Umweltgesetzbuch

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Umweltgesetzbuch
Quelle: Silke Seider / Umweltbundesamt

Ein Umweltgesetzbuch (UGB) soll das Umweltfachrecht zusammenfassen, harmonisieren, vereinfachen und modernisieren.

Inhaltsverzeichnis

 

Gründe für ein Umweltgesetzbuch

Das deutsche Umweltrecht hat sich über viele Jahre und unter dem Einfluss verschiedener Umweltprobleme entwickelt. Die Folge: Es gibt sektorale Umweltfachgesetze, die ihren Schwerpunkt jeweils auf einzelne Umweltbereiche – wie Luftreinhaltung, Lärmschutz, Abfallwirtschaft oder Bodenschutz – legen. Zum Teil enthalten diese Gesetze unterschiedliche Begriffsdefinitionen und Regelungsansätze oder gewichten einzelne Umweltbelange unterschiedlich, ohne dass dies immer sachlich gerechtfertigt ist. Zudem erschwert es die Anwendung des Rechts, wenn die Vorschriften auf viele Einzelgesetze verteilt sind. Ein umfassendes UGB, das möglichst viele Regelungen vereint, kann das ändern. Es kann auf diese Weise einen wichtigen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten und Investitionen fördern. Durch ein UGB können außerdem ordnungsrechtliche, ökonomische und andere indirekte Steuerungsinstrumente, die derzeit noch sehr unverbunden nebeneinander stehen, harmonisiert und weiterentwickelt werden. Ein UGB kann darüber hinaus die Umsetzung und Integration des europäischen Rechts erleichtern. Viele der EU-Richtlinien zum Umweltschutz unterscheiden sich oft bereits im Regelungsansatz vom deutschen Recht. Dies hat in der Vergangenheit bereits zu Umsetzungsproblemen geführt.

Eines der Herzstücke eines UGB sollte die einheitliche integrierte Vorhabengenehmigung (iVG) sein. Deren Ziel ist es, bundesweit einheitliche Verfahrensregelungen für Industrieanlagen und andere umweltrelevante Großprojekte – wie es zum Beispiel Deponien sind – zu schaffen. Besonders bedeutsam ist hierbei die Weiterentwicklung des sogenannten integrierten Umweltschutzes. Der Gesetzgeber regelt nicht mehr wie bisher den Schutz einzelner Umweltmedien nebeneinander, sondern den gleichzeitigen Schutz aller Umweltaspekte unter Berücksichtigung ihrer Wechselwirkungen. Indem die iVG parallel laufende Genehmigungsverfahren zusammenfasst, die Entscheidungsverantwortung in einer Hand bündelt und den Bürgern und Bürgerinnen sowie den Unternehmen einen Ansprechpartner für ihre Belange gibt, wird das Umweltrecht bei der Zulassung umweltrelevanter Großvorhaben zudem effizienter und effektiver vollziehbar.

Ein UGB-Konzept sollte flexibel und offen sein, um die Berücksichtigung neuer Entwicklungen zu ermöglichen.

 

 

Entwicklung des Umweltgesetzbuches

Erste Vorarbeiten für ein UGB gab es bereits in den siebziger Jahren. Im Umweltbericht von 1976 äußerte die Bundesregierung die Absicht zu prüfen, ob und wie das Umweltrecht in einem Gesetzeswerk vereinheitlicht und vereinfacht werden kann. Das Umweltbundesamt gab daraufhin Forschungsprojekte zur „Systematisierung des Umweltrechtes” und zur „Innere[n] Harmonisierung des Umweltrechtes" in Auftrag.

Der Professorenentwurf von 1990

Im Jahr 1990 stellten die Professoren Michael Kloepfer , Eckard Rehbinder , Eberhard Schmidt-Aßmann und Philip Kunig ihren Vorschlag für ein UGB der Öffentlichkeit vor (BERICHTE des Umweltbundesamtes 7/90). Der Entwurf enthält übergreifend für die unterschiedlichen Umweltrechtsbereiche allgemeine Grundsätze, Regeln und Verfahren – etwa zu Fragen der Anlagenzulassung, Umweltinformation, Umwelthaftung, Öffentlichkeitsbeteiligung und Standardsetzung. 1994 folgte ein Regelungsvorschlag zum „Besonderen Teil” eines UGB mit den Kapiteln Naturschutz und Landschaftspflege, Gewässerschutz und Wasserwirtschaft, Bodenschutz, Immissionsschutz, Kernenergie und Strahlenschutz, gefährliche Stoffe sowie Abfallwirtschaft und Abfallentsorgung (BERICHTE des Umweltbundesamtes 4/94). Verfasser waren neben den Autoren des „Allgemeinen Teils” die Professoren Hans D. Jarass , Hans-Jürgen Papier , Franz-Joseph Peine und Jürgen Salzwedel .

Der Kommissionsentwurf zum UGB von 1997

Am 9. September 1997 legte die „Unabhängige Sachverständigenkommission zum UGB beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit” (SK-UGB) aufbauend auf dem Professorenentwurf nach fünfjähriger Arbeit ihren Vorschlag für ein UGB vor – den Kommissionsentwurf zum UGB (UGB-KomE). Den Vorsitz der Kommission hatte Prof. Dr. Horst Sendler (Präsident des Bundesverwaltungsgerichts a. D.), sein Stellvertreter war Prof. Dr. Michael Kloepfer. Kommissionsmitglieder waren Rechtsanwalt Dr. Manfred Bulling (Regierungspräsident a.D.), Vorsitzender Richter am Bundes­verwaltungsgericht Dr. Günther Gaentzsch , Prof. Dr.-Ing. Hubert Peter Johann (Man­nesmann AG), Rechtsanwalt Dr. Rüdiger Schweikl (Umweltreferent der Stadt Mün­chen a.D.), Rechtsanwalt Dr. Dieter Sellner und Prof. Dr. Gerd Winter .

Der Kommissionsentwurf enthält einen acht Kapitel umfassenden „Allgemeinen Teil”. Er besteht aus übergreifenden Regelungen für alle Umweltschutzthemen: Begriffsdefinitionen, grundlegende Prinzipien des Umweltschutzes, Umweltschutzinstrumente und Verfahren, Regelungen zum Rechtsschutz im Umweltrecht sowie zum grenzüberschreitenden Umweltschutz. Ein „Besonderer Teil” enthält in neun Kapiteln Regelungen für verschiedene Umweltschutzgüter sowie besondere Gefahrenquellen. Insgesamt schlug die Kommission 775 Vorschriften mit detaillierter Begründung vor.

Der Referentenentwurf von 1999

Auf der Grundlage des Kommissionsentwurfs erarbeitete das Bundesumweltministerium Anfang 1999 einen Referentenentwurf für ein „Erstes Buch zum UGB (UGB I)”, das vor allem das Zulassungs- und Überwachungsrecht für Industrieanlagen regeln sollte. Das Vorhaben ließ sich wegen verfassungsrechtlicher Hindernisse – es fehlte an einer ausreichenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Bereiche Wasser und Naturschutz – nicht realisieren.

Das Projekt UGB in der 16. Legislaturperiode

Die Föderalismusreform hat die Gesetzgebungskompetenzen für Bund und Länder neu geordnet: Der Bundestag beschloss am 30. Juni 2006 nach langen Verhandlungen das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes. Der Bundesrat stimmte am 7. Juli 2006 zu, so dass die Änderungen am 1. September 2006 in Kraft treten konnten.

Die Föderalismusreform brachte für den Umweltschutz Veränderungen gegenüber den früheren Kompetenzregelungen. So überführt sie die umweltbezogenen Materien „Wasserhaushalt” sowie „Naturschutz und Landschaftspflege” von der Rahmengesetzgebung in die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes und schaffte die Erforderlichkeitsklausel für diese Materien ab. Dies bedeutet: Der Bundesgesetzgeber darf hier nun abschließende Regelungen treffen, ohne dass er darlegen muss, warum eine bundeseinheitliche Regelung erforderlich ist. Ferner gibt es für den Bund nun eigene Kompetenztitel für die Bereiche Abfall, Luftreinhaltung und Lärmbekämpfung. Der Bund ist dadurch in der Lage, ein UGB zu schaffen.

Die Länder dürfen aber – mit Einschränkungen – zu Naturschutz und Landschaftspflege sowie Wasserhaushalt und Verfahren vom UGB abweichende Regelungen treffen – dies gilt für das Verfahrensrecht ab 2009, für die übrigen Regelungen ab 2010.

Der CDU/CSU/SPD-Koalitionsvertrag vom 11. November 2005 beschreibt die „Neuordnung des Umweltrechts” als Aufgabe für die 16. Legislaturperiode wie folgt:

„Das historisch gewachsene, zwischen verschiedenen Fachgebieten sowie zwischen Bund und Ländern stark zersplitterte Umweltrecht entspricht nicht den Anforderungen an eine integrierte Umweltpolitik: Das deutsche Umweltrecht soll vereinfacht und in einem Umweltgesetzbuch zusammengefasst werden. Die verschiedenen Genehmigungsverfahren sind im Rahmen eines Umweltgesetzbuchs durch eine integrierte Vorhabengenehmigung zu ersetzen”

Anfang 2006 nahm eine Projektgruppe im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sichereit (⁠BMU⁠) die Arbeit zur Erfüllung dieses Auftrags unter Beteiligung aller betroffenen Kreise auf. Im November 2007 präsentierte das BMU dann seinen Entwurf eines UGB und diskutierte diesen mit den anderen Bundesministerien. Im Mai 2008 stellte das BMU eine überarbeitete Fassung dieses Entwurfs zur Diskussion mit den Ländern und weiteren betroffenen Akteuren, wie den Industrie- und Umweltverbänden. Die vorgelegten fünf Bücher des UGB sollten, da es in der 16. Legislaturperiode nicht möglich sein würde, ein umfassendes UGB zu schaffen, zunächst vorrangige, zentrale Bereiche des Umweltrechts regeln:

Der Entwurf enthält ein UGB I mit den allgemeinen Zielen und Grundsätzen des Umweltrechts, den sonstigen fachübergreifenden Umweltmaterien, wie die strategische ⁠Umweltverträglichkeitsprüfung⁠ (SUP), die öffentlich-rechtliche Umwelthaftung, den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten und das vorhabenbezogene Umweltrecht. Das UGB I führt die iVG ins vorhabenbezogene Umweltrecht ein.

Das UGB II (Wasserwirtschaft) und das UGB III (Naturschutz) sollten erstens notwendiger fachrechtlicher Konkretisierung des Ersten Buches dienen. Zweitens hätte der Gesetzgeber durch sie den aus der Verfassungsreform abgeleiteten Auftrag zur Schaffung eines bundeseinheitlichen Rechts in diesen Gebieten erfüllt.

Das UGB IV (Strahlenschutz/nichtionisierende Strahlen) sollte den bisher fehlenden allgemeinen Rechtsrahmen für den Schutz der Bevölkerung vor nichtionisierender Strahlung schaffen und das UGB V (Emissionshandel) Teile des geltenden Energierechts ohne nennenswerte inhaltliche Abweichungen und lediglich unter Anpassung an die Begrifflichkeiten des Ersten Buches in das Gesamt-UGB überführen.

Ein Einführungsgesetz (EG UGB) hätte alle berührten Rechtsvorschriften an das künftige UGB angepasst.

Trotz intensiver Abstimmung der Entwürfe mit allen maßgeblichen Akteuren konnte sich die Bundesregierung letztlich nicht auf einen gemeinsamen Entwurf einigen. Auch in der 16. Legislaturperiode wurde kein UGB in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht.

UGB-Nachfolge

Statt eines UGB wurden in der 16. Legislaturperiode vier sogenannte UGB-Nachfolgegesetze in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Es handelt sich hierbei um das Gesetz zur Rechtsbereinigung im Umweltrecht, das Gesetz zur Neuregelung des Wasserrechts, das Gesetz zur Ablösung des Bundesnaturschutzgesetzes und das Gesetz zur Regelung des Schutzes vor nichtionisierenden Strahlen. Weitere Informationen zu diesen Entwürfen finden Sie auf der Homepage des BMU.

 

Aktivitäten des Umweltbundesamtes

Das ⁠UBA⁠ setzt sich seit dem Ende der 70er Jahre für ein Umweltgesetzbuch ein. Intensiv haben wir an der Erstellung des ⁠BMU⁠-Entwurfes für ein Umweltgesetzbuch in der 16. Legislaturperiode mitgearbeitet.

Unter dem Titel „ Forum Umweltgesetzbuch ” haben BMU und UBA die Entwicklung des Referentenentwurfs 2008 mit einer Veröffentlichungsreihe begleitet.

Entwürfe des Umweltgesetzbuches

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