Schleppschlauch für das Feld, Filter für den Stall

Wie die Landwirtschaft ihr Stickstoff-Problem in den Griff kriegen könnte

Ein Traktor bringt Gülle auf einem Feld aus. Dafür nutzt er einen Aufsatz mit sogenannten Schleppschläuchen, die dafür sorgen, dass die Gülle nah über dem Boden ausgebracht wird.zum Vergrößern anklicken
Mit Schleppschläuchen wird Gülle oder Dünger direkt über dem Acker ausgebracht.
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Die Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA), Maria Krautzberger, hat auf dem Deutschen Bauerntag für mehr Umweltschutz in der Landwirtschaft geworben: „Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher wollen nicht nur schmackhafte, gesunde und preiswerte Produkte, sie wollen auch Produkte, die die Umwelt wenig belasten. Der Trend zu Bio-Lebensmitteln zeigt das eindeutig. Gerade die konventionelle Landwirtschaft kann hier wichtige Beiträge liefern. Besonders große Sorgen machen mir aktuell die immer noch viel zu hohen Stickstoffemissionen. Diese gehen in der Landwirtschaft – im Unterscheid zu anderen Verursachern – seit Jahren kaum zurück.“

Deutschland hat sich in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung schon für das Jahr 2010 vorgenommen, den Stickstoff-Bilanzüberschuss auf maximal 80 Kilogramm pro Hektar Land abzusenken. Mit rund 114 Kilogramm Stickstoff pro Hektar im Jahr 2011 ist man von diesem Ziel noch deutlich entfernt. Zu viel Stickstoff (chemisch: N) belastet heute fast flächendeckend das Grundwasser mit Nitrat und trägt dazu bei, dass sich gesundheitsschädlicher Feinstaub bildet.

Allein die Intensivtierhaltung verursacht derzeit in Deutschland rund 15 Prozent der Stickstoffemissionen. Nachbarländer wie Dänemark oder die Niederlande haben hier gute Erfahrungen mit gesetzlich verpflichtenden Filtern gemacht: So müssen große Mastanlagen dort Abluftreinigungsanlagen installieren, die die Stickstoffverbindung Ammoniak (NH3) und gesundheitsgefährdende Bioaerosole reduzieren. Zwar sind auch in Deutschland bereits über 1.000 Abluftreinigungsanlagen in Schweinemastställen installiert, vor allem um in viehdichten Regionen auch Geruchsbelästigungen zu mindern – doch allerorten verpflichtend ist das nicht. „Wir brauchen für die Intensivtierhaltung anspruchsvolle, europaweite Standards, die die Stickstoffemissionen deutlich mindern. In der Industrie ist das gängige Praxis – warum nicht in der industriellen Landwirtschaft? Mit Abluftreinigungstechnik lassen sich die Ammoniakemissionen aus Ställen um 70 bis 90 Prozent reduzieren.“, so Krautzberger.

Das Ammoniak aus der Tierhaltung riecht übrigens nicht nur unangenehm, es wandelt sich in der ⁠Atmosphäre⁠ auch zu gesundheitsgefährdendem Feinstaub um, wenn es dort mit anderen Gasen reagiert.

Stickstoff-Emissionen entstehen nicht nur im Stall, sondern auch direkt über den Äckern und Weiden, etwa wenn Gülle oder Mist gefahren oder Kunstdünger ausgebracht wird. ⁠UBA⁠-Präsidentin Krautzberger rät hier: „Wenn wir beim Düngen stärker auf emissionsarme Verfahren setzen, etwa die bewährten Schleppschläuche – mit denen die Nährstoffe direkt über dem Acker ausgebracht werden –, senkt das die Stickstoffemissionen deutlich.“ Auch Naturdünger wie Gülle und Mist sollten Landwirte auf unbestellten Äckern am besten umgehend unterpflügen. So kann der Stickstoff besser vom Boden aufgenommen werden und weniger entweicht in die Umwelt.

Zu viel Stickstoff  auf dem Feld ist auch im Grundwasser ein Problem. Was Boden und Pflanzen an Stickstoff nicht verbrauchen, endet nämlich als Nitrat im Grundwasser. Derzeit hält rund 15 Prozent des Grundwassers den für Trinkwasser geltenden Grenzwert von 50 Milligramm/Liter nicht ein. Das aus dem Grundwasser gewonnene Trinkwasser kann zwar dennoch fast allerorten problemlos getrunken werden. Derzeit liegen nur 0,08 Prozent der Trinkwasserproben über dem Grenzwert von 50 Milligramm/Liter. Aber: Die Wasserversorger müssen dafür einen hohen (finanziellen) Aufwand betreiben. Etliche verdünnen zu stark belastetes Grundwasser mit unbelastetem Wasser, andere müssen das Nitrat technisch aus dem Rohwasser entfernen, weil nicht überall genügend unbelastetes Grundwasser vorhanden ist. Das ist teuer – und erhöht letztlich die Wasserrechnung der Verbraucher. Ein weiteres Argument für weniger Stickstoff auf den Äckern.

Maria Krautzberger bot dem Deutschen Bauernverband an, strittige Themen mit dem Umweltbundesamt intensiver zu besprechen. Der regelmäßige Dialog kann helfen, auch kontroverse Themen sachlich zu diskutieren.