Antibakterielle Schneidebretter zum Hygieneschutz

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Gemüseschneiden auf dem Schneidebrett
Quelle: StockPhotoPro

Beschreibung

Unter dem (allgemein) gebräuchlichen Begriff „Biozid“ werden Biozidprodukte und die Wirkstoffe, die in diesen eingesetzt werden, verstanden. Biozide sind auch in manchen Gebrauchsgegenständen enthalten. Wie können diese mit Bioziden behandelten Gegenstände erkannt werden und bietet die zusätzliche Biozidfunktion tatsächlich Vorteile?

sonstige Informationen

Mittlerweile werden zahlreiche Produkte des alltäglichen Bedarfs auch als „biozidbehandelte Waren“ angeboten. Bekannt ist der gegen Mottenfraß mit Permethrin behandelte Wollteppich. Besonders häufig werden auch Waren mit antibakteriellen Eigenschaften angeboten. Geworben wird oft mit den Vorteilen für Gesundheit und Hygiene, einem guten Duft oder längerer Haltbarkeit.

Der Vorteil gegenüber biozidfreien Varianten für die Verwender, der häufig auch mit einem höheren Preis verbunden ist, ist in der Regel nicht mit wissenschaftlich fundierten Studien belegt. In der deutschen bzw. europäischen Gesetzgebung sind amtliche Überprüfungen dieser Werbeversprechen nicht vorgesehen.

Der wahre Zweck einer Biozidausrüstung bleibt für den Verbraucher oft unklar. So wird beispielsweise mit dem Werbebegriff „antibakteriell“ oder „antimikrobiell“ ein besserer Hygiene – und Gesundheitsschutz suggeriert, obwohl die Ausrüstung höchstens einen Materialschutz darstellt bzw. ein Zweck nicht nachvollziehbar ist, wie beispielsweise die antibakterielle Innenbeschichtung eines Haushaltsmüllbeutels.

Dennoch boomt der Markt biozidbehandelter Waren, die in der Regel im Regal direkt neben ähnlichen, aber biozidfreien Produkten zu finden sind. Es gibt Biozide in Kleidung wie Funktionswäsche, in Matratzen, Auflagen, Bettwäsche und Einlegesohlen für Schuhe. Als Küchenutensilien werden z.B. Schneidebrettchen, Messer, Kochtöpfe, Kühlschränke, Spülen und Abfallbeutel mit antibakteriellen Oberflächen angeboten. Für das Bad gibt es entsprechende WC-Brillen, Duschvorhänge, Bademäntel oder Rasierer zu kaufen, außerdem Türklinken, Lappen, Schwämme, Bodenbelege und  Fliesen. Für das Büro werden PC-Tastaturen, Kugelschreiber, Mousepads, Ordner und sogar Fußstützen und Bürostühle mit antibakteriellen Eigenschaften angeboten. Auch für Kinder gibt es behandelte Gegenstände zu kaufen beispielsweise als Schulranzen, Kinderscheren oder Kinderschuhe mit „Hygienefunktion“ oder für Schwangere antibakterielle Umstands-Hüftgürtel, Still-Tops oder Kompressionsstrumpfhosen. Für Haustiere gibt es von der Hundeleine bis zum Fressnapf und Schlafplatz ebenfalls vielfältige Angebote mit Biozidausrüstung. Die Liste könnte noch weiter fortgesetzt werden.

Fazit: Vor dem Kauf lohnt immer ein genauer Blick auf Werbung und die Angaben auf Etikett oder Verpackung, um eine bewusste Kaufentscheidung für oder gegen biozidbehandelte Gebrauchsgegenstände zu fällen.


Biozidbehandelte Gegenstände bergen Risiken

·         Nach dem europäischen Biozidrecht sollen aufgrund der möglichen Risiken für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt Biozidverwendungen auf das notwendige Min­destmaß beschränkt werden. Viele Biozidausrüstungen von Alltagsgegenständen sind nicht notwendig, da derselbe Effekt – oft kostengünstiger - durch einfachste Hygienemaßnahmen wie dem normalen Reinigen oder Waschen erzielt werden kann.

·         Die beworbenen besonderen „Hygienefunktionen“ können Verbraucher dazu verleiten, die normale häusliche Sauberkeit und Hygiene zu vernachlässigen, was wiederum zu Gesundheitsrisiken führen kann. Mittlerweile werden Warnhinweise auf manche biozidbehandelten Waren gedruckt, um darauf hinzuweisen, dass die antibakterielle Ausrüstung die normale Reinigung nicht ersetzen kann.

·         Eine mögliche Gefährdung besteht auch darin, dass unter Umständen das Produkt anders verwendet werden muss, als von der biozidfreien Variante gewohnt. Beispielsweise sind biozidbehandelte Einmal-Taschentücher auf dem Markt, die nur zum Naseputzen genutzt werden dürfen, ein Augenkontakt aber vermieden werden muss. Der entsprechende Warnhinweis steht zwar klein auf der Verpackung, bei einem solchen Alltagsgegenstand ist es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass diese ungewohnte „Gebrauchsanweisung“ wahrgenommen wird und die Nutzer sich des Gesundheitsrisikos bewusst werden.

