Hier muss der Betreiber „erweiterte Pflichten“ zur Verhinderung und Begrenzung von Störfällen und damit auch erhöhte Sicherheitsanforderungen erfüllen. Diese muss er in einem Sicherheitsbericht dokumentieren. Außerdem muss er einen Alarm- und Gefahrenabwehrplan erstellen. Im Sicherheitsbericht beschreibt er die Risiken eines Störfalls und welche Vorkehrungen er trifft, um diese Risiken zu senken. Im Alarm- und Gefahrenabwehrplan muss er festlegen, wer bei einem Störfall informiert wird und welche Maßnahmen er zu ergreifen hat.
 

Unternehmen sollen voneinander lernen

Seit 1991 müssen Unternehmen alle Störfälle melden. Seit 1993 gibt es dafür eine zentrale Anlaufstelle, die „Zentrale Melde- und Auswertestelle für Störfälle und Störungen in verfahrenstechnischen Anlagen“ (ZEMA). Die ZEMA gehört zum Umweltbundesamt. Neben der Erfassung und Auswertung von Ereignissen, ist es ein Ziel der ZEMA, verallgemeinerbare Erkenntnisse zur Weiterentwicklung des Standes der Sicherheitstechnik zu gewinnen.