Die Folgen des Klimawandels sind nicht überall gleich. Auch die daraus resultierenden Anpassungsmaßnahmen unterscheiden sich in den Bundesländern. Hier finden Sie einen Überblick, welche Auswirkungen des Klimawandels in Niedersachsen erwartet werden und mit welchen Maßnahmen das Bundesland darauf reagiert.
Länderspezifische Klimaänderungen
BEREITS AUFGETRETENE UND ERWARTETE KLIMAÄNDERUNGEN
Das Klima in Niedersachsen ist von der Küste über die Lüneburger Heide, das Weserbergland bis zum Harz sehr unterschiedlich geprägt. Die Klimaentwicklung und die zu erwartenden Änderungen bis zum Ende des Jahrhunderts sind regional entsprechend differenziert zu betrachten.
Untersuchungen für den Betrachtungszeitraum 1951-2005 (1951-2015) in Niedersachsen ergaben unter anderem eine Zunahme der mittleren Jahrestemperatur um etwa +1,3 (+1,6) Grad sowie eine Zunahme der Maximaltemperatur um +1,6 (+1,9) Grad. Im gleichen Zeitraum nahmen sowohl die mittleren als auch die Extremniederschläge vor allem im Herbst und Winter zwischen etwa +15 bis +30 Prozent zu. Im Sommer kam es dagegen zu einer Abnahme von etwa -5 bis -10 Prozent. Bei den Zunahmen liegen leichte Schwerpunkte vor allem im nördlichen Niedersachsen, vereinzelt auch im südlichen Aller-Leine Gebiet. Die Dauer von Trockenphasen nahm speziell im Sommer zu, im Mittel um +36 (+21) Prozent. Hierbei liegen die Schwerpunkte im zentralen Niedersachsen. Im Zeitraum 1951-2005 verringerte sich die Anzahl der Frosttage im Jahr um 23 Tage, die maximale Dauer von Hitzewellen nahm um rund 30 Tage zu.
Die zukünftigen Klimaänderungen hängen je nach Kenngröße vom zugrunde gelegten Emissionsszenario ab. Für Niedersachsen wurden bisher Analysen vor allem auf Basis des gemäßigten Szenarios A1B sowie dem „weiter-wie-bisher“-Szenario RCP8.5 anhand von ausgewählten Klimamodell-Ensembles durchgeführt. Die Änderungen beziehen sich dabei auf den Referenzzeitraum 1971-2000. Für die Periode 2021-2050 wird eine Erhöhung der Jahresmitteltemperatur von ca. +1,1 bzw. +1,3 Grad projiziert. Für 2071-2100 steigt das Änderungssignal der Jahresmitteltemperaturen auf ca. +3,0 bzw. 3,3 Grad an (im Winter fallen die Zunahmen am stärksten aus, im Frühling am geringsten). Mit der Temperaturerhöhung würde sich die Vegetationsperiode um ca. 23 Tage bis 2021-2050 verlängern und um ca. 60 Tage bis 2071-2100. Die Anzahl der Frosttage würde abnehmen um ca. ein Drittel bis 2021-2050 und um ca. zwei Drittel bis 2071-2100. Unter dem gemäßigten Szenario A1B käme es bis zum Ende des Jahrhunderts zu einer saisonalen Verschiebung der Niederschläge, d. h. einer Zunahme im Winter um im Mittel etwa +23 Prozent sowie einer Abnahme im Sommer um rund -18 Prozent, wobei die Bandbreite aller betrachteten Modelle durchaus bei 20 Prozent liegen kann. Unter dem „weiter-wie-bisher“-Szenario bleiben die Sommerniederschläge dagegen praktisch unverändert, während es im Winter zu Zunahmen von etwa + 16 Prozent käme. Die Klimamodelle projizieren bis 2021-2050 eine Abnahme der Schneefallmenge um ca. 30 Prozent und bis 2071-2100 um ca. 50 Prozent. Auch die Anzahl der Tage mit Starkniederschlägen (> 20 mm/d) könnte zukünftig zunehmen, vor allem im Herbst. Jedoch sind Aussagen hierbei mit zum Teil großen Unsicherheiten (Bandbreiten um 50 Prozent) verbunden. Die maximale Dauer von Trockenphasen (ohne nennenswerten Niederschlag) bleibt unter beiden Szenarien fast unverändert.
LÄNDERSPEZIFISCHE KLIMAMODELLE UND KLIMAPROJEKTIONEN
Die aktuellen Analysen der zukünftigen klimatischen Entwicklungen in Niedersachsen basieren auf verschiedenen Szenarien (A1B, A2, B1; RCP8.5), die wiederum durch verschiedene Modell-Ensembles repräsentiert werden. Um eine Vergleichbarkeit der Studien und deren Ergebnisse für Niedersachsen in Zukunft zu gewährleisten, wird beim Kompetenznetzwerk Klimawandel Niedersachsen zurzeit daran gearbeitet, ein einheitliches Klimamodell-Ensemble für wasserwirtschaftliche Fragestellungen mit Hilfe des Deutschen Wetterdienstes zu entwickeln. Als Basis dienen dafür aktuell die Modellläufe des Szenarios RCP8.5 aus EURO-CORDEX.
In den bisher vorliegenden Studien wurden vor allem folgende Klimamodellketten bzw. Szenarien verwendet:
In ihrer Empfehlung für eine niedersächsische Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels hat die Regierungskommission Klimaschutz eine systematische und umfassende Analyse der sich durch den Klimawandel für Niedersachsen ergebenden Folgen und Herausforderungen durchgeführt. Insbesondere wurden die Handlungsfelder Wasserwirtschaft, Küstenschutz, Landwirtschaft, Garten- und Obstbau, Fischerei, Wald-und Forstwirtschaft, Biodiversität und Naturschutz, Bodenschutz, Industrie und Gewerbe, Energiewirtschaft, Bauwesen, Verkehrswege- und Netze, Tourismus, Gesundheitswesen, Katastrophenschutz, sowie Räumliche Planung, betrachtet.
Beispielhaft seien genannt:
Veränderungen des Wasserhaushalts, insbesondere des Abflussverhaltens und der Grundwasserneubildung (räumlich und zeitlich).
Höhere Sturmflutgefährdung der Küste und der Inseln durch den Anstieg des Meeresspiegels, zunehmende Sturmstärken und tiefenabhängig stärkeren Seegang. Entsprechende Auswirkungen auf die Ästuare.
Steigerung der potentiellen Bewässerungsbedürftigkeit, verlängerte Vegetationszeiten sowie Gefährdung durch Schaderreger und Extremwetterereignisse insbesondere in der Land- und Forstwirtschaft.
Artenverschiebung, Veränderung von Ökosystemen
Veränderungen des Bodenzustandes und der Bodenfunktionen
Auswirkungen aus Gebäude, Bauwerke und Infrastrukturen durch Hitze oder Extremereignisse
Zunahme der Hitzebelastung durch länger anhaltende Hitzeperioden sowie Zunahme von Infektionskrankheiten durch das Auftreten neuer Vektoren.
Im Projekt KliBiW wurden für die Hochwasserverhältnisse in Niedersachsen im Mittel zukünftige Veränderungen der Hochwasser-Kennwerte (HQ5, HQ20, HQ100) in der Größenordnung von +5 bis +15 Prozent (Szenario A1B) bzw. +20 bis +25 Prozent (Szenario RCP8.5) ermittelt.
WICHTIGE STUDIEN UND PROJEKTE
Regierungskommission Klimaschutz: Empfehlung für eine niedersächsische Anpassungsstrategie an die Folgen des Klimawandels
Klimawirkungsanalyse Harz/Heide: Studie zur Bewertung der Auswirkungen des Klimawandels auf Hoch- und Niedrigwasser, Boden und Grundwasser gegenüber dem Klimawandel in den Regionen Harz und Heide
Regionales Management von Klimafolgen in der Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg (BMBF Projekt) : Erarbeitung einer übertragbaren Methodik für die Entwicklung von Managementstrategien zur Klimaanpassung
Herrmann, F.,Chen, S., Hübsch, L., Engel, N., Kunkel, R., Müller, U., Vereecken, H., Wendland, F., 2014. Auswirkung von möglichen Klimaänderungen auf den Bodenwasserhaushalt und die Grundwasserneubildung in der Metropolregion Hamburg. In: Kaden, S., Dietrich, O. Theobald, S. (Hrsg.). Wassermanagement im Klimawandel – Möglichkeiten und Grenzen von Anpassungsmaßnahmen. oekom Verlag.
Herrmann, F.,Chen, S., Heidt, L., Kunkel, R., Müller, U., Wendland, F., 2014. Auswirkungen von Klimaänderungen auf das nachhaltig nutzbare Grundwasserdargebot in der Lüneburger Heide. In: Urban, B., Becker, J., Mersch, I., Meyer, W., Rechid, D., Rottgardt, E. (Hrsg.). Klimawandel in der Lüneburger Heide – Kulturlandschaften zukunftsfähig gestalten. Berichte aus den KLIMZUG-NORD Modellgebieten, Band 6. TuTech Verlag, Hamburg. ISBN: 978-3-941492-72-1
Herrmann, F., Hübsch, L., Elbracht, J., Engel, N., Keller, L., Kunkel, R., Müller, U., Röhm, H., Vereecken, H., Wendland, F. 2017. Mögliche Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Grundwasserneubildung in Niedersachsen. Hydrologie und Wasserbewirtschaftung 2017,4_3.
Weitere Forschungsvorhaben in Niedersachsen zu Folgen des Klimawandels und möglichen Anpassungen:
DSS-WuK: Anpassungsstrategien für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung
STRATEGIEPAPIERE ZUR KLIMAANPASSUNG UND AKTUELLE ENTWICKLUNGEN
Ausgehend von dem Grundsatz der Kooperation ist Niedersachsen einen eigenen Weg für die Entwicklung der klimapolitischen Strategien des Landes gegangen. Die Landesregierung hat 2008 die Regierungskommission Klimaschutz mit dem Auftrag berufen, umfassende Strategien sowohl für den Klimaschutz als für die Klimaanpassung in Niedersachsen zu erarbeiten. Die Regierungskommission Klimaschutz bestand aus 42 Mitgliedern der verschiedensten gesellschaftlichen Gruppierungen und Kräfte, die eine umfangreiche Empfehlung für eine niedersächsische Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels erarbeitete.
Die Empfehlung leistet eine systematische und umfassende Analyse der sich durch den Klimawandel für Niedersachsen ergebenden Folgen und Herausforderungen. Im ersten Schritt werden für alle potentiellen Handlungsfelder eine sorgfältige Abschätzung im Hinblick auf Art, Ausmaß und Wirkungsrichtung der für Niedersachsen zu erwartenden Klimaänderungen vorgenommen.
Grundlage waren die neuesten Erkenntnisse der norddeutschen Klimafolgenforschung. Im zweiten Schritt werden daraus adressatenspezifische Handlungsziele für insgesamt 14 sektorale und 5 sektorübergreifende Handlungsfelder abgeleitet. Dritter Schritt und Hauptstück der Empfehlung ist schließlich die Formulierung von rund 590 Maßnahmenoptionen, die präzise aufgeschlüsselt und beschrieben werden.
Aufbauend auf die Empfehlungen der Regierungskommission hat die Landesregierung im Januar 2013 die klimapolitische Umsetzungsstrategie Niedersachsen beschlossen. Die Strategie leitet die Durchführung der Kommissionsempfehlungen für die Maßnahmen in Landeszuständigkeit ein, führt diese zum Teil schon fort und versieht sie mit einem Zeitplan. Eine wesentliche Rolle nimmt das Land Niedersachsen hier bei der Sensibilisierung für die Risiken des Klimawandels, der zentralen Verwaltung der klimarelevanten Daten sowie der Beratung und Information ein.
Die Landesregierung hat den ‚Umsetzungsbericht zu den Empfehlungen der Regierungskommission Klimaschutz‘ am 23. Juni 2015 zustimmend zur Kenntnis genommen und den IMAK „Niedersächsische Klimaschutzpolitik“ beauftragt, in 2017 einen abschließenden Umsetzungsbericht zur Klimapolitik in Niedersachsen vorzulegen.
Länderspezifische Anpassungsmaßnahmen
WICHTIGE STUDIEN UND PROJEKTE ZU ANPASSUNGSOPTIONEN/-MASSNAHMEN
In den Empfehlungen für eine Niedersächsische Anpassungsstrategie an die Folgen des Klimawandels hat die Regierungskommission 590 Maßnahmenoptionen, für 19 Handlungsfelder aufgeschlüsselt und beschrieben, davon ca. 380 Maßnahmen in der Zuständigkeit der Landesverwaltung. Die Maßnahmenempfehlungen sind immer in Abhängigkeit von oftmals stark variierenden regionalen und situativen Bedingungen zu sehen, gleichwohl sind sie eine wichtige Grundlage für die vielfältigen örtlichen Entscheidungsfindungsprozesse im Land, die durch die Anpassungsstrategie begonnen oder aber weiter stimuliert werden sollen.
SCHLÜSSELMASSNAHMEN IN DEN AKTIONSPLÄNEN
In ihrer klimapolitischen Umsetzungsstrategie hat die Landesregierung die Maßnahmenempfehlungen in ihrem Zuständigkeitsbereich in Form einer Übersichtstabelle nach Handlungsfeldern und Ressort systematisiert, präzisiert und in einen zeitlichen Rahmen gesetzt. Ein Teil dieser Maßnahmen wird bereits umgesetzt, etwa im Rahmen von anderen Fachprogrammen. Zur Initiierung und Koordinierung der Umsetzung weiterer Maßnahmen wurde der Interministerielle Arbeitskreis "Niedersächsische Klimapolitik" eingesetzt.
Der Bericht verdeutlicht, dass Niedersachsen im Hinblick auf die Anpassung an die Folgen des Klimawandels über sehr gute Voraussetzungen verfügt, diese neue Aufgabe der langfristigen Daseinsvorsorge Schritt für Schritt in die Verwaltung des Landes zu integrieren.
DATENBANKEN ZU FALLSTUDIEN ODER PROJEKTEN BEREITS UMGESETZTER MASSNAHMEN
Im Klimzug-Verbundprojekt nordwest2050 werden insgesamt 18 Innovationsprojekte mit Praxispartnern im Nordwesten Deutschlands umgesetzt. Der klare Fokus auf die Wirtschaftscluster Ernährung, Energie/Landwirtschaft sowie Hafenwirtschaft und Logistik soll Unternehmen Chancen aufzeigen, die Herausforderungen der zu erwartenden Auswirkungen durch den Klimawandel besser annehmen zu können und gleichzeitig die Risiken im Umgang mit zunehmenden Überraschungen zu verringern. Unterlegt wird der Wirtschaftsfokus durch umfangreiche Panelbefragungen mit Wirtschaftsunternehmen in der Region.
Lokale Maßnahmen
ANPASSUNGSSTRATEGIEN UND -KONZEPTE EINZELNER STÄDTE ODER KOMMUNEN
BMVBS Experimenteller Wohnungs- und Städtebau (ExWoSt), Urbane Strategien zum Klimawandel - Kommunale Strategien und Potenziale. Modellvorhaben Stadt Syke, Ansprechpartnerin: Angelika Hanel (Stadtverwaltung Syke)
Regionales Management von Klimafolgen in der Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg, Ansprechpartner: Björn Beermann (GEO-NET Umweltconsulting GmbH), Günter Groß (IMUK, Leibniz Universität Hannover)
KLIFF im querschnittsorientierten Teilprojekt „IMplementierung von Ergebnissen aus KLIFF in der räumlichen PLANung in Niedersachsen (IMPLAN), Ansprechpartnerin: Dipl.-Geographin Enke Franck, enke.franck[at]region-hannover.de, Region Hannover
Interkommunale Koordinierungsstelle Klimaanpassung (InKoKa) der Metropolregion Nordwest (Bremen-Oldenburg); Ansprechpartner/in: Barbara Dührkop, barbara.duehrkop[at]metropolregion-nordwest.de; Henryk Predki, henryk.predki[at]metropolregion-nordwest.de
Metropolregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten e.V. (Konsortialpartner im BMBF-Forschungsprojekt nordwest2050) Ansprechpartnerin: Dr. Anna Meincke, anna.meincke[at]metropolregion-nordwest.de