·         Biozide können in die Umwelt gelangen und Ökosysteme belasten. Beispielsweise werden aus behandelten Textilien Biozide recht schnell mit der normalen Wäsche ausgewaschen und gelangen über Kläranlagen in die Umwelt. Oder sie gelangen durch falsche Nutzung oder Entsorgung in Umwelt. Antibakteriell wirkende Biozide können auch die biologischen Reinigungsstufen und somit die Reinigungseffizienz von Kläranlagen negativ beeinflussen.

·         Mikroorganismen sind wichtig für Bodenfruchtbarkeit und viele ökosystemare Funktionen. Die normale Mikroflora auf der Haut und die anderen rund 2 kg Mikroorganismen im menschlichen Körper sind essentiell für Gesundheit, helfen bei der Abwehr von Krankheitserregern und stärken das Immunsystem. Eine zu bakterienarme Umgebung ist deshalb keine gesunde.

·         Bestimmte Biozide wie Silberverbindungen und Ammoniumverbindungen, wie z.B. Benzalkoniumchlorid, werden häufig für die Behandlung von Alltagsgegenständen eingesetzt. Sie stehen im Verdacht Bakterienresistenzen zu verursachen und damit genau das Gegenteil des erwünschten Effekts zu bewirken, denn die resistenten Keime können gefährlicher für die Gesundheit werden als zuvor. Möglich sind auch sogenannte Kreuzresistenzen gegenüber Antibiotika. Dies ist eine gefährliche Spirale, denn es stehen immer weniger wirkungsvolle Antibiotika zur Verfügung. Antibakterielle Stoffe sollten deshalb nur dann eingesetzt werden, wenn sie wirklich notwendig sind wie bei der Desinfektion im medizinischen Bereich.

 
Gestärkte Verbraucherrechte

Eine generelle Deklarationspflicht zu den eingesetzten Bioziden gibt es nicht. Manchmal finden sich unverständliche Handelsnamen bei der Warenbeschreibung, die auf eine Behandlung mit Bioziden hinweisen.

Dennoch, die Informationsrechte für Verbraucher wurden mit der neuen europäischen Biozid-Verordnung von 2012 deutlich gestärkt. Werden Waren mit ihrer Biozidfunktion beworben, müssen  auf dem Etikett oder auf der Verpackung die eingesetzten Biozid-Wirkstoffe aufgelistet werden. Typische Werbeaussagen sind beispielsweise: „hemmt bzw. verhindert das Bakterienwachstum“, „hemmt die Geruchsbildung“ oder „mit antibakteriellem Hygieneschutz“.

Falls biozide Nanomaterialien eingesetzt wurden, muss dies ebenfalls deutlich mit dem chemischen Namen des eingesetzten Wirkstoffs mit dem Hinweis „Nano“ angezeigt werden. Sofern keine entsprechenden Werbeversprechen gemacht werden, kann die Zulassungsbehörde eine Deklarierung auf der Verpackung dennoch anordnen, wenn Menschen oder Umwelt gegenüber den Bioziden in Kontakt kommen können bzw. wenn es die Bedingungen für die jeweilige Genehmigung des Wirkstoffes vorschreiben.

Denn mit Bioziden behandelte Gebrauchsgegenstände dürfen in der Europäischen Union (EU) nur vermarktet werden, wenn die verwendeten Wirkstoffe für den entsprechenden Verwendungszweck zuvor nach der Europäischen Biozid-Verordnung geprüft und genehmigt wurden oder für eine Genehmigungsprüfung angemeldet sind. Während Gebrauchsgegenstände, die aus Nicht-EU-Staaten importiert wurden, die Genehmigung der Wirkstoffe ausreichend ist, bedarf es für die in der EU her­gestellten Gebrauchsgegenstände außerdem einer EU-Zulassung der Biozidprodukte, in denen diese Wirkstoffe eingesetzt werden. Somit gelten für die Verkehrsfähigkeit, von in der EU hergestellten mit Biozidprodukten behandelten Gebrauchsgegenständen, strengere Vorschriften als für Importwaren.

Ungeachtet dieser Kennzeichnungsvorschriften muss der Handel Verbraucheranfragen bezüglich der Biozidausrüstung ihrer Waren immer innerhalb von 45 Tagen kostenfrei beantworten. Einen Musterbrief für die schriftliche Anfrage, die per Post oder über Kontaktformulare der Anbieter im Internet verschickt werden kann, stellt das Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germa­ny) auf ihrer Webseite zur Verfügung: http://pan-germany.org/download/musterbrief/?wpdmdl=1067&refresh=5b0d5cf318ddd1527602419.

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