Antifouling-Mittel

rotes Fischerboot liegt in der Werft, wird neu angestrichenzum Vergrößern anklicken
Bootsanstrich
Quelle: vilainecrevette / Fotolia.com

Antifouling-Mittel kommen zum Einsatz, um das Wachstum und die Ansiedlung von Bewuchs bildenden Organismen an Schiffen, Booten und anderen im Wasser eingesetzten Bauteilen und Gegenständen zu verhindern.

 

Siedeln sich Mikroorganismen, Pflanzen oder Tiere am Rumpf von Schiffen an, so wird dies als Fouling bezeichnet. Die anheftenden Organismen erhöhen den Strömungswiderstand des Schiffes und führen dadurch zu einer Reduktion der Geschwindigkeit und einem Anstieg des Treibstoffbedarfs. Zudem kann ein bewachsener Schiffsrumpf als ⁠Vektor⁠ für den Transport von Neobiota dienen, also gebietsfremde Arten, die natürlicherweise nicht in dem betrachteten ⁠Ökosystem⁠ vorkommen. Diese können unter Umständen Probleme bereiten, entweder als Krankheitserreger oder durch Verdrängung heimischer Arten. In manchen Fällen können die Organismen auch die besiedelte Oberfläche beschädigen. Um dem Fouling entgegenzuwirken, werden die Schiffsrümpfe daher mit Antifouling-Beschichtungen behandelt, die das Ansiedeln von Bewuchsorganismen verhindern sollen. Die etablierten Beschichtungen enthalten meist biozide Wirkstoffe, die nach und nach ins umgebende Wasser freigesetzt werden.

Biozide Antifoulingwirkstoffe

Als Wirkstoffe in Antifouling-Beschichtungen wurden früher zinnorganische Breitbandbiozide verwendet. Die bekannteste Verbindung aus dieser Gruppe ist das Tributylzinn (TBT). Der Einsatz von zinnorganischen Verbindungen in Antifouling-Beschichtungen ist jedoch seit 2008 international verboten, da diese Substanzen lange in der Umwelt verbleiben, hochgiftig sind und hormonell auf Wasserlebewesen wirken. So dürfen in der EU seit dem 1. Januar 2008 Schiffe, die die Flagge eines EU-Mitgliedstaats führen, unter deren Hoheitsgewalt betrieben werden oder einen Hafen eines Mitgliedstaates anlaufen, keine Antifouling-Beschichtungen mit zinnorganischen Verbindungen aufweisen. Ist dies dennoch der Fall, muss eine Deckschicht ein Auslaugen dieser Verbindungen verhindern (Verordnung EG 782/2003). Die gleiche Regelung wurde von der IMO (International Maritime Organization) bereits im Jahr 2001 mit der AFS-Konvention (International Convention on the Control of Harmful Anti-Fouling Systems on Ships) verabschiedet. Das Übereinkommen trat am 17. September 2008 in Kraft. Seit diesem Zeitpunkt ist TBT international als Wirkstoff in Schiffbeschichtungen verboten. In den folgenden Jahren sind die Konzentrationen von TBT in Wasser und Sedimenten in Deutschland zurückgegangen. Dennoch kommt es immer noch zu Überschreitungen der gesetzlichen Umweltqualitätsnormen (Grenzwerte zur Bewertung der Belastungssituation von Oberflächengewässern).

In biozidhaltigen Antifouling-Beschichtungen werden derzeit überwiegend Kupferverbindungen als Wirkstoffe eingesetzt. Zur Verstärkung der Effektivität werden diese häufig mit weiteren Bioziden kombiniert. Zwar sind diese Antifouling-Biozide nicht so extrem schädlich wie TBT, dennoch handelt es sich um hochwirksame und oft schwer abbaubare Substanzen, die ebenfalls unerwünschte Wirkungen auf die im Wasser lebenden Organismen haben können. Im Jahr 2000 wurden in der Europäischen Union jährlich etwa 668 Tonnen Biozid-Wirkstoffe produziert, die für die Verwendung in Antifoulings vorgesehen waren (Assessment of different options to address risks from the use phase of biocides, EC, 2009).

Antifouling im Sportbootbereich

Verglichen mit der Berufsschifffahrt ist die im Sportbootbereich eingesetzte Menge an Wirkstoff zwar relativ gering. Trotzdem kann auch hiervon eine relevante Umweltgefährdung ausgehen, da Sportboote oft in einer hohen Dichte vorkommen. In Sportboothäfen kann es daher durch eine kontinuierliche Abgabe der Substanzen an das umgebende Wasser lokal zu sehr hohen Einträgen kommen. Durch Wind und Wellen gelangen die freigesetzten Antifouling-Wirkstoffe in die direkt angrenzenden ⁠Wasserkörper⁠ von Seen und Flüssen. Besonders in abgeschlossenen Binnengewässern mit geringem Wasseraustausch kann dies zu hohen Belastungen führen und so die aquatischen Ökosysteme schädigen.

Im Rahmen eines Forschungsvorhabens wurden im Auftrag des Umweltbundesamtes im Jahr 2013 in 50 deutschen Sportboothäfen biozide Wirkstoffe untersucht. Dabei wurden bundesweit Belastungen mit Kupfer und organischen Bioziden nachgewiesen, die teilweise besorgniserregend sind. Für das organische Biozid Cybutryn lagen die Konzentrationen an 35 der 50 Sportboothäfen über der ⁠Umweltqualitätsnorm⁠ (UQN) von 0,0025 μg/L, die in der EU-Richtline (2013/39/EU) festgelegt ist und die als Jahresdurchschnitt nicht dauerhaft überschritten werden darf. An fünf Standorten lagen die Konzentrationen dieses prioritären Stoffes nach ⁠Wasserrahmenrichtlinie⁠ sogar über der zulässigen Höchstkonzentration der EU-Umweltqualitätsnorm von 0,016 μg/L, die auch einmalig nicht überschritten werden darf. Die höchste Konzentration von 0,119 μg/L wurde in einem Binnensportboothafen gemessen. Da dieser Wirkstoff allerdings in der EU seit dem 31. Januar 2017 nicht mehr verkehrsfähig ist, ist mittelfristig von einer abnehmenden Belastung auszugehen.
Die Metalle Kupfer und Zink konnten in nahezu allen Proben nachgewiesen werden. Die höchsten Gehalte wurden jeweils im Brackwasser ermittelt, mit maximal 20 μg Kupfer/L und 27 μg Zink/L - jeweils aus der filtrierten Probe. Beide Metalle werden allerdings nicht nur in Antifouling-Beschichtungen für Sportboote eingesetzt, sondern gelangen auch durch andere Anwendungen in die Umwelt. Erhöhte Konzentrationen wurden meist in relativ großen, gut abgegrenzten Marinas gefunden. Die Gehalte berücksichtigen nicht den an Schwebstoffen gebundenen Anteil. Es ist davon auszugehen, dass der an Schwebstoffe gebundene Metallanteil mittelfristig sedimentiert und sich im Hafenboden langfristig anreichert.

Alternativer Bewuchsschutz

Die Ergebnisse belegen, dass eine weitergehende Entlastung der Gewässer notwendig ist und die Biozideinträge, die von Antifouling-Beschichtungen ausgehen, weiter reduziert werden müssen. Das ⁠UBA⁠ unterstützt daher die Verwendung biozidfreier Alternativen. Verschiedene Hersteller bieten Systeme mit unterschiedlichen Wirkprinzipien an. Neben Antihaftbeschichtungen gibt es biozidfreie, selbstpolierende Beschichtungen, mechanische Reinigungssysteme, elektrochemische Methoden und Systeme, die mit Ultraschall dem Fouling entgegenwirken. Oft ist eine Antifouling-Beschichtung auch überhaupt nicht notwendig. So ist in den meisten Fällen ein Verzicht bei Booten möglich, die nur für wenige Wochen im Jahr zu Wasser gebracht und häufig bewegt werden, insbesondere dann, wenn der Bewuchsdruck gering ist.

Zwischen 2014 und 2017 wurden in dem durch das ⁠BMBF⁠ und die EU geförderten internationalen Forschungsprojekt CHANGE unter anderem die Antifoulingpraxis im Ostseeraum untersucht und nach praxisorientierten und umweltfreundlichen Bewuchsschutzverfahren gesucht. Dabei wurden verschiedene biozidfreie Verfahren wie Ultraschall, Antihaftbeschichtungen auf Silikonbasis, Reinigungsverfahren auf speziellen Hartbeschichtungen und Folien, die am Liegeplatz um den Rumpf gezogen werden, getestet. Begleitend wurde an mehreren Standorten der Ostseeküste in Plattenversuchen untersucht, wie viel Kupfer - der am meisten verwendete Antifouling-Wirkstoff in der Ostsee - in welchen Revieren für einen effektiven Bewuchsschutz notwendig ist, um eine überhöhte Dosierung von Antifouling-Beschichtungen zu vermeiden. Aus dem Projekt sind zahlreiche Publikation entstanden. Diese und weitere ausführlichere Informationen sind auf der englischsprachigen Homepage des Projektes veröffentlicht.
In den „BONUS CHANGE Recommendations towards Regulations for Sustainable Antifouling practices in the Baltic Sea”, also den Empfehlungen des Projektes, wie zukünftig eine nachhaltige Anwendung von Antifouling-Beschichtungen in der Ostsee sichergestellt werden kann, münden viele dieser Untersuchungsergebnisse und zeigen einen möglichen Weg in eine umweltverträglichere Antifoulingpraxis in der Ostsee.    

Weiterführende Informationen

Das Biozid-Portal des Umweltbundesamts liefert aktuelle Informationen zu möglichen Alternativen sowie hilfreiche Links zu externen Informationsquellen rund um das Thema Antifouling und biozidfreier Bewuchsschutz